BLACK SABBATH - 13
Auch im Soundcheck: Soundcheck 06/2013
Mehr über Black Sabbath
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Mercury (Universal)
- Release:
- 07.06.2013
- End Of The Beginning
- God Is Dead?
- Loner
- Zeitgeist
- Age Of Reason
- Live Forever
- Damaged Soul
- Dear Father
Kniefall vor sich selbst.
Kaum eine Platte wurde in den letzten Jahren kritischer antizipiert als "13". Ein neues Album der Väter des Heavy Metal, das kommt der Papstwahl für die Katholiken und dem Finale der Champions League für Fußballfans gleich. Nur, dass es hier nicht automatisch einen Sieger geben muss. Was gibt es zu erwarten? Die letzten Studio-Tracks der Mk.1-Besetzung sind immerhin 15 Jahre alt ('Psycho Man' und 'Selling My Soul', die als Bonus zur "Reunion"-Liveplatte aufgenommen wurden), und seit "Never Say Die!" (1978) ist gar noch viel mehr Wasser den Acheron hinab geflossen. Auf "13", so Produzent Rick Rubin, wolle man vor allem den Spirit ganzer früher BLACK SABBATH einfangen. Und selbstredend die beste Platte SABBATHs aller Zeiten aufnehmen.
Nun, ich kann verraten, dass man vor allem am letzten Punkt gescheitert ist. "13" gehört nicht zum Besten, was die Birminghamer je veröffentlicht haben, übertrifft allerdings auch einige Platten (auch der Ozzy-Ära). Die epochale Sprengkraft eines "Master of Reality" oder "Black Sabbath" wird nicht erreicht. Ich bezweifle ohnehin, dass dies im Metal noch möglich ist. Von daher ist dieser Kritikpunkt mit Vorsicht zu genießen und der dreizehnfach gehörnte Dämon ist längst nicht abgeschrieben.
Einen letzten "großen Kritikpunkt" muss ich trotzdem noch anbringen. Die Produktion ist so butterweich, dass man die Regler schon ordentlich nach oben ziehen muss, damit es knallt. Besonders die Vocals und die Drums hätten mehr Mut beim Mischen vertragen können. Da sind selbst die 70er-Werke BLACK SABBATHs soundtechnisch aufregender und fetziger.
ABER. Und es ist das größte ABER, das ich finden kann: "13" begeistert mich seit dem ersten kompletten Durchgang, viele weitere folgten unmittelbar danach. Die Befürchtung, dass die Begeisterung mittlerweile ein jähes Ende gefunden hat, muss ich auch ausräumen. Woran das liegt? Ich werde das Gefühl nicht los, die verbliebenen 3/4 der ersten Besetzung machen einen großen Kniefall vor ihrem Opus Magnum, und das einfach nur verdammt gut.
Alleine der Anfang von 'End of the Beginning' reproduziert die Atmosphäre, die Akkordwechsel und die Dynamik des allerersten Songs aus dem Hause BLACK SABBATH. Als Ozzy dann singt "is this the end of the beginning, or the beginning of the end?", klingt es wie eine Retrospektive auf 'Black Sabbath', auf das Schaffen der Erfinder unserer geliebten Musik.
Diese Anschlussfähigkeit an die Großtaten wird auch bei den anderen Songs stets gesucht. 'Zeitgeist', eine psychedelische Ballade mit akustischen Gitarren und dezenten Percussions, könnte ohne Probleme aus den Sessions zu "Vol. 4" stammen, 'Age of Reason' würde sich im Jahr 1972 ebenfalls gut machen. Die Heavyness ist also soweit eingefangen, wie es eben möglich ist. Die Riffs, Geezer Butlers Viersaitenkunst und die Trommeln haben aber ihre bluesigen Wurzeln und damit ein Kernelement des ursprünglichen SABBATH-Sounds verloren. Größtenteils fühlt man sich an die 90er-Songs von Tony Iommi oder den letzten Streich der Mk.3-Besetzung, "The Devil You Know", erinnert.
Wenn sich allerdings eine Band schamlos an diesen Vorlagen bedienen darf, dann natürlich diese. Je öfter die Songs meine Ohrmuscheln streicheln, desto stärker krallen sie sich auch fest und lassen mir keine andere Wahl, als ihnen zu huldigen. Selbst 'God Is Dead?', der vermeintlich "schwächste" Song auf "13", entwickelt durch seine göttlichen Powerchord-Orgien so kräftige Widerhaken, dass ich sie bislang nicht einmal operativ entfernen konnte. Sogar der Zeremonienmeister am Fledermausflügel liefert eine tolle Leistung über die gesamte Länge des Albums ab. Zwar wird öfter als früher per pitch-correct das Ergebnis etwas aufgehübscht, aber auch das nimmt mir nicht die Freude an der Musik.
Das wird auch nicht mehr geschehen, da bin ich mir sicher. War es anfangs noch eine vernünftige Portion Skepsis, ist mittlerweile wieder die kindliche, naive Freude in mir aufgebrochen, die nur eine Lieblingsband in einem auslösen kann. Deswegen gibt es für "13" das womöglich größte Kompliment, das man einem Album machen kann: Trotz objektiv vorhandener Schwächen liebe ich es! Ozzy bringt im Song 'Loner' eine Floskel wie "come on now" und wie von selbst schnellt die Rübe von hinten nach vorne, schnellt die Faust in die Höhe und ich bin im dreizehnten Musik-Himmel.
Ich kann es mir zwar nicht erklären, aber ich wehre mich auch nicht dagegen. "13" ist BLACK SABBATH in Reinkultur, so wie es im Jahr 2013 möglich ist. Ich bin so dankbar, dass man nicht beschlossen hat, den Heavy Metal erfolglos neu zu erfinden. Und sind wir mal ganz ehrlich: Wer von uns hätte statt "St. Anger" nicht lieber ein Best-Of-Album der ersten fünf 'TALLICA-Platten gehabt? So ist meine musikalische Welt heile wie in dem Augenblick, als ich zum ersten Mal einen Song von BLACK SABBATH hörte.
"When I first met you you didn't realize
I can't forget you or your surprise
You introduced me, to my mind
And left me wanting, you and your kind.
I love you. Oh you know it."
(Selten ist es schwerer gefallen, die Bewertung in eine Zahl zwischen 1 und 10 zu destillieren. Die "9 von 10" ist folglich nur ein Zugeständnis an die Bewertungspraktik und explizit im Kontext der BLACK SABBATH Diskografie zu verstehen. - NM)
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Nils Macher