BJöRK - Medulla
Mehr über Björk
- Genre:
- Avantgarde Pop
- Label:
- Polydor / Universal
- Release:
- 30.08.2004
- Pleasure Is All Mine
- Show Me Forgiveness
- Where Is The Line?
- Vökuro
- Öll Birtan
- Who Is It?
- Submarine
- Desired Constellation
- Oceania
- Sonnets / Unrealites XI
- Ancestors
- Mouth's Cradle
- Midvikudags
- Triumph Of A Heart
War "Vespertine" noch eine introvertierte, in sich verschlossene Platte, so öffnet sich Björk mit "Medulla" wieder ein ganzes Stück. Aber auf eine sehr eigentümliche Weise: Das gesamte Album besteht allein aus Tönen des menschlichen Sprechapparats und ein paar wenigen rudimentären Samples.
Es sind aber nicht nur die Instrumente, von denen sich Björk auf ihrem fünften Album befreit, sie geht weiter und wirft eigentlich alle Bezugspunkte zunächst mal über Bord: Songs im klassischen Sinne? Strukturen? Fehlanzeige. Refrains? Schon lange nicht mehr.
Und dennoch beinhaltet "Medulla" alles, was man von Björk erwartet, könnte fast archetypisch sein, bietet irgendwie mehr Björk als je zuvor. Vielleicht, weil sich alles auf die Stimme konzentriert. Weil die paar Beatbox-Einlagen von Ex-ROOTS-Mitglied Rahzel, Gastsänger Mike Patton und der Isländische Chor reichen, um die Songs auszuschmücken und gleichzeitig der Hauptdarstellerin den vollen Platz zu geben, um sich zu entfalten. 'Where Is The Line?' mit Mike Patton wird trotz aller im Vorfeld verkündeten "Unhörbarkeiten" dieser Platte zum Ohrwurm, ähnlich funktioniert das fast frohlockende 'Who is it?', der melancholische, isländische Charme von 'Vökuro' (inklusive des erwähnten Chores) bildet den ersten musikalischen Haltpunkt und rührt zu Tränen, und beim Unterwasser-Gefühl von 'Oceania' und 'Submarine' sowie dem mit hyperventilatorisch-gurgelnden Haken und Ösen bewehrten 'Ancestors' beziehungsweise dem Facetten-Stück 'Mouth's Cradle' wächst die Musik schließlich über sich hinaus und verwandelt sich in eine transzendente Masse aus Tönen und akustischen Formketten, die begriffen werden will.
Björks Musik kommt mit dieser Platte endlich in einer Sphäre an, in der sie als Person und Kultfigur schon längst lebt: "Medulla" ist ein elfenhaftes, frei schwebendes und avantgardistisches Faszinosum aus vokaler Musik, die nach außen gekehrte Innenansicht einer Künstlerin, welche in sich geschlossen nur als grenzenlos wunderschön bezeichnet werden kann. Dass sich dazwischen ein paar björktypische Fast-Hits eingeschlichen haben, erleichert den Zugang dabei erheblich.
Was soll darauf noch folgen? Eigentlich alles Denk- und Undenkbare. Björk ist endlich losgelöst von den Fesseln, die Musik normalerweise mit sich bringt und macht ihr bislang spannenstes Werk.
Anspieltipps: Gesamtkunstwerk
- Redakteur:
- Sebastian Baumer