CANAAN - The Unsaid Words
Mehr über Canaan
- Genre:
- Melancholic Metal
- Label:
- Eibon Records / SPV
- Release:
- 10.02.2006
- The Wrong Side Of Things
- The World Of Mine
- Sterile
- The Possible Nowheres
- Fragment #1
- Senza Una Risposta
- Fragment #2
- Fragile
- Fragment #3
- In A Never Fading Illusion
- Just Another Noise
- Il Rimpianto
- The Unsaid Words
- Fragment #4
- Never Again
- Nothing Left (To Share)
Musik, die sanft fällt. Musik, die weich ist. Musik, die in die Untiefen der Seele hineinfühlt. So lässt sich das fünfte Werk von CANAAN beschreiben. "The Unsaid Words" heißt es. Auf dem Cover kauert ein gemalter Junge in der dunklen Ecke eines düster-bläulichen Raums und blickt scheinbar verwirrt neben sich auf ein Blatt Papier. Darauf liegt ein Füllfederhalter. Was ist dem Kind widerfahren? Hat seine große Jugendliebe ihm einen Abschiedsbrief geschrieben? Oder ein geliebter Elternteil Selbstmord verübt? Solche Fragen sind es, denen die todtraurige Musik von CANAAN genügend Raum gibt. Minuten für Selbstreflexionen, ebenso für schwerste Depressionen, aber auch Zeit zum Baumeln der Seele.
Denn: Die Platte beansprucht zwar Aufmerksamkeit, aber nur wegen ihrer Ruhe. Die italienische Band übt sich in extremer Melancholie, wilde Gitarrenläufe sind nicht die künstlerische Sprache von CANAAN. Lieber schwelgen sie in verträumten Tönen, sanften Drums und wohlgesetzten Gitarrenarrangements. Mauro, der Sänger, erhebt dazu dann und wann seine klare und dunkle Stimme, singt seltsam ergreifend von den ungesagten Worten das Albumnamens. In ihrer Traurigkeit wirkt die Band jedoch zu keiner Zeit aufgesetzt, vielmehr eben unendlich deprimiert, ehrlich depressiv bis zum Ende. Für die nötige Abwechslung der sehr ruhigen Atmosphäre sorgen neben den herrlichen Harmonien einige dezente Samples, ebenso brilliert ein hintergründiges Keyboard durch seine klugen Einsätze. Zwischendurch gibt es wiederum ganze Parts, die rein akustisch gehalten sind, etwa das von einer nervösen Geige dominierte 'Sterile'. Bei den zwei rein italienischen Stücken 'Senza Una Risposta' und 'Il Rimpianto' darf sich sogar ein Gastsänger versuchen - auch für seine wunderbare Stimme scheinen die Stücke extra wie geschaffen, wie grandiose Traumkollagen zieht der Sound darin durch die Ohren.
In solchen Momenten werden freilich Erinnerungen an ANATHEMA wach. Mit dieser Ausnahmeband zu ihrer besten Zeit - ihr "Judgement"-Album - lässt sich die Musik von CANAAN noch am ehesten vergleichen. Hier geht es um die Stärke von Gefühlen, 71 Minuten lang wird die Kraft der Melancholie vertont. Die Gedanken schweifen. Hin zu den Kriegen dieser Welt, zu Kindersoldaten in Uganda, zu jungen Selbstmordattentätern, die nie das Lachen eines Enkels hören werden. CANAAN scheinen all die Tragödien der Erde in ihren Elegien an den Weltschmerz zusammenzuführen. "The Unsaid Words" ist aus dieser Sicht betrachtet ein düsteres Requiem mit wenig Hoffnung auf bessere Zeiten, in den Klängen dieser fünf virtuosen Musiker finden positive Gefühle nur selten einen Platz. Doch in solchen sehr seltenen Momenten wirkt die Platte besonders berückend, als Kontrast gegen die allumfassende Traurigkeit. Vielleicht sind diese akustischen Lichtblicke aber auch nur eingebildet, weil das Hirn es nicht fassen will, dass bei CANAAN nur Schmerz und Tristesse regieren. Musik wird so zur Seelentherapie. Grandios.
Anspieltipps: In A Never Fading Illusion, Sterile, Never Again, Senza Una Risposta
- Redakteur:
- Henri Kramer