BILLY BOY IN POISON - Umbra
Mehr über Billy Boy In Poison
- Genre:
- Death Metal / Metalcore
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Prime Collective
- Release:
- 10.09.2021
- Lost It All
- Blinded
- Umbra
- Supremacy
- White Hills
- Before We Erase It
- Kissed By The Sun
- Black Sky
- The Ancient One
- Temptress
Brutal modern statt modern-brutal.
Für zahlreiche Bands stellt das dritte Album bekanntermaßen die Weichen nach oben oder in Richtung Bedeutungslosigkeit. Ob dies auch für BILLY BOY IN POISON aus Kopenhagen gelten wird, kann an dieser Stelle noch nicht bewertet werden – vielmehr jedoch die überraschende Tatsache, dass die dänischen Death-Metal-Hoffnungsträger mit "Umbra" einen unerwarteten musikalischen Neustart hinlegen.
Während das Band-Debüt "Watchers" neue Maßstäbe in Sachen modern-coriger Todesstahl-Brutalität setzte und in meinen Ohren 2013 als Death-Metal-Album des Jahres ins Ziel ging, folgte mit "Invoker" nach einem Sängerwechsel eine etwas mehr am blutigen Mutterboden der Szene orientierte Rückbesinnung, die nichtsdestotrotz auch weiterhin gekonnt den Spagat zwischen brachialen Hardcore-Ansätzen und rauem Oldschool-Death markierte. Bei "Umbra" muss ich mir hingegen verwundet die Ohren reiben: Ist das noch die skandinavische Vollabrissformation der vorangegangenen Platten? Der Opener 'Lost It All' schockiert geradezu mit prominenten Synthie-Effekten und einem Groove, der unweigerlich an deutlich konsensorientiertere Metal-/Deathcore-Kapellen erinnert. Der etwas getragenere, latent tragische Refrain biegt das Gesamtbild zwar wieder etwas zurecht, aber der erste Eindruck wird im weiteren Verlauf bestätigt: Mehr Eingängigkeit, mehr Geradlinigkeit, weniger rohe Brutalität, wie sie bislang BILLY BOY IN POISONs Markenzeichen war und diesmal nur bei zwei, drei Nummern dominieren darf.
Ein Zufallsprodukt ist dieser Umschwung keinesfalls; die Band wird im Promoschreiben mit den Worten zitiert, dass sie auf "Umbra" stärkere Hooks und neue Sounds etablieren wollte – was in der Mehrzahl der zehn neuen Nummern also mehr Elektrospielereien und eingängigere Kehrverse bedeutet. Letzteres ist keinesfalls ein Makel: Bei 'Blinded' (unterstützt von BLEED FROM WITHINs Scott Kennedy) kickt der markante Chorus definitiv Ärsche, ohne in irgendeiner Form lasch zu wirken; selbiges gilt für den Titeltrack oder auch 'Supremacy'. Auch die weiterhin vorhandenen melancholischen Einsprengsel funktionieren und sorgen für die bekannte Nachdenklichkeit und den Tiefgang im musikalischen Panorama der Dänen. Die Synthie-Sounds sind hingegen ziemlich überflüssig und sorgen für eine unnötige Verwässerung des bislang so mächtigen BILLY BOY IN POISON-Klangbildes.
Und irgendwie fuchst es mich: Auf "Invoker" war alles so herrlich ausgewogen, die blutrünstige Wut, die eiskalte Härte, die Ernsthaftigkeit, die dezente Progressivität, das effiziente Songwriting. Wieso wurde dies in weiten Teilen über Bord geworfen? Hat man sich in Kopenhagen zusammengesetzt und überlegt, wie die weitere Bandlaufbahn kommerziell erfolgreicher gestaltet werden könnte? Kein Vorwurf: Wer von Musik leben will, kann solche Gedankenspiele nicht ausblenden. Und "Umbra" bietet immer noch absolut ordentlichen modernen Death-/Metalcore; das Album kann man sich gut anhören und bietet genug Hits und Können auf, um eine größere Zielgruppe zu erreichen. Ich für meinen Teil vermisse allerdings die Kompromiss- und Zügellosigkeit der ersten beiden Alben.
Anspieltipps: Umbra, Supremacy, Temptress
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Timon Krause