CELTIC FROST - Vanity / Nemesis
Mehr über Celtic Frost
- Genre:
- Black / Thrash / Extreme Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Noise Records / BMG
- Release:
- 30.06.2017
- The Heart Beneath
- Wine In My Hand (Third From The Sun)
- Wings Of Solitude
- The Name Of My Bride
- The Island Earth
- The Restless Seas
- Phallic Tantrum
- A Kiss Or A Whisper
- Vanity
- Nemesis
- Heroes
- A Descent To Babylon (Babylon Asleep)
Rerelease eines vergessenen Albums der Schweizer Metal-Heroen.
CELTIC FROST ist eine der wichtigsten Metal-Bands aller Zeiten. Punkt. Wenn man den Einfluss auf Death und Black Metal anschaut, lässt sich diese Aussage quasi nicht verneinen. 1990 brachte man mit "Vanity / Nemesis" das vierte Studio-Album auf den Markt, doch anders als die Vorgänger wird es fast nie erwähnt. Während die ersten beiden Platten (samt den zu ähnlicher Zeit veröffentlichten EPs) Kult-Status haben, gilt "Cold Lake" als der große Flop. Als Spätgeborener lernte ich die Band 2006 mit dem überragenden Comeback "Monotheist" kennen und durfte mich nun im Zuge der Noise-Rereleases erstmals mit diesem Album auseinandersetzen.
Ich hatte zunächst wenig Erwartungen. Das liegt zum einen daran, dass ich "Monotheist" und "To Mega Therion" wirklich überragend finde, zum anderen aber auch daran, dass ich bisher immer eher enttäuscht wurde von "Into The Pandemonium". Nun also "Vanity / Nemesis", und zwar im schicken Digi-Rerelease. Anders als bei KREATOR wurde das Artwork nicht ruiniert, es gibt viele Linernotes und alte Fotos. Und mal ernsthaft: Gut, dass die Jungs die Frisuren von damals nicht mehr haben!
Nun aber zur Musik: Die zehn Original-Songs sind natürlich alle drauf, dazu gibt es zwei Bonus-Nummern. Insgesamt nimmt das Album eine thrashigere Richtung ein als die Vorgänger. Der Opener 'The Heart Beneath', der mit dem so bandtypischen "Uargh" beginnt, überrascht durch die fast melodischen Vocals und ein beinahe punkiges Flair. Ohne den Eröffnungsschrei würde ich nicht an CELTIC FROST denken, aber rein von der Qualität ist das ziemlich cool. So ist die Marschrichtung des Albums vorgegeben: Es muss nicht an die Alttaten angelehnt sein, aber die Grundqualität ist hoch. Ich muss sagen: Nach mehreren Hördurchgängen bin ich ziemlich begeistert! Die trockene Produktion, die melodischen Gitarrensoli, der etwas eindimensional, aber echt klingende Drumsound, die enorm "amerikanischen" Thrash-Riffs - irgendwie wirkt es stimmig, auch wenn ich das Gefühl habe, einer anderen Band zu lauschen.
Erst mit 'Wings Of Solitude', das etwas langsamer ist, fühle ich mich endlich wieder richtig an CELTIC FROST erinnert - zumindest am Anfang. Dann folgen ungewohnte Damenvocals und hairige Chöre. Wieder völlig anders. Und wieder cool. Das weinerliche 'This Island Earth' klingt wie ein Vorgriff auf die folgenden Jahre. Nicht mein Jahrzehnt, aber irgendwie klappt selbst diese Grunge-Nummer irgendwie. Trotzdem bin ich froh, dass 'The Restless Seas' wieder zurück in die Metal-Gewässer fährt. Rein vom Riffing denke ich an härtere Euro-Metal-Truppen wie RAGE. Aber das schreibe ich mal nicht zu groß in dieser Kritik... Die Nummer ist ziemlich geil, nicht nur wegen der Gitarren - auch der Gesang von Tom G. Warrior kann überzeugen. Gitarren sind auch der perfekte Einstieg in das rockige 'Phallic Tantrum'; eine sehr feine Nummer, die wieder ein etwas punkiges Flair hat. Mit 'A Kiss Or A Whisper' gibt es feinen angeschwärzten Speed Metal, der Anklänge an ganz frühe SLAYER-Sachen bietet. Ganz stark, ein echtes Highlight!
Zum Schluss setzt man mit 'Vanity' und 'Nemesis' einen über zehn Minuten langen Doppel-Abschluss des regulären Albums. Hier werden noch mal alle Register gezogen und wir verneigen uns vor einer großen Band des Metal-Zirkusses. Wieder gibt es mehr als nur eine Spur an klassischem Punk, und das steht den Schweizern ausgesprochen gut zu Gesicht. Wieder begeistern dabei die melodischen Gitarrensoli (die natürlich im Punk keinen Platz hätten). Der schöne Gitarreneinstieg in die Schlussnummer hat sogar BATHORY-Größe. Beachtlich. Insgesamt ein ganz starker Abschluss mit einer stampfenden Nummer.
Als Bonus gibt es mit 'Heroes' ein DAVID-BOWIE-Cover. Sicher nur auf den ersten Blick eine eigenwillige Titelwahl, denn die Künstler haben doch einiges gemeinsam. Ich bin kein BOWIE-Fachmann, aber diese Version klingt schon ziemlich cool und überraschend positiv. Mit 'A Descent To Babylon (Babylon Asleep)' endet auch der Bonus-Part, der es qualitativ definitiv in sich hat. Wer die beiden Songs noch nicht besitzt, kann durchaus überlegen, wegen der Nummern über einen Kauf nachzudenken, denn auch der Abstieg nach Babylon ist rockig, thrashig, bösartig - und progressiv. Hört euch mal die Damenvocals an und überlegt, von wann die Scheibe ist!
Ich muss zugeben: Das Album klingt nicht immer einheitlich in seinen vielfältigen stilistischen Einflüssen, aber trotzdem wirkt es in sich stimmig. Ich hatte wenig erwartet - und viel bekommen. Sicher wird es auch für andere Spätgeborene die erste Begegnung mit dieser Scheibe sein. Wenn ihr euch mit den CELTIC-FROST-Rereleases beschäftigt, wagt euch in die zweite Reihe und testet dieses Album an! Ihr werdet merken: Diese Truppe war abwechslungsreich, progressiv, kreativ, nie in Schubladen zu fassen - und dabei auch noch ziemlich stark. Daher auch: Ein absoluter sinnvoller, fein aufgemachter Rerelease.
Anspieltipps: Wings Of Solitude, A Kiss Or A Whisper, Nemesis.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Jonathan Walzer