CHRISTIAN DEATH - Deathwish
Mehr über Christian Death
- Genre:
- Gothic / Deathrock / Post-Punk
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Normal (Indigo)
- Release:
- 09.07.1990
- Deathwish
- Romeo's Distress
- Dogs
- Desperate Hell
- Spiritual Cramp
- Cavity
Klassiker.
"Deathwish" ist schon ein eigen Ding.
Die A-Seite mit 'Deathwish', 'Romeo's Distress' und 'Dogs' ist ziemlich eingängig gehalten, qualitativ durchaus hochwertig, treibend und auch recht atmosphärisch, wie man es von CHRISTIAN DEATH eben erwarten würde, aber eben doch vergleichsweise massentaugliches Material für die schwarze Szene.
Die wahren Perlen jedoch finden sich erst auf der B-Seite, nämlich das extrem beeindruckende, weil völlig fertig klingende 'Desperate Hell', der Band-Überhit 'Spiritual Cramp' und natürlich der Closer 'Cavity'.
Trotz dieser Gegenüberstellung funktioniert "Deathwish" als Mini-Album jedoch vorzüglich.
Denn irgendwie haben die Dekadenzmeister von CHRISTIAN DEATH es unbeschadet der unterschiedlichen Härtegrade der vorliegenden sechs Songs geschafft, unterschiedliche Klangwelten miteinander zu vereinen, über sämtliche Tracks hinweg einen gemeinsamen Bogen zu schlagen, dessen Stimmung allerdings nahezu unaufhaltsam abwärts geneigt ist.
Hören wir mal etwas genauer hin:
Der Titelsong & Opener stapft stoisch voran, das hat schon fast metallische Qualitäten, wäre da nicht das rotzig punk-jazzige Drumming. Wehmütige Schrammel-E-Gitarren und der apathische Gesang von Rozz Williams geben die Stimmung der EP vor. Danach zieht das Tempo mit 'Romeo's Distress' deutlich an, und auch Williams' Gesang steigert sich langsam aber sicher richtung Schrecken und Verzweiflung. Ein schön punkiger Pluckerbass trägt das Stück voran, während die Gitarren fast schon schrill darüber schmirgeln, schleifen und stressen. Der richtige Düstergroove ist dann mit dem morbiden 'Dogs' erreicht, hier zischelt und brodelt es bedrohlich, der Sound ist schwer vernebelt und hinterlässt einen giftig-metallischen Geschmack im Mund, in etwa wie ein Aluminium/Quecksilber-Gemisch mit einem Schmauch verschmurgelter Elektroplatinen im Abgang. Doch genug davon, denn jetzt wird's wirklich infernalisch, und kein klarkonturierter Rhythmus gibt dem Hörer mehr Halt, wenn 'Desperate Hell' schweflig heraufdampft und die Blaupause für zahllose halbgare Suicidal-Black-Metal-Epigonen liefert. Rozz Williams' Kehle verströmt hier die morbide Erotik eines magersüchtigen Chores derangierter, psychovampiresker Heroinschlampen mit einer erlesenen Sammlung schwärend nässender Geschlechtskrankheiten. Besser geht's nicht! Danach braucht es erstmal wieder einen Rhythmus zum dranfesthalten, auch wenn er rostig, schartig, blutig-glitschig und dreckig rasselnd daherkommt wie im getriebenen 'Spiritual Cramp', wo Rozz sich manisch in den abgründig strudelnden Schlund der Gitarren wirft und so richtig kaputt vom Leder zieht, während ringsum der schäbig durchlöcherte (Post-)Punk abgeht. Danach ist eh alles egal, CHRISTIAN DEATH hat auf voller Linie gewonnen und sich selbst und der Hörerschaft sowieso den kranken Kopf abgeschraubt. Aber "Deathwish" setzt noch einen drauf, mit dem kalten Katerkotzefrühstück für den Tag danach: 'Cavity' kommt völlig kaltblütig und nihilistisch mit einem thousand yard stare daher, traumatisiert-psychotisch ohne Ende, und gerade nach der vorangegangenen Klangreise extrem faszinierend im dennoch irgendwie konsequent wirkenden Kontrast. Der Song klingt gar nicht so verschieden von JOY DIVISION wie die kontinentale Genregrenze Gothic/Death-Rock uns weismachen will, und doch wirkt bei CHRISTIAN DEATH alles noch eine Spur todesverliebter.
Kurzum: An der ersten CHRISTIAN DEATH-EP "Deathwish" führt kein Weg vorbei. Hier kann es gar keinen Zweifel geben, man sollte sie mindestens einmal im Leben komplett durchhören oder aber für immer schweigen, sobald die Rede auf suizidal gestimmte Klassiker kommt.
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Eike Schmitz