BLEEDING THROUGH - The Truth
Mehr über Bleeding Through
- Genre:
- Metalcore
- Label:
- Roadrunner Records
- Release:
- 10.01.2006
- For Love And Failing
- Confession
- Love In Slow Motion
- The Pain Killer
- Kill To Believe
- Dearly Demented
- Line In The Sand
- She's Gone
- Tragedy Of Empty Streets
- Return To Sender
- Hollywood Prison
- The Truth
Der Metalcore-Boom ist vorbei. Das darf man wohl einspruchsfrei feststellen. Das bedeutet aber nicht, dass alle Bands dieser Bewegung demnächst wieder in der Versenkung verschwinden werden. Ganz im Gegenteil. Combos wie HEAVEN SHALL BURN haben sich einen festen Platz und Namen erspielt, und werden auch in Zukunft auf dieser Schiene erfolgreich sein. Zu dieser Gruppe etablierter Bands gehören mit großer Sicherheit auch BLEEDING THROUGH. "The best metal band in hardcore today" hat sich erst kürzlich mit "The Truth" zurückgemeldet und erhebt erneut Anspruch darauf, die wohl intensivste Truppe des Genres zu sein.
Dem Hammerschlag des 2003er Releases "This Is Love, This Is Murderous" etwas Effektives entgegenzusetzen, entpuppt sich dabei durchaus als schwere Aufgabe. Die ungezügelte Rohheit, das gnadenlose Tempo und die bitteren Texte dieser Überplatte hätten eigentlich gereicht, um noch Jahre zu überdauern, und sind in ihrer aufwühlenden und verstörenden Wirkung kaum zu toppen. BLEEDING THROUGH reißen das Lenkrad auf "The Truth" ein wenig herum und entziehen sich so geschickt dem Direktvergleich mit den eigenen Messlatten. Zwar lässt 'For Love And Failing' bereits in den ersten 20 Sekunden keinen Zweifel an den Wurzeln der Band und lässt ordentlich Köpfe rollen, jedoch haben die Jungs und das Mädel dieses Mal deutlich mehr Zeit in Songwriting und vor allem Produktion investiert, um sich 2006 mit einem wesentlich runderem Gesamtergebnis zu präsentieren. Arg undurchsichtiges Riffing trifft auf wütende Mosh-Drums und hasserfülltes Hardcore-Shouting - bisher also nichts Neues. Jedoch greift Frontmann Brandan auf "The Truth" wesentlich häufiger und ausladender auf seine Clean-Vocals zurück, was in 70% der Fälle auch sehr gut aufgeht. Mr. Schiepiatti ist ordentlich bei Stimme, und die sauber darunter gezimmerten Frickeleien von Gitarrist und Bandbegründer Scott fräsen sich, dem fetten Sound sei Dank, gut ins Hirn. So gut der klare, brachiale Sound jedoch dem Instrumentalen dient, so gegenteilig wirkt er sich auf Brandans Stimme aus. Die ist zwar glockenklar abgemischt, jedoch nimmt die Abstinenz von leichtem Übersteuern und Megaphon-Effekt ihr die einzigartige Intensität, die "This Is Love, This Is Murderous" ausmachte. 'Sweet Vampirous' würde im 2006er-Sound nicht funktionieren. Und auch die Clean-Vocals wirken oft einfach ein wenig zu weich gespült. Das bezieht sich nicht nur auf den Sound, sondern oft auch mal auf Brandans Melodieführung, die speziell bei 'Return To Sender' einfach viel zu sehr nach PAPA ROACH klingt. Weniger wäre hier mehr gewesen. Aber lassen wir das Gemecker. Songs wie 'Confession' oder 'Kill To Believe' hauen einem immer noch einiges aus der Kauleiste und wissen in letzterem Fall durch große Eingängigkeit zu begeistern. 'Love In Slow Motion' nimmt bereits nach dem ersten Durchlauf ebenfalls genüsslich Platz im Gehörn und gefällt vor allem durch Brandans mal wieder sehr persönlichen Text.
BLEEDING THROUGH setzen verstärkt auf Tempowechsel, welche die Songs äußerst dynamisch machen. "The Truth" ist eigentlich durch die gesamte Spielzeit hindurch absolutes Live-Material, das für einige blutige Nasen sorgen wird. Ob nun zum Mitshouten geschriebene Parts wie in 'For Love And Failing' zu übelstem Geprügel einladen oder die Crowdpleaser-Refrains von 'Kill To Believe' und 'Love In Slow Motion' zum lautstarken Mitsingen animieren ist fast unerheblich. "The Truth" hat eine Menge mächtiger Songs in der Westentasche, die schnell zünden und ordentlich mitziehen. Die wahren Größen der Scheibe sind aber nicht die fast schon singletypischen Tracks, sondern Hassbrocken wie das absolut geniale 'Hollywood Prison' oder das kurzweilig-heftige 'She's Gone'. Das liegt vor allem daran, dass es BLEEDING THROUGH nicht nur drauf haben, catchy Melodien zu schreiben, sondern auch im Brutalo-Segment eingängige Passagen kreieren können. 'Hollywood Prison' fällt dabei vor allem durch den trotz ausnahmslos heftigen Vocals stark melodiösen Touch auf, und 'She's Gone' ist ganz einfach für die Pit geschrieben worden.
Wirkliche Ausfälle gibt es auf "The Truth" nicht. Frei von Makel ist die Platte dennoch nicht. Das mit den Clean-Vocals ein ums andere mal mehr kaputt gemacht als kreiert wird, wurde bereits erwähnt. Oft ist es auch einfach nur sehr gewöhnungsbedürftig, wenn BLEEDING THROUGH dank seltsam schiefer Melodie streckenweise nach DIMMU BORGIR klingen ('Dearly Demented'). Das einprägsame Songwriting lässt zwar einen schnellen Zugang zum Album zu, sägt aber leider mit dem großen Fuchsschwanz an der Halbwertszeit. Bisher hatte ich für BLEEDING THROUGH-Scheiben ca. ein Vierteljahr gebraucht, um wirklich durchzusteigen - "The Truth" hat sich so lange nicht in meinem Player halten können. Denn wenn man die Scheibe ein paar mal intensiv gehört hat, ist alles entdeckt was es zu entdecken gibt. Und dann kann man die Songs selbst dann noch mitsingen, wenn die CD mal ein halbes Jahr oder länger im Regal stand. Das ist nicht wirklich negativ, verwährt "The Truth" aber das entscheidende Quentchen Magie.
Schlussendlich bleibt "The Truth" genau das, was es werden sollte und wohl auch musste. BLEEDING THROUGH streifen die ersten Häute ihres Underground-Daseins ab stellen sich selbstbewusst und erfrischend eigenständig an die Spitze einer Bewegung, die sich in den letzten Jahren als feste Größe etabliert hat. Mit diesem Album haben sie sich selbst genug Schützenhilfe verpasst, um ihren verdienten Siegeszug fortzusetzen.
Anspieltipps: For Love And Failing, Kill To Believe, She's Gone, Hollywood Prison
- Redakteur:
- Dennis Hirth