BUTTERFLY EFFECT, THE - IV
Mehr über Butterfly Effect, The
- Genre:
- Alternative Progressive Rock
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Eigenproduktion
- Release:
- 02.09.2022
- IV
- Dark Light
- Wave Of Tides
- Nil By Mouth
- The Other Side
- So Tired
- Unbroken
- Great Heights
- Start Again
- Visiting Hours
Endlich.
Gut Ding will Weile haben. heißt es. Offensichtlich gibt es dieses Sprichwort auch in Australien, denn bereits in 2017 gab es die Wiedervereinigung mit Sänger Clint Boge und in 2019 wurde der erste Song 'Unbroken' vorgestellt, seit dem letzten Album "Final Conversation Of Kings" sind sogar satte 14 Jahre vergangen und nun liegt endlich, endlich auch "IV" vor.
Und obwohl Bands wie die VON HERTZEN BROTHERS oder THRESHOLD in diesem Jahr mit neuen Alben vorstellig werden, habe ich wohl auf kein Werk so hingefiebert wie auf "IV", immerhin war THE BUTTERFLY EFFECT zusammen mit COG der Auslöser schlechthin für meine im Jahr 2009 beginnenende und heute immer noch anhaltende Liebe für den alternativ-progressiven Sound aus Down Under. Dass ich heute Bands wie DEAD LETTER CIRCUS, THE STRANGER, TRANSIENCE oder BREAKING ORBIT verehre, hat hier seinen Ursprung. Noch verstärkt wurde diese Vorfreude von den vorab veröffentlichten Songs, derer es gleich vier gab.
Wenn dann das 'IV' betitelte Intro das Album eröffnet, bauen diese beinahe drei Minuten bereits eine greifbare Spannung auf. Es ist eine ganze Weile her, dass ich tatsächlich so etwas wie Nervosität verspürt habe, wenn ein neues Album einer Lieblingsband anstand. Hier ist das der Fall. Es geht sehr bedächtig los: Akustikgitarre, eine gepfiffene Melodie, Violine, etwas Lautmalerei, das Schlagzeug setzt ein, eine Steigerung und schon bevor Clint Boge das erste Wort singt, bin ich verliebt. Ab hier und jetzt bin ich im Rausch.
Schon das folgende 'Dark Light' zeigt alles, was THE BUTTERFLY EFFECT ausmacht: Boges emotionale, dynamische Vocals, Kurt Goedharts akzentuiertes Saitenspiel, der Groove von Ben Hall (Drums) und Glenn Esmond (Bass). Vom Härtegrad erinnert der Song eher an Songs von der EP oder dem Debütalbum "Begins Here", was aber nicht überrascht, wenn man weiß, dass die Band mit dem Jahrhundertalbum (Ja, wirklich!) "Final Conversation Of Kings" nicht mehr so glücklich ist, was sicher den internen Spannungen zwischen Boge und dem Rest der Band geschuldet war.
'Wave Of Tides' ist gerade in der Gitarrenarbeit etwas progressiver und hat dabei sogar etwas von Bands wie RISHLOO oder KARNIVOOL, bevor Clint Boge bei 'Nil By Mouth' seine aggressive Seite, die auf "Imago" und "Final Conversation Of Kings" komplett ausgespart wurde, wieder voll ausleben darf. Wenn er 'I don't care about the new sensation - pornographic exploitation - for the YouTube generation' singt, ist die Wut auch angebracht. Wenn es später heißt 'what would you do - if the world was watching you now? - would you sell your soul for a million views', ist es beinahe bizarr sich dabei die mitsingenden Kids und Jugendlichen von heute bei einem Konzert der Truppe vorzustellen. So plakativ sind die Texte sonst nicht ausgefallen, sondern meist mit einer gewissen Poesie versehen, was gerade das wunderbare, folgende 'The Other Side' beweist, das wahrscheinlich zu den Tracks gehört, die die Band direkt im Anschluss an "Final Conversation Of Kings" und somit vor dem Split geschrieben hat.
Ist diese erste Hälfte des Albums schon großartig, muss man sich ab jetzt warm anziehen. 'So Tired' verbindet die Aggression von 'Nil By Mouth' mit einem wunderbar einschmeichelnden Chorus, einer atmosphärischen Bridge und dem Versprechen 'It's not over now'. Gott sei Dank! 'Unbroken' kennen die Fans natürlich bereits seit einigen Jahren und in der Zeit hat sich dieser Hit keine Sekunde abgenutzt. Ein Ohrwurm vor dem Herren, der bei mir sicher bereits eine dreistellige Anzahl an Spins hat. Der "Test of Time" ist also bestanden.
'Great Heights' wohnt eine gewisse Schwere inne, die vor allem Kurt Goedhart zu verantworten hat. Ein weiteres Plus ist, dass Clint Boge im Gegensatz zu vielen australischen Gesangskollegen eine sehr klare, akzentuierte Aussprache hat und zu keiner Sekunde nuschelt. Überhaupt ist der Mann ein absoluter Genuss am Mikro. Mal aggressiv, mal kraftvoll, immer voller Emotion und wenn er leidet, dann so schön wie kein Zweiter. 'Start Again' wäre natürlich auch ein äußerst programmatischer Titelsong geworden, aber vor allem ist er schlicht großartig. Auch hier ist es die Kombination aus Wort und Ton, die perfekt ist: 'please believe me I tried - I didn't fail just ran out of time'. Ja, so spielt das Leben manchmal.
Das abschließende 'Visiting Hours' war - neben 'Nil By Mouth', 'So Tired' und 'Unbroken' - einer der vorab ausgekoppelten Songs und hat spätestens beim zweiten Durchlauf bei mir den Thron in der Kategorie 'Song des Jahres' eingenommen. Der leise Beginn, die Steigerung, das Solo, diese Vocals, der Text, ich kann mich an dem Song gar nicht satt hören. 'Was it worth waiting for?' fragt Clint Boge in der Nummer. Oh, ja, und ob es das war!
Der einzige Wermutstropfen ist, dass das Album physisch bisher nur in Australien erschienen ist und in unseren Breitengraden lediglich als Stream und Downlaod zur Verfügung steht. Ich selbst habe CD und Shirt via der Homepage der Band bestellt, aber das ist inklusive Versand und Zoll eben doch eine nicht ganz günstige Angelegenheit. Davon abgesehen, ist "IV" genau das Album, das Fans von THE BUTTERFLY EFFECT erhoffen durften. Ein nächster Klassiker in der Banddiskographie. Nur THRESHOLD wird es dieses Jahr bei mir vom Thron verdrängen könne
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Peter Kubaschk