BROWNING, THE - Geist
Mehr über Browning, The
- Genre:
- Trancecore / Industrial
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Spinefarm Records / Universal
- Release:
- 26.10.2018
- Sick Minds
- Beyond Stone
- Final Breath
- Ever Lost
- Optophobia
- Awaken The Omega
- Hellblade
- Carnage
- Geist
- Noctis
- Amnesia
- Skybreaker
Wenn schon Trancecore, dann THE BROWNING!
Im Schnitt alle zehn Jahre malen Traditionalisten im Metal-Lager den Ausverkauf ihrer Nische durch eine neue musikalische Spielart an die Wand: Grunge war Kinderkram für Heulsusen, Nu Metal schon beinahe Satanszeug, Metalcore lächerliche Trendanbiederung... Vielleicht sind die Trve-Metaller der Empörung mittlerweile müde geworden, denn ich persönlich hätte die Verschmelzung von Techno-Sounds, Breakdowns und Groove-Metal-Riffs vor einigen Jahren geschmacklich als noch größere Zumutung eingestuft – doch der große Aufschrei der Traditionshüter angesichts des kurzlebigen Trancecore-Trends blieb aus. Hat man sich an die Genrevielfalt mit der Zeit doch gewöhnt? Oder sind Blödelkapellen wie ESKIMO CALLBOY einfach noch weniger ernst zu nehmen wie rotbemützte Rap-Rocker? Wahrscheinlich ist dieser Nebenzweig einfach zu klein und zu wenig präsent in der Öffentlichkeit, als dass er außer die Festivaljugend heuer irgendwen noch kratzen würde. Mit THE BROWNING gibt es aber zumindest eine Band, die in dieser Spielart die letzten Jahre über ernst gemacht hat und die ihre humorfreie Gewissenhaftigkeit auch mit Album Nr. 4 unter Beweis stellt.
"Geist" ist in meinen Ohren die bisher ausbalancierteste Platte der Amis; die Synthie-Sounds fallen nur noch an wenigen Stellen quietschig-nervig aus, die Songs sind zweckdienlich und kompakt gehalten und gehen gut in Ohr, Bein und Nacken. 'Sick Minds' eröffnet den Zwölftracker mit einem zwar schon endlose Male gehörten Stampfer-Riff, reißt aber mit dynamischem Groove und den gefestigten Shouts des von einer Gesichtslähmung genesenen Jonny McBee gleich von Anfang an mit und gibt die angenehm metallische Ausrichtung des Albums vor. Interessanter wird es aber bei kontrastreicheren Nummern wie dem folgenden 'Beyond Stone', wo den harschen gutturalen Vocals eine zerbrechliche weibliche Stimme entgegen gesetzt wird, oder wenn McBee selbst in eine raue Klargesangslage wechselt, wie bei 'Final Breath' oder 'Optophobia'. Richtig wavig-industriell wird es nur beim düsteren Titeltrack (was mich nicht wirklich stört), und mit dem überzogenen 'Amnesia' setzt THE BROWNING diesmal nur eine einzelne Nummer komplett in den Sand.
Natürlich scheiden sich die "Geister" vor allem an der Frage, ob Trance- und Dubstep-Elemente Platz in einem Metal-Cocktail haben dürfen oder nicht. Dass die Möglichkeiten dieser Spielart stark begrenzt sind, zeigt sich an der limitierten Entwicklung von ESKIMO CALLBOY, WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER & Co. Da müssen wenigsten die Genre-Trademarks zuverlässig und ordentlich bedient werden – und THE BROWNING kann in diesem Zusammenhang durchaus liefern. Doch auch die Truppe aus Kansas City ist nicht in der Lage, einen Langspieler durchweg fesselnd und abwechslungsreich zu gestalten; das Techno-Beat-über-Metal-Riff-Schema bietet einfach zu wenig Spielraum (unerwartete Ausnahme: die gelungene Rap-Einlage bei 'Carnage'). Mir persönlich geht der sterile, höhenlastige Genresound nach spätestens einer halben Stunde ohnehin auf den Keks; hier sind Industrial-Fans vielleicht noch belastbarer.
Einige richtige Knallersongs (das ebenso brachiale wie melancholische 'Awaken The Omega' oder die geradezu feierlich-tragischen 'Noctis' und 'Skybreaker') springen dennoch am Ende heraus, daneben bleibt viel ordentliches Füllwerk und somit unterm Strich der beste Longplayer, den ich in dieser Spielart bisher gehört habe. "Geist" dürfte der perfekte Soundtrack für die vernebelte Dark-Wave- und Metal-Disco sein und live aufgrund der eingängigen, headbangtauglichen und anspruchslosen Ausrichtung ordentlich abräumen.
Anspieltipps: Awaken The Omega, Skybreaker, Beyond Stone
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Timon Krause