CHANGELING - Changeling
Mehr über Changeling
- Genre:
- Progressive Metal / Death Metal
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Season Of Mist
- Release:
- 25.04.2025
- Introject
- Instant Results
- Falling In Circles
- World? What World?
- Metanoia Interlude
- Changeling
- Abyss
- Cathexis Interlude
- Abdication
- Anathema
Musikalisches Genie und eine Menge Wahnsinn.
Tom 'Fountainhead' Geldschläger hat in den vergangenen Jahren bei einigen Extrem-Metal-Acts Station gemacht. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, dass sich die Besetzung seines neuen Prog-Death-Projekts CHANGELING wie ein Who's who der internationalen Brutalo-Szene liest. So sind in seinen Reihen auch ehemalige und derzeitige Musiker von FEAR FACTORY, DARK FORTRESS und VIRVUM aktiv, und da haben wir die Liste der Gastakteure - mehr als 30 an der Zahl - noch nicht einmal erwähnt. Der einstige OBSCURA-Songschreiber hat seine Verbindungen genutzt, um sich mit tatkräftiger Schützenhilfe noch einmal völlig neu zu erfinden und seine Vision von verschachteltem Brutalo-Stoff in einem neuen Setting zu beleben. Und wenn "Changeling", das gleichnamige Debütwerk, sicherlich eines kann, dann jederzeit auf des Messers Schneide zwischen verspieltem Genie und brachialem Wahnsinn balancieren.
Erwartungsgemäß sind die zehn frischen Kompositionen im ersten Durchgang kaum zu greifen, weil Geldschläger wieder ordentlich gegen den Strich arbeitet, verzwickte Twists einbaut, das brutale Riffing immer wieder gegen asynchrone Grooves stellt, zeitgleich aber auch stilistische Experimente wagt, die weit über die Todesblei-Ursprünge hinausgehen. Dass einerseits atmosphärische Parts mit Post-Metal-Einschlag, andererseits aber auch thrashige Melo-Parts mit ungewissem Ende eingebaut werden, ist da längst noch nicht die Spitze des Eisbergs. Nein, es darf auch im Djent-Modus geackert, schwarzmetallisch das Fürchten gelehrt oder einfach nur raubeinig zwischen Doom und Sludge gerifft werden: Hauptsache man entfernt sich von allen konventionellen Methoden und formt eigene musikalische Welten. Der Wust der negativen Emotionen ist dabei allzu bestimmend, erschafft hierbei etwas sehr Beklemmendes, manchmal auch Beängstigendes, verläuft sich so manches Mal aber auch in den verspielten Instrumentalparts, die an allen Ecken lauern und immer wieder irrwitzige Kontraste erschaffen, die man in dieser Form nicht erwartet hätte. Und hier muss man dann auch die berechtigte Frage stellen, ob CHANGELING an manchen Stellen nicht vielleicht sogar zu weit geht und über das Ziel hinausschießt. Denn an dem Punkt, an dem die Extreme zu sehr gegeneinander steuern und die Platte keinen echten Durchblick mehr offeriert, stößt "Changeling" definitiv an Grenzen, manchmal auch an Grenzen des Erträglichen. Und dies betrifft in erster Linie die ziemlich wirren Arrangements im Schlussteil der Platte, der von jazzigen Strukturen und schwer nachvollziehbaren Wendungen gezeichnet ist. Handwerklich mag das alles grandios sein, aber zwischen Feeling und Sterilität herrscht hier ein ständiger Zweikampf, den die Band nicht imemr für sich entscheiden kann.
Andererseits lässt sich absolut nicht bestreiten, dass das Mastermind bei CHANGELING wieder einmal etwas sehr Eigenständiges, zu Teilen auch Erfrischendes, manchmal aber eben zu stark Forderndes geschaffen hat. Die Platte hat viele erhabene Momente, unterbricht sich aber auch mit einigen Fragezeichen, die bis zum Ende nicht ausradiert werden können. Von daher ist sowieso fix, dass man hier nur Freundschaft schließen wird, wenn es nicht abgefahren genug sein kann. Und abgefahren ist "Changeling" zweifellos - nur gelegentlich sogar zu krass!
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Björn Backes