B.S.T. - Die Illusion
Mehr über B.S.T.
- Genre:
- Doom
- ∅-Note:
- 8.50
- Release:
- 19.04.2013
- Die Illusion
- Die Moral
- Die Lüge
- Die Bilder
- Die Nacht
- Die Hoffnung
Doom mit deutschen Texten. Doll!
Doom Metal mit deutschen Texten. Kann das funktionieren, ohne peinlich zu klingen? Die Herrschaften von B.S.T. wollen mit ihrem ersten Langeisen "Die Illusion" den Beweis antreten. Wobei das eigentlich nicht ganz korrekt ist, denn bereits auf den beiden EPs "Vier +2" (2000) und "Hamburg City Doom" (2009) hat man diesen Beweis angestellt. Leider unter Ausschuss des hier sitzenden Schreiberlinges, welcher nach intensivem Genuss des vorliegenden Albums über diesen Umstand ziemlich verärgert ist. Verärgert über sich selbst. Kommt die Band, die bereits 1994 unter dem Namen BLUT SCHWEISS TRÄNEN gegründet wurde, doch aus dem heimatlichen Hamburg. Wie taub muss ich durch die Gegend geschlichen sein, so eine Truppe nicht wahrzunehmen?
Um hier nicht wie ein unwissender Volltrottel Halbweisheiten in die Tasten zu drücken, habe ich mich ein bisschen im Netz schlau gehört und wundere mich nun nicht mehr so sehr über meine Unwissenheit. In ihrer Anfangszeit hat die Band nämlich gar keinen Doom gespielt, sondern eher ziemlich rüden Metalcore. Der eine Song, den ich auf einem Internetkanal sehen durfte, gefiel mir leider gar nicht, Eventuell habe ich den sogar schon einmal angesehen und die Band daher für abgehakt. Ich kann mich nicht mehr entsinnen und es spielt hier und jetzt auch gar keine große Rolle mehr. Was zählt, ist die Musik auf "Die Illusion". Von Metalcore sind nicht einmal mehr Spurenelemente zu vernehmen, denn die musikalische Darbietung von B.S.T. orientiert sich ausschließlich an altehrwürdigen Traditionen. So schwelgen die vier Musikanten auf "Die Illusion" in kraftvollen, epischen Rifflandschaften, die mich an ISOLE erinnern. Während die Rhythmusmaschine stoisch voran marschiert krachen brachialen Akkordeverzerrungen auf den Hörer nieder und reißen ihn mit. Aber die Hamburger Jungs vergessen bei aller Urgewaltigkeit ihrer Doomattacken nicht, dass es auf das richtige Fingerspitzengefühl ankommt, um den Hörer bei der Stange zu halten. So fädeln sie immer wieder äußerst geschickt und listenreich beschwörende Melodien in ihre Songs ein, die einen hohen Wiedererkennungswert haben. So wechselt sich die melancholische Untermalung einer säuselnden Klampfe in den Versen mit der wuchtigen Distortionkeule im Refrain ab. Ein Wechselbad der Gefühle, welches faszinierend klingt. So faszinierend, dass ich sogar die deutschen Texte nicht peinlich finde. Dazu singt Heiko Wenck einfach mit zu viel Herzblut. Natürlich ist es immer einfach, bei einer Band, die es wagt, klar verständliche deutsche Texte zu schreiben, den Kitsch-Joker aus dem Hemdsärmel zu ziehen und alle Worte auf irgendwelche Goldwaagen zu legen, um zu verdeutlichen, dass die Sprache nur selten etwas mit Rock'n'Roll zu tun hat. Aber man kann auch einfach einmal das Gesamtbild auf sich wirken lassen und dann bei B.S.T. zu der Erkenntnis kommen, dass einfach eine Atmosphäre entsteht, die fesselt. Vor allem, weil die musikalische Umsetzung superb ist, aber auch, weil man mit einem Selbstverständnis musiziert, welches jeden Zweifel an der Richtigkeit der gewählten Sprache ausschließt.
Abschließend sei noch geschrieben, dass das Klangbild auf "Die Illusion" ebenfalls allen Ansprüchen gerecht wird. Man kann sich in die sechs langen Songs fallen lassen, ohne dabei den Grund zu berühren. So dicht ist das Geflecht aus Saiten gesponnen. Ganz toll
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Holger Andrae