BIOSCRAPE - Exp. Zeroone
Mehr über Bioscrape
- Genre:
- Neo Thrash / Modern Metal
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Overdub Recordings
- Release:
- 14.04.2014
- Age Of Leeches
- Distortion Cell
- Drop In Loop
- Rew Punch
- Mentalmorphosis
- Half Man
- Mist Enemy
- Chemical Heresy
- Filth Blood
- Last Involution
Allein unter vielen: Intelligenter Metal-Mix ohne Zielgruppe
Bands, die sich einer eindeutigen Kategorisierung entziehen, lassen sich grob gesagt in zwei Sparten einteilen: Auf der einen Seite die extrem raren Beispiele von Formationen, deren Auftauchen für ungläubiges Kopfschütteln sorgt, weil ihre Musik geradezu revolutionär neu erscheint und sich kaum mit Referenzen zu bisher vorhandenen Kapellen beschreiben lässt - wie beispielsweise das erste Lebenszeichen von SYSTEM OF A DOWN vor über 15 Jahren. Und auf der anderen Seite Bands, die eben geschickt mehrere klar definierbare Stile vereinen. Letztere lassen sich wiederum in zwei Blöcke aufteilen: Der einen Fraktion gelingt es, die jeweiligen Fans der vereinten, unterschiedlich gearteten Stile zufrieden zu stellen, während die andere trotz genreübergreifender Arbeit bei keiner der potentiellen Zielgruppen richtig landen kann. In diese letzte Kategorie fällt BIOSCRAPE mit "Exp. Zeroone": Die Italiener liefern einen intelligenten, sauber produzierten und professionell durchkomponierten Genremix ab, für den sich allerdings aus mehreren Gründen nur schwer ein größeres Publikum finden lassen dürfte.
Der Ansatz ist allemal vielversprechend, und die Vielfältigkeit der Einflüsse sollte zunächst einmal aufhorchen lassen: Der südeuropäische Vierer fährt eine gewaltige Tech-Metal-Soundkulisse auf, in der Neo Thrash, Groove und Nu Metal jeweils mit unterschiedlicher Gewichtung platziert und miteinander in Einklang gebracht werden, angetrieben von scharfem Riffing, einer effektiven Tieftöner-Fraktion und wütendem Schreigesang, der noch mehr nach den seinerzeit neumodischen Bands der 90er klingt. Zehn Songs umfasst "Exp. Zeroone", und die einzelnen Nummern sollten im Einzelnen für anerkennendes Mitnicken sorgen. Nach der ersten Vorfreude darauf, tiefer in diese mitunter fordernde Musik einzutauchen, macht sich nach mehreren Durchläufen allerdings Ernüchterung breit: Nein, es ist nicht alles Fassade, was BIOSCRAPE betreibt – doch es will auch nichts haften bleiben, trotz objektiv betrachtet durchweg ordentlicher Arbeit. "Exp. Zeroone" bleibt rätselhaft seelenlos, es fehlen emotional mitreißende Momente, vielleicht auch Augenblicke größter Genialität.
Das Hauptproblem dürfte aber darin bestehen, dass sich die Italiener über das ganze Album hinweg auf keine eindeutige Richtung festlegen. Auch ein moderner Metal-Genremix sollte sich auf eine klare Linie einschießen; PROFANE OMEN aus Finnland ist dies mit einer übergreifenden musikalischen Ausrichtung beispielsweise überzeugend gelungen. "Exp. Zeroone" fehlt diese letzte Konsequenz: Da eröffnet der Opener 'Age Of Leeches' den Reigen ziemlich neo-thrashig, bolzt im Vers groovig vor sich hin, bricht im Refrain unvermittelt das Tempo herunter und geht rhythmisch und gesangstechnisch in CROWBAR'schen Doom über. Das ist auf alle Fälle gewitzt und interessant, selbiger Ansatz findet im weiteren Verlauf allerdings keine Verwendung mehr. Hingegen wird in der Folge munter weiter experimentiert: Bei 'Drop In Loop' finden die öfter gebrauchten MACHINE HEAD-Anleihen (in Form entsprechender Riffs und Gitarrenquietschern) Verwendung, ebenso wird technischer Neo Thrash à MENMIC eingesetzt, während Sänger G. zum Wut-Gesang Marke DISTURBED übergeht. 'Mentalmorphosis' erinnert zu Beginn erneut an DISTURBED – und an SNOT, also an den rotzigen, ursprünglichen Nu Metal der 90er. G. klingt zwischendurch tatsächlich wie eine Reinkarnation von Lynn Strait – und er macht seine Sache gar nicht schlecht. Diese vom Albumbeginn mittlerweile deutlich unterschiedliche Ausrichtung gestaltet den Zugang zu "Exp. Zeroone" nur leider immer komplizierter. Als gegen Ende mit 'Filth Blood' dann auch noch psychopathisch-anarchische Elemente Marke KORN und SLIPKNOT Einzug halten, ist die Verwirrung vollends perfekt.
Langer Rede kurzer Sinn: BIOSCRAPE liefert mit "Exp. Zeroone" ein durchaus interessantes Album ab, das gefällig modernen Thrash, Tech, Groove und Nu Metal verbindet und dabei einige wirklich coole Songs zu bieten hat. Allerdings dürfte es schwer sein, für diese etwas gefühlskalte Mischung dauerhaft ein Publikum zu finden, dessen Begeisterung über ein anerkennendes "Nicht schlecht" hinausgeht. Bei aller begrüßenswerter musikalischer Grenzenlosigkeit wäre eine etwas genauere Festlegung vielleicht doch angebracht. Und die ganz großen Emotionen hat BIOSCRAPE bislang auch noch nicht am Start. Da geht auf alle Fälle noch mehr!
Anspieltipps: Age Of Leeches, Mentalmorphosis
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Timon Krause