BLIND GUARDIAN - A Twist In The Myth
Mehr über Blind Guardian
- Genre:
- Heavy Metal
- Label:
- Nuclear Blast / Warner
- Release:
- 01.09.2006
- This Will Never End
- Otherland
- Turn The Page
- Fly
- Carry The Blessed Home
- Another Stranger Me
- Straight Through The Mirror
- Lionheart
- Skalds & Shadows
- The Edge
- The New Order
BLIND GUARDIAN finden bereits im Jahr 1984 zusammen und sind sich über ihre musikalische Mission bald einig. Die Kunde ihrer fesselnden Live-Präsenz verbreitet sich rasch im Land und schart immer mehr treue Anhänger um die "Ringträger", die sich ganz dem Werk von J.R.R. Tolkien verschrieben haben. Seit jeher bestechen die ursprünglichen Verfechter des Speed Metal mit einer Nuance Fantasy und jeder Menge Dynamik, und so gelingt dem Quartett 1992 mit dem Album "Somewhere Far Beyond" der verdiente Durchbruch. Ihren enormen Status etablieren die Krefelder mit den beiden nachfolgenden Alben "Imaginations From The Other Side" (1995) und "Nightfall In Middle-Earth" (1998). Als erste deutsche Band überhaupt feiern BLIND GUARDIAN mit den Fans 2003 auf ihrem hauseigenen Festival und halten die beeindruckenden Impressionen auf der DVD "Imaginations Through The Looking Glass" fest. Der großartige "Bard's Song" wird zu diesem Anlass noch einmal veröffentlicht und übertrifft seinen bisherigen Erfolg um Längen. Doch damit nicht genug - "A Night At The Opera", das letzte Studio-Album von BLIND GUARDIAN, landet auf Platz fünf der deutschen Charts, und die Single-Auskopplung "... And Then There Was Silence" schafft es sogar auf Platz 1 der spanischen Single-Charts.
Nach dem Wechsel zu Nuclear Blast Records steuern die Krefelder nun mit ihrem neuesten Ass "A Twist in The Myth" (produziert von Charlie Bauernfeind) im Ärmel auf den musikalischen Zenith zu. Ob es ihnen gelingt, wird sich zeigen müssen - mit der Vorab-Single "Fly" erreichten sie jedenfalls bereits einen vielversprechenden Platz 30 in den deutschen Charts sowie weitere Charts-Notierungen in insgesamt acht Ländern (u.a. Platz 1 in Japan und Platz 4 in Spanien), und somit stehen die Zeichen doch recht gut ...
So viel zur Historie von BLIND GUARDIAN - kommen wir nun zum Wesentlichen, nämlich zur Musik im Jahr 2006:
Mit dem Opener 'This Will Never End' legen BLIND GUARDIAN gleich richtig flott los, denn dieses Stück wird weitgehend von scharfen Gitarrenriffs und einem treibenden Drumming dominiert. Darüber hinaus fehlt es auch nicht am für die Band typischen, stampfenden Rhythmus, und einen mehrstimmigen Chorus gibt es auch zu hören. Überhaupt fühle zumindest ich mich an "Imaginations From The Other Side"-Zeiten erinnert, und das ist ja nun nicht gerade die allerschlechteste Referenz. - Ein guter Einstieg wäre also geschafft ...
Bei 'Otherland' geht es anschließend schon weniger geradlinig zu, denn nach einem etwas orchestralen Beginn gibt es recht schräge Gitarrenriffs zu hören, die zunächst mit vergleichsweise ruhigem Gesang gepaart werden. Der Gesang von Hansi wird im Laufe des Songs dann aber von Zeit zu Zeit auch recht aggressiv, und durch mehrstimmige Backing-Vocals erfährt er natürlich auch hier immer wieder gesangliche Unterstützung. Im Instrumentalteil geht die Saitenfraktion zwar deutlich straighter zu Werke, im Vordergrund steht aber dennoch eine eher vertrackte Ausrichtung. - Dieses Stück braucht also durchaus mehrere Durchläufe und etwas mehr Zeit als der Opener ...
Der dritte Song 'Turn The Page' startet mit flotten Gitarrenriffs, und auch der Gesang steht diesen in nichts nach. Die Heaviness wurde zwar im Vergleich zu den beiden vorherigen Stücken etwas zurückgefahren, aber dadurch kommt gerade die fast schon fröhliche Stimmung zustande. Die Chöre im Midtempo-Bereich sind natürlich auch hier wieder mehrstimmig ausgestaltet und laden schon zum Mitsingen ein, doch der "Na, na, na, na"-Teil gegen Ende tut hierzu erst recht sein Übriges. - Für BLIND GUARDIAN-Verhältnisse eine richtig party-taugliche Nummer ...
Es folgt anschließend 'Fly', das bereits als erste Single veröffentlicht wurde und deswegen wohl dem einen oder anderen schon über den Weg gelaufen ist. Bei diesem Stück haben BLIND GUARDIAN einige für sie untypische Elemente eingebaut - insbesondere der recht moderne Sound und der stellenweise ungewohnte Gesangsstil von Hansi wirken anfangs etwas befremdlich -, aber natürlich sind hier auch jede Menge Elemente herauszuhören, die man von BLIND GUARDIAN schon lange kennt. Der sehr eingängige Refrain wäre hier beispielsweise zu nennen, aber auch die häufig wiederkehrenden druckvollen Passagen mit recht aggressivem Gesang. - Insgesamt eine coole Nummer, die mir von Mal zu Mal besser gefällt ...
Deutlich ruhigere Klänge gibt es anschließend bei 'Carry The Blessed Home', das sehr verhalten beginnt - sowohl vom Instrumentalen als auch vom Gesanglichen her. Der Song steigert sich zwar im weiteren Verlauf, aber insgesamt überwiegt doch der melodische Anteil. Der Chorus ist weitgehend BLIND GUARDIAN-typisch und weiß sehr wohl zu gefallen, was aber wohl nicht nur auf die eingesetzten Dudelsäcke zurückzuführen ist. - Das Stück wäre wohl auch schon vor einige Jahren auf einer anderen Scheibe nicht wirklich negativ aufgefallen ...
Mit 'Another Stranger Me' geht es wieder in sehr viel kraftvollere und metallischere Gefilde, und so prägen entsprechend kräftige Gitarrenriffs das Bild. Zu Beginn ist der Gesang von Hansi noch sehr ruhig gehalten, aber im weiteren Verlauf steigert er sich und gibt sich dann wieder gewohnt aggressiv. Auch die Gitarrenfraktion zeigt sich bei diesem Song sehr variabel - geradlinige Passagen gibt es hier ebenso wie vertrackte, die mit zahlreichen Rhythmuswechseln aufwarten. - Für mich eine der stärksten Nummern des gesamten Albums ...
Von der musikalischen Ausrichtung geht es mit 'Straight Through The Mirror' ganz ähnlich weiter, denn auch hier gehen BLIND GUARDIAN sehr kraftvoll zu Werke. Im Vergleich zum vorherigen Song sind die Song-Strukturen weitaus einfacher und geradliniger, doch das ist ganz bestimmt kein Nachteil. Im Gegenteil - die Eingängigkeit wird dadurch erhöht, und so bleibt der Song relativ schnell im Ohr hängen. Mich erinnert dieses Stück etwas an "Nightfall In Middle-Earth", und das heißt natürlich auch, dass es hier vor BLIND GUARDIAN-typischen Elementen nur so wimmelt. - So dürfen die Krefelder Jungs auch im Jahr 2006 ruhig öfter klingen ...
BLIND GUARDIAN sehen das aber wohl ein bisschen anders, denn mit 'Lionheart' schlagen sie bereits wieder sehr viel komplexere Wege ein. So sind hier sehr deutliche progressive Einflüsse auszumachen, was sich zum einen in häufigen Rhythmuswechseln, zum anderen aber auch in recht vertrackten Songstrukturen zeigt. Nichtsdestotrotz ist dieses Stück aber sehr druckvoll und sollte daher auch der Augen-zu-und-durch-Fraktion durchaus gefallen können. Bei mir punkten Hansi & Co. mit diesem Song jedenfalls, was unter anderem aber auch an dem wirklich gelungenen Instrumentalteil mit den orientalischen Klängen liegt ...
Mit 'Skalds & Shadows' gibt es dann eine Ballade zu hören, die ganz in der Tradition von 'The Bard's Song - In The Forest' und 'A Past And Future Secret' steht. Dementsprechend wird der Song von akustischen Gitarren geprägt und Hansis Stimme ist hier auch sehr soft ausgelegt. Überhaupt ist diese Nummer extrem melodiös und eingängig - kurz und knapp: ein richtiger Ohrwurm. - Die Zusammenstellung der nächsten Live-Setlist könnte richtig schwierig werden ...
Bei 'The Edge' geben BLIND GUARDIAN wieder deutlich mehr Gas, obwohl der Song erstmal fast schon Soundtrack-mäßig beginnt. Das Drumming sorgt zwar auch hier schon für eine ordentliche Portion Heaviness, aber so richtig Fahrt nimmt das Stück erst mit dem Einsetzen von Gesang und Gitarren auf. Die Riffs dominieren auch in der Folge das Geschehen, zusammen mit Hansis Gesang, der immer wieder in den Vordergrund drängt. Der Chorus ist selbstverständlich auch hier BLIND GUARDIAN-typisch sehr eingängig ausgefallen und bleibt lange im Ohr hängen ...
Der letzte Song des Albums, 'The New Order', kommt vergleichsweise gemäßigt daher und verharrt auch über die gesamte Dauer im Midtempo-Bereich. Die Gitarren und auch die Rhythmus-Abteilung wissen zwar sehr wohl Akzente zu setzen, aber besonders spektakulär ist dieser Song nicht. Irgendwie fehlt mir hier das überraschende Moment, das die meisten anderen Songs durchaus aufzuweisen haben. Kein wirklich schlechter Song, aber BLIND GUARDIAN können es sehr wohl besser - auch auf dieser Scheibe ...
Ja, was kann man nun abschließend über das neue BLIND GUARDIAN-Album "A Twist In The Myth" sagen? Ich muss zugeben, dass ich mit keinen allzu großen Erwartungen an das Album herangegangen bin, da ich "A Night At The Opera" zwar insgesamt recht ordentlich fand, mir persönlich aber die musikalische Ausrichtung zwischen den Alben "Tales From The Twilight World" und "Imaginations From The Other Side" deutlich besser gefallen hat. Und dass die Krefelder Burschen wieder "back to the roots" gehen würden, war ja nun wirklich nicht zu erwarten.
Insgesamt bin ich von "A Twist In The Myth" sogar recht angetan, da die Songs wieder deutlich zielgerichteter ausgefallen sind als noch auf "A Night At The Opera" und weniger Wert auf epische Ausschweifungen gelegt wurde. Am BLIND GUARDIAN'schen Sinn für ausgefeilte Song-Strukturen und komplexe Arrangements hat sich aber natürlich auch im Jahr 2006 nichts geändert, sodass wir auch mit "A Twist In The Myth" wieder ein perfekt klingendes Album zu hören bekommen, das höchsten musikalischen Ansprüchen genügt.
Ob die Songs an sich aber nun jedem gefallen, steht auf einem ganz anderen Blatt ... BLIND GUARDIAN-Fans der ersten Stunde dürften sicherlich auch mit diesem Album so ihre Probleme haben, doch auch sie sollten das Album nicht ungehört verteufeln. Zumindest den einen oder anderen Probedurchlauf hat "A Twist In The Myth" verdient. Und alle anderen, etwas weniger beschränkten Metal-Fans werden dem Album sowieso eine Chance geben, oder? ;-)
Anspieltipps: This Will Never End, Another Stranger Me, Straight Through The Mirror
- Redakteur:
- Martin Schaich