BABYMETAL - Metal Galaxy
Mehr über Babymetal
- Genre:
- Kawaii Metal
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- EarMusic / Edel
- Release:
- 11.10.2019
- Future Metal
- Da Da Dance
- Elevator Girl
- Shanti Shanti Shanti
- Oh! Majinai
- Brand New Day
- Night Night Burn!
- Distortion
- Pa Pa Ya!
- Kagerou
- Starlight
- Shine
- Arkadia
Eine völlig eigene Geschichte.
Das Phänomen BABYMETAL ist für mich nur schwer zu greifen, geschweige denn zu begreifen. Warum hören Leute diese Mischung aus J-Pop, harten Riffs und Elektro-Einschlägen? Da ich mich schon länger mit dieser Musik auseinandersetzen wollte, bot es sich an, die neue Scheibe "Metal Galaxy" zu rezensieren. Das heißt natürlich, dass es keine Vergleiche mit den Vorgänger-Werken geben wird, die hier ja sehr unterschiedlich abgeschnitten haben. Ich höre mir die 14 Songs einfach an, mehrfach natürlich, und horche, was mir auffällt.
Erst mal ist das Ganze natürlich keine Band im klassischen Sinn. Die japanische Metal-Idol-Band besteht aus zwei Sängerinnen, Su-Metal und Moametal, die auch und im Besonderen Tänzerinnen sind. Während Su-Metal den cleanen Gesang übernimmt, ist Moametal für die Screams verantwortlich. Die Kami-Band sorgt im Hintergrund für das an Musik, was sich mit Instrumenten reproduzieren lässt. Natürlich ist BABYMETAL primär ein Kunstprodukt, das in die japanische Idol-Szene gehört, die uns in Mittel- und Westeuropa weitestgehend fremd ist. Dass die Band von einer Talentagentur gegründet wurde und Kawai Metal spielt, dürfte vielen Zuhörern reichen, um einen weiten Bogen um die Mädels zu machen. Die beiden sind mittlerweile erwachsen geworden mit 20 und 22, schauen aber bewusst noch - auch von den Kostümen und Frisuren her - wie Teens aus. Das wird den reinen Musikfan aber nicht interessieren. Und daher versuche ich zu beschreiben was ich höre für die Leute, die noch nie BABYMETAL gehört haben. Hardcore-Fans der Band, die die exakte Entwicklung vom Vorgängerscheibchen zum neuen Album verfolgen wollen, muss ich daher leider auf andere Rezensionen verweisen.
Mir fällt auf, dass es im instrumentalen Bereich Einflüsse aus Death und Thrash Metal gibt, aber auch aus dem Speed Metal. DRAGONFORCE, SOILWORK oder modernere Metalcore-Truppen wie BRING ME THE HORIZON habe ich im Ohr. Dazu kommt ein enorm starker Elektro-Einfluss, der einige Songs in die EBM-Richtung bewegt. Wer auf "handgemachte" Rock-Musik steht, ist hier völlig fehl am Platz. Aber man darf nicht vergessen, dass TANGERINE DREAM, KRAFTWERK, MINISTRY, RAMMSTEIN oder FEAR FACTORY schon in vergangenen Dekaden sehr erfolgreich Gitarrenmusik mit Elektro-Elementen anreicherten. Einzelne Gitarrenlinien verweisen übrigens durchaus auch mal zu klassischen Metal-Acts. Bei den Rhythmen finden sich nicht nur grundmetallische Tracks, sondern auch Popsongs, Elektrohymnen und auch fernöstliche Melodien. Natürlich üben diese auf den in klassisch europäischen Songstrukturen denkenden Hörer einen besonderen Reiz aus. Die Gesänge sind meist sehr melodisch und gehören definitiv rein in die Popmusik. Zudem ist der starke Einfluss von Autotune-Methoden unüberhörbar. Einzig die sporadischen Screams (sowie diverse teils namhafte Gastauftritte, zum Beispiel von Joakim Broden oder Alissa White-Gluz) fallen hier aus dem Rahmen. Live dürfte das nur mit massivem Einsatz von Backingmaterial vom Band reproduzierbar sein. Und wenn man die Bedeutung der aufwendigen Choreographien für die Festivalerlebnisse bedenkt, ist es auch kaum vorstellbar, dass live gesungen wird.
Klar ist: Für den traditionellen Metal-Fan ist diese Musik meilenweit außerhalb des Hörhorizonts verortet. Und auch ich, der ich sicherlich deutlich mehr höre als nur das typische Underground-Futter, kann mir einen Titel wie 'Oh! Majnai' einfach nicht schön hören, das hat fast schon EQUILIBRIUM-Niveau. Trotzdem muss ich aber zugeben, dass das Material brutales Ohrwurm-Potenzial hat. Und auch die Gesangslinien, die selbst bei den Screams kein aggressives Flair haben, bleiben schnell im Ohr haften. Gut gemacht ist es zudem fraglos auch, hier wurde auf hohem Niveau komponiert. Wenn es noch ein schönes Artwork und irgendeine Form von nennenswertem Booklet gäbe, müsste ich eine noch höhere Bewertung geben. Klar ist: Das hier ist absolut Geschmackssache, und ein Fanboy werde ich hier wohl kaum werden. Bei allem Bashing in der Underground-Szene muss ich aber eingestehen: Hier machen Leute ihre Sache richtig gut, auch wenn sie damit doch öfter an mir vorbei komponieren.
Anspieltipps: Da Da Dance, Brand New Day, Kagerou.
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Jonathan Walzer