BLINDEAD - Affliction XXIX II MXMVI
Mehr über Blindead
- Genre:
- Progressive Metal / Noise
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Mystic Production
- Release:
- 16.03.2011
- Self-Consciousness Is Desire And
- After 38 WWeeks
- My New Playgroundd Became
- Dark And Gray
- So It Feels Like Misunderstanding When
- All My Hopes And Dreams Turn Into
- AFFLICTION XXVII II MMIX
Schwerer Fall - sehr schwerer Fall!
Dass BLINDEAD anno 1999 eigentlich nur als Fun-Kapelle gegründet wurden, kann man sich aus heutiger Sicht kaum mehr vorstellen. Erst mit dem Release des Debütalbums "Devouring Weakness" schien die Sache größere Gestalten anzunehmen. Inzwischen hat das einstige Nebenprojekt von Ex-BEHEMOTH-Musiker Mateusz Smierzchalski absolute Priorität und ist fast noch ambitionierter am Werk als die ehemalige Kapelle des versierten Gitarristen. Das dritte Werk "Afflicion XXIX II MXMVI" ist nämlich nicht nur ein unheimlich schwer erfassbarer Prog-Metal-Brocken, sondern die vielleicht lohnenswerteste Scheibe im noisigen Klangwald seit etlichen Jahten.
"Affliction XXIX II MXMVI" erzählt die Geschichte eines jungen autistischen Mädchens, welches auf seiner Suche nach Verständnis mit den bizarren Gegebenheiten des Alltags konfrontiert wird - und entsprechend dem teils sehr zwanghaft veranlagten Krankheitsbild nehmen auch BLINDEAD dieses Thema sehr verstört und mit großer Experimentierfreude in ihren Sound auf. Die Songs folgen dabei einem durchgängigen Muster, welches die Platte bedingungslos als Gesamtwerk charakterisiert, in dem die Story fortlaufend erzählt und die einzelnen Stimmungsbilder konsequent aufeinander abgestimmt werden.
Vergleichsweise ruhig und bedacht ist vielleicht deswegen auch der Einstieg in die interessante Thematik gewählt, bevor sich der lange Opener 'Self-Consciousness Is Desire And' dann auch in eine eindringliche Riffmauer verwandelt, deren Züge die Brachialität und kontrollierte Gewalt solcher Bands wie MASTODON und NEUROSIS ins Gedächtnis ruft. Post-apokalyyptisch auf der einen Seite, dann aber auch wieder griffig und mit einer nachvollziehbaren Logik ausgestattet versuchen BLINDEAD immer wieder konventionelle kompositorische Grenzen aufzureißen, sie aber durchgängig mit einer beklemmenden, teils auch sehr beängstigenden Atmosphäre auszustatten. Dabei sind selbst einige eher entspannte Parts möglich, wie es beispielsweise in 'After 38 Weeks' der Fall ist. Alle Mittel scheinen recht, um die Spannung aufrechtzerhalten, dies aber zu keiner Zeit auf Kosten der Homogenität des Gesamtkonzepts. Selbst eine sehr experimentelle, an sich bedächtige Nummer wie 'Dark And Gray' bietet in diesem Zusammenhang keine zu krassen Kontraaste, sondern fügt sich nahtlos in die eindringliche Tonkunst von "Affliction XXIX II MXMVI" ein.
Lediglich in den Schlussminuten wird die Geschichte ein Stückchen zu weit gestreckt; der vermeintliche Titelsong lässt ein wenig Intensität vermissen und kann der immerzu innovativen Arbeit keine spannungsvollen Nuancen mehr hinzufügen. Dies ist im Hinblick auf den schweren Brocken, den man bis hierhin hat schlucken müssen aber durchaus legitim. Einmal noch durchatmen, die Riffgewalt ein letztes Mal spüren und schließlich Zeit zum Erholen finden. Doch "Affliction XXXIX II MXMVI" fordert am Ende immer mehr, will entdeckt, analysiert und schließlich bis ins letzte Detail genossen werden. Doch diese Wohltat erfordert neben Geduld auch den schonungslosen Willen, das anzunehmen, was BLINDEAD hier verkaufen - und das ist ein Anspruch, den selbst der verwöhnte Prog-Metal-Fan bei diesem Gewaltakt erst einmal aufbringen muss.
Dem finalen Produkt liegt schließlich noch ein 40-seitiges Booklet mit allen Hintergründen zur Story bei. Ein Kunstwerk? Ja, auf jeden Fall!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Björn Backes