BLIND GUARDIAN - And Then There Was Silence
Mehr über Blind Guardian
- Genre:
- Melodic Speed Metal
- Label:
- Virgin
- Release:
- 12.11.2001
- And Then There Was Silence
- Harvest Of Sorrow
Es ist mal wieder soweit: die deutschen Metalgötter BLIND GUARDIAN werden im Frühjahr 2002 wieder ein heissersehntes Album auf den Schrein der Fans setzen. Es hat mal wieder viele Jahre der Spannung gedauert. Ob sich diese lohnt und wieviel Erwartungen wir in das neue Album setzen können, zeigt uns nun als Vorgeschmack die Single "And Then There Was Silence" der vier Krefelder .
"And Then There Was Silence" ist nicht irgendein neuer BG-Song. Nein! Es ist der epischste und längste Guardian-Song, der das Fan-Herz je erfreute! Ganze 14:07 Minuten dauert diese bombastische Ausschweifung über die griechische Mythologie des Trojanischen Krieges, aus der Sicht der Kassandra (anlehnend an die Ilias vom ollen Griechen Homer).
Episch, bombastisch, ausschweifend, langatmig, dramatisch, komplex, lang, fett und einfach genial sind alles Attribute, die diesen Song treffend beschreiben!
Eine Stärke von BLIND GUARDIAN war es schon immer sehr verschachtelte, epische und komplexe Songs zu schreiben. Was in einem BG-Song steckt, damit würden andere Bands ganze Alben füllen. Doch diesmal hat Hansi Kürsch, Sänger, Bassist und Schreiberling, das ganze in eine andere Dimension befördert. In "And Then There Was Silence" ist soviel Energie, Aussage und musikalischer Genius vereint, wie sonst in einem ganzen BG-Album!
Im Song beginnt zuerst alles recht gemäßigt. Hansi glänzt durch klaren Gesang, dann die ersten Chöre, die ersten Gitarren krachen los, die Dramatik beginnt, das erste Gitarrensolo, die Chöre treiben an, der Song verdichtet sich, alles wird energischer, die orchestralen Einlagen werden dominanter, dann wieder die Gitarren, die das Tempo antreiben - doch dann, nach ca. 2:30 Minuten wird das ganze Dramagerüst wieder durch eine unerwartete Sanftheit durchbrochen. Der Song baut sich wieder auf, die Stoy bekommt wieder an Drive, es brechen wieder die epischen Chöre und Songstrukturen aus, die Dramaturgie hält sich, wird aber immer wieder durch kurze, ruhigere Passagen nach unten gedrückt. Das Spiel wiederholt sich, ohne aber dabei musikalisch langweilig zu werden, wobei aber jedem klar ist: hier wird bald viel passiern!
So geht das Spiel immer wieder hin und her, trotz alledem wird die ganze Sache immer angespannter - man wartet auf den großen Knall.
Das Stück ist mehr wie ein moderner Krimi, bei dem es mehrere Hochpunkte gibt (mit einem finalen Höhepunkt), welche immer wieder durch Zwischenparts verbunden werden, und nicht wie ein klassisches Drama aufgebaut - auch wenn man das bei dieser klassischen Vorlage vermuten möchte.
Bei ca. 10 Minuten kommt dann der Erlösungshöhepunkt - hier wendet sich die angespannte Erwartung in eine fröhliche Auflösung, die bis zum Ende zelebriert wird.
Wow! Schweissgebadet endet dieser Titel, uff.
Hier wird einem mal wieder klar, was schon lange der Traum und Ziel der sympathischen Barden aus dem Ruhrpott ist: eine Fantasy-Metaloper epischen Ausmasses - aber dies mit überwältigender Klasse!
Und man fragt sich mal wieder, warum BLIND GUARDIAN nicht den Soundtrack zum "Herr Der Ringe"-Film machen, der diese Weihnachten startet. Fähig dazu sind sie allemal, dass haben sie uns schon oft genug bewiesen - auch dieses Mal!
"And Then There Was Silence" ist wieder ein typischer, fett produzierter BG-Song, den man jahrelang hören kann und dabei immer wieder was Neues entdeckt, da man diese wahnsinnig komplexen Strukturen nicht auf die ersten male Hören durchschauen kann - hierzu passiert einfach zuviel!
Stilistisch reiht sich der Song wunderbar in die musikalische Fortsetzung von "Nightfall In Middle Earth". Hier kann man den gernverwendeten Ausdruck der 'konsequenten Weiterentwicklung' verwenden - und hier passt er wirklich! Ja, dieser Song ist einfach superfett!
Daß das aber nicht jedermanns Meinung ist, kann man in diversen Foren nachlesen. Wer aber die songschreiberische Entwicklung von BG schon länger verfolgt, dem war klar, daß es so episch-bombastisch weitergehen würde.
BLIND GUARDIAN übertreffen sich jedes mal auf's Neue und gehen dabei immer ihren eigenen Weg, abseits von allen epischen Hollywood-Trallala-Powermetal-Heroen.
Hansi's Gesang ist nun klarer und noch feiner moduliert als auf den anderen Scheiben, und erinnert mehr an sein Sideproject DEMONS & WIZARDS mit Jon Schaffer (ICED EARTH), als an alte BG-Scheiben.
Das einzige, was mich an dem Song stört, ist der Einsatz von Keyboardklängen, die in heutigen Zeiten eher gewöhnlich klingen - das ist unter dem Niveau, auf dem sich das restliche Material befindet!
Neben diesem Mammutsong ist noch "Harvest Of Sorrow" auf der Single. Ein wunderschönes, romantisches, mittelalterlich angehauchtes Lied.
Macht bei diesem Song das Licht aus, verteilt ein paar Kerzen im Raum und geniesst einfach nur.
"Harvest Of Sorrow" passt in die Reihe der atmosphärischen BG-Titeln im Stile von "Bard's Song", "A Past And Future Secret" oder "Nightfall", wobei es aber kein typischer Live-Mitsinger ist.
Als Dreingabe gibt's dann noch "Born In A Mourning Hall" (von der "Imagination from The Other Side") als Quicktime-Videoclip.
Musikalisch ein Kracher, Clipmäßig mau - aber deswegen hat man sich ja nicht diese Single gekauft!
Fazit: Diese Scheibe macht deutlich Apetitt auf mehr - viiiiiel mehr!
Anspieltipps: Bei zwei genialen Liedern fällt die Auswahl nicht schwer ;)
- Redakteur:
- Jürgen Kroder