BOLT GUN - The Tower
Mehr über Bolt Gun
- Genre:
- Post Metal / Noise / Sludge
- ∅-Note:
- 6.50
- Label:
- Avantgarde Music
- Release:
- 15.09.2023
- The Tower
- The Vulture
- The Sacred Deer
- The Scapegoat
- A Faint Red Glow
Tiefschwarze Reise im Nachklang der erloschenen Menschheit.
Mehr Atmosphäre denn Struktur, mehr Experiment als klassisches Songwriting, mehr Noise als Metal, weniger Ziel, mehr Weg – "The Tower", BOLT GUNs dritter Langspieler, ist wahrlich nichts für Gelegenheitskonsumenten. Vermutete ich anfangs noch, auf einen Vertreter ausufernder Sludge- und Post-Metal-Kompositionen wie HUNDRED YEAR OLD MAN oder NEUROSIS gestoßen zu sein, stellte sich schon im Verlauf des dreizehnminütigen, eröffnenden Titeltracks heraus, dass die Australier noch weniger für konventionelle Songstrukturen übrighaben als die genannten Bands und meine Erwartungen entsprechend ad absurdum führten.
Die Szenerie wird dominiert von sphärisch-hallenden Flächenklängen, immer wieder durchbrochen durch ziellos-brutale Schlagzeugeinlagen, Gitarrengeschrammel und bis zur Unkenntlichkeit verzerrtes Geschrei. Manchmal tauchen zudem Jazz-Intermezzi auf, wodurch eine stilistische Einordnung des Albums zusätzlich erschwert wird. Zwischen Post Rock, Noise, Black Metal und Sludge spielt sich die Reise ab, die zwar gelegentlich durch harsche, misanthropisch-nervenzerfetzende Lärmeinlagen erschwert wird, alles in allem aber vor allem ziellos durch eine kalte, entvölkerte, postapokalyptische Welt führt. Hier gibt es nichts zu sehen, nichts zu erleben, nur nachhallende Klänge als letztes Zeugnis der verblichenen Menschheit zu vernehmen. Zwischendurch werden wir den grauenhaftesten Rasereien unserer Spezies gewahr, beispielsweise in den furchtbaren Gemetzeln bei 'The Sacred Deer'. Aber nach dem letzten aufwühlenden Aufbäumen bei 'The Scapegoat' bleibt nichts weiter übrig als ein schwaches, rotes Glimmen – 'A Faint Red Glow', bei dem über zehn Minuten nur ein einzelner langgezogener Flächenklang zu hören ist, der von nachdenklich verklingenden Saxophonvariationen umspielt wird.
Weiterempfehlen kann ich "The Tower" nicht uneingeschränkt; dafür packt mich das Album zu wenig, steckt mir zu wenig Dramaturgie in den ausufernden Kompositionen, stößt mich der garstige Schreilärm zu stark ab. Atmosphärisch haben wir es aber mit großem australischen Kino zu tun, und daher können Freunde von Post-, Black-, Noise-, Sludge- und anderen extremeren, atmosphärisch gelagerten Metal-Formen hier durchaus hineinhorchen.
- Note:
- 6.50
- Redakteur:
- Timon Krause