BILLY TALENT - Crisis Of Faith
Auch im Soundcheck: Soundcheck 01/2022
Mehr über Billy Talent
- Genre:
- Alternative Rock
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Warner Music
- Release:
- 21.01.2022
- Forgiveness I + II
- Reckless Paradise
- I Beg To Differ (This Will Get Better)
- The Wolf
- Reactor
- Judged
- Hanging Out With All The Wrong People
- End Of Me
- One Less Problem
- For You
Der Sinn einer Reise ist nicht, anzukommen.
Die Überraschung des diesmonatigen Soundchecks kommt für mich von BILLY TALENT. Denn das neue, sechste Album bedeutet über weite Strecken eine eklatante Abkehr vom bisherigen Stil. Aber eines nach dem anderen: Zuerst einmal gibt es keine neueren Besetzungswechsel, seit Jordan Hastings von ALEXISONFIRE für
Aaron Solowoniuk, der aufgrund seiner Erkrankung die Position nicht mehr ausfüllen konnte, am Schlagzeug Platz genommen hat. So gesehen ist BILLY TALENT nach wie vor die gleiche Band wie vor zwanzig Jahren.
Musikalisch kann man das allerdings nicht behaupten. Die Screamo-Core-Phase der ersten beiden Alben liegt weit zurück, schon mit den beiden folgenden Alben begann die Band zu experimentieren, ohne jedoch wirklich mit der Historie zu brechen. Das fünfte Album "Afraid Of Heights" deutete dann bereits an, dass die Kanadier nicht gewillt waren, künstlerisch stehen zu bleiben. So gesehen ist "Crisis Of Faith" eigentlich die logische Schlussfolgerung aus der sicht- und hörbaren Entwicklung.
Wie klingt BILLY TALENT also anno 2022? Nun, erst einmal ist der Schritt mindestens in den Alternative Rock vollzogen, und auch wenn das Stück 'Reckless Paradise' musikalisch schamlos an 'Devil In A Midnight Mass' und 'Judged' tatsächlich stilistisch an die frühen Jahre ereinnert, sind dies Ausnahmen auf "Crisis Of Faith". Ansonsten schielen die Fünf sogar ungeniert in Richtung Pop-Rock. Dabei gelingen so große Breitwandepen wie 'Hanging Out With All The Wrong People', 'For You' und 'I Beg To Differ (This Will Get Better)'.
Auch sonst... Streicher? Klar, in 'The Wolf'. Saxophon? Bitteschön, im Opener 'Forgiveness I+II', von dem 'I' super ist und 'II' recht furchtbar. Gastsänger? Klar, WEEZERs Rivers Cuomo mischt in 'End Of Me' mit, das ich übrigens nach diversen Spins als ziemlich langweilig ausgemacht habe. Und diese Wahl des Gastes ist möglicherweise das plakativste Beispiel für den Wechsel im musikalischen Werdegang der Band. Zwar scheinen die alten Trademarks immer mal wieder durch, aber BILLY TALENT 2022 hat nur noch wenig gemein mit den ungestümen Frühwerken. Schade. Andererseits auch gut, denn ohne Schelte immer ähnliche Alben darf nur AC/DC machen.
Die HMS BILLY TALENT ist auf einem neuen Kurs, lässt die wilden Gewässer der frühen 2000er zurück und nimmt Kurs auf die poppige See, auf der auch gelegentlich mal eine gewisse inspiratorische Flaute herrschen kann. Anno 2022 sind die Segel meist noch gut im Wind, aber ob man sich für Luv oder Lee entscheiden wird, werden die kommenden Jahre zeigen. Mit "Crisis Of Faith" ist BILLY TALENT noch auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft, aber bei den musikalischen Fähigkeiten der Band schwingt auch Spannung mit. Ich finde dieses Album gut und freue mich bereits jetzt darauf, zu entdecken, welchen Kurs die nächsten Jahre bringen werden.
Hier sind ein paar Eindrücke vom sechsten Album:
'Reckless Paradise':
'I Beg To Differ (This Will Get Better)':
'End Of Me':
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Frank Jaeger