CAMP JASON - Get Rid Of It
Mehr über Camp Jason
- Genre:
- Crossover/Death/Core
- Label:
- STF-Records
- Release:
- 30.10.2006
- Surrender
- Little Sweety
- Mock Me
- Stiff
- Fallen Angel
- One
- Fiftyfive
- Target Your Benefits
- Freeloader
- These Days
Crossover ist ein ausgefranster Begriff. Nachdem BIOHAZARD, FAITH NO MORE, WALTARI aber auch SUCH A SURGE und RAGE AGAINST THE MACHINE durchaus als Crossoverbands bezeichnet wurden und werden, hebt sich die Bezeichnung irgendwie selbst auf. Was soll das überhaupt sein, Crossover?
Fakt ist ja, dass sich sämtliche Typen, die sich musikalisch auf der Suche nach der ultimativen Hartmusik in irgendwelchen verrauchten und alkoholverseuchten Clubs herumtrieben, eine Vielzahl Stile verinnerlicht haben. Im CAMP JASON sind solche Typen zu einer Horde zusammengewachsen, die beschlossen hat, umgehend auf CDs oder Bühnen zu erscheinen. Das Sammelsurium ist auch ein solches, sowohl von den einzelnen Subjekten wie auch von der Stilbreite her. Und die Bremer stellen sich ziemlich breit auf. Da grummeln sich postmoderne Gitarrenduette in einen Fünfminüter, der zu einem doomigen Gewühl anschwillt, ein Erzähler wuchtet seinen Text daher, bei Minute 3.30 mufft er ein Deathmetal-Riff an und bis zum Schluss gibt's eins mit dem Knüppel. So also "Fallen Angel". Die anschließende Kraftmeierei nervt dann, der Song 'One' macht seine folgenden schön einfachen Strukturen damit eigentlich kaputt. Das aber eigentlich könnte schön nach vorn gehen und ein vorbühnliches Springen wäre vorprogrammiert.
Wenn die Unterbrechungen zwischen den einzelnen Songbaussteinen zu extrem ausfallen, dann wendet sich der Hörer gern mal ab von diesen dann zu anstrengenden Konstruktionen. Leider hören sich nun mal "motherfucker", "fucking time" oder "face to face", wenn's irgendein sich böse fühlender Gangsta aus dem Maul presst, schon reichlich überholt und beknackt an. Da wirkt es eben noch knäckebrotiger, wenn es dann noch Nicht-Gangsta versuchen. Ich find's überholt und frage mich gerade wieder, warum nicht in kkrrrääffttiiggemm Deutsch geflucht wird. Damit meine ich nicht den oberdoofen Achim Deutschland, der nun nach musikalischen "Fick dich, Schlampe"-Sprüchen als Castingkasper verknusperten Heulbojen Bezahlapplaus geben muss, sondern mal ein richtiges musikalisches Wutstück mit dem Wort "Scheiße" im Refrain! So herrlich geflucht, dass wir die Augen verdrehen. Gab's lange nicht mehr.
Wer sich anstrengt, kann einige herrlich befreiende Fluchspuckereien anbieten oder Verwünschungsformeln abfassen. Auf das ewig selbe pseudoböse Vokabular der Amighetto-Musikkultur zurückzugreifen, finde ich ermüdend. Was dagegen im CAMP JASON richtig scheppert, sind teilweise die Be-Rifflichkeiten. Nicht neu, aber passt. Teilweise im Chor rufen Teile der Band Refrainzeilen aus, was mich im ersten Durchlauf wirklich an den BIOHAZARD-Stil erinnert hat. Das ist als Vorbild nicht als Getue abzuweisen, sind das doch in ihren Hochzeiten stilbildende Ikonen gewesen. Aber ich habe Mitglieder dieser Brooklyn-Posse oft in Interviews ironisch mit dem Harte-Männer-Image umgehen gesehen. Das wirkte dann auch authentischer. Immer kämpfen und Gegner haben, das hält auch der fieseste Ruhrpöttler nicht auf Dauer durch. Dann schon eher Beckschen trinken und überlegen, was auf eine weiße Mauer zu sprühen ist.
Die sechs Wilden der Band können unter Garantie gute harte Mucke ersinnen und erspielen, sie sollten aber doch ihren Stilmix etwas eingrenzen. In meinen Ohren überwiegen Deathmetalfragmente deutlich, das New-Metal-Geboller passt, gut eingefügt, eigentlich immer. Die HC-Gemeinde wird sich mit dem Gemisch schwer tun, über Crossover habe ich mich ja schon ausgelassen.
Für eine "Hetzjagd durch alle Höhen und Tiefen" (Zitat Bandinfo) meiner Gefühlswelt reicht die Musik von CAMP JASON nicht, dafür ist der Musikansatz zu eintönig. Wenn sich an der einen oder anderen Stelle zurückgenommen und auch mehr Ohrenmerk auf ein ausgefeilteres Zusammenspiel gelegt wird, so ist da noch viel guter Krach zu holen. Bis jetzt aber kann ich den breiten Anspruch der Band, vielfältig und stilübergreifend zu operieren, nicht unterschreiben.
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben