CHTHONIC - Bu-Tik
Auch im Soundcheck: Soundcheck 06/2013
Mehr über Chthonic
- Genre:
- Melodic Death Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Spinefarm (Soulfood)
- Release:
- 31.05.2013
- Arising Armament
- Supreme Pain For The Tyrant
- Sail Into The Sunset's Fire
- Next Republic
- Rage Of My Sword
- Between Silence And Death
- Resurrection Pyre
- Set Fire To The Island
- Defenders Of Butik Palace
- Undying Rearmament
Hochklassiger Melodic Death Metal aus Fernost
Offensichtlich hat die Globalisierung auch in einem "Metal-Drittweltland" wie Taiwan Einzug gehalten. CHTHONIC zumindest fährt das volle Programm, das man auch von einer größeren Band "bei uns" gewohnt ist: Fette Produktion, aufwendige (hier sehr gelungene!) Videos usw. usf. Ein negativer Aspekt von Globalisierung ist bekanntermaßen der unbedachte Umgang mit Allem, da ja alles überall verfügbar ist, gefiltert durch die Mainstream-Kulturen und -Meinungen des Westens, egal ob nun in Sachen Kleidung, Inneneinrichtung oder eben Musik. Glücklicherweise ist CHTHONIC noch kein billig-modisches Abziehbild DIMMU BORGIRs, mit denen man gerne mal verglichen wird (was zumindest auf "Bú-Tik" absolut haltlos wäre, weil es um ziemlich andere Musik geht), sondern wissen ihre eigene Identität zu wahren bzw. weiter zu definieren - als Band mit einem eigenen Stil, was hier zwangsläufig bedeutet, als taiwanesische Band. Das gilt sowohl inhaltlich als auch musikalisch. Textlich beschränkt man sich nicht auf das Englische und beschäftigt sich seit jeher bevorzugt mit der landeseigenen Kultur und Geschichte. Musikalisch wird natürlich zuvorderst Metal, genauer: Melodic Death Metal, geboten. Aber die in jedem Song präsenten Folk-Einflüsse lässt CHTHONIC nicht ohne weiteres als fremde Band mit europäischer Musik in der globalen Veröffentlichungsflut untergehen, sondern tragen wesentlich zum exotischen Charakter der Truppe bei.
Dabei ist der Metal, den die Taiwanesen machen, schon für sich genommen alles andere als schlecht, ganz im Gegenteil. Ich sprach von Globalisierung? Nun, die Herren wissen offensichtlich, was ein Brett auf internationalem Niveau ist. Auf "Bú-Tik" gibt es acht "richtige" Songs, kompositorisch ausgereift und detailreich. Dabei verliert man nie den roten Faden, und kommt mit nur einmal mehr als fünf Minuten immer auf den Punkt, sodass der Hörer schon beim ersten Mal einen leichten Einstieg hat. Gleichzeitig strotzt das oft technisch anspruchsvolle Material nur so von Details, was das Album mit jedem Durchgang wachsen lässt. Diese Fülle an Verschiedenem in einem Song wird leider auf das ganze Album gesehen zu einem negativen Kritikpunkt, da so etwas Eigencharakter einzelner Songs verloren geht: Der Grundtenor heißt Uptempo, Melo Death mit einem Spritzer Black Metal hier und da und geschmackvolle Soli des einzigen Gitarristen Jesse Liu. Dem gegenüber stehen orchestrale Elemente und asiatische Folklore, die vor allem in Form des klagenden Klangs der von Sänger Freddy Lim gespielten Erhu zum Tragen kommt. Leider unterscheiden sich die Songs nur verhältnismäßig wenig, das Tempo könnte auch mal über längere Strecken stark gedrosselt, oder dem Klargesang und generell ruhigeren Momenten etwas mehr Raum gegeben werden. Ein schönes Positiv-Beispiel für derartiges Potenzial ist das Album-Highlight 'Defenders Of Bú-Tik Palace'. So beschneidet sich CHTHONIC aber selber in den Möglichkeiten, was hier glücklicherweise durch die relative Kürze des Albums und die Klasse der Songs für sich genommen zum größten Teil kompensiert wird. Wenn wir schon beim Gesang waren: Wieso ist der Chor so schwach auf der Brust? Ein Kracher wie 'Sail Into The Sunsets Fire' hätte hier durch mehr Präsenz noch gewinnen können. Mit der Metal-Zivilisierung und modernen, digitalen Aufnahmemöglichkeiten kommt ganz offensichtlich auch das Triggern und ein insgesamt recht kalter Sound, der Geschmacksache ist, aber gut zu der eher modernen, denn traditionellen Stimmung der Band und erst recht zu dem superben Sci-Fi Artwork passt.
Man kann durchaus geteilter Meinung über CHTHONIC im Allgemeinen und "Bú-Tik" im Speziellen sein, kann hier eine ultrapolierte, sterile Melodic-Death-Platte mit etwas Asia-Kitsch und zu wenig Abwechslung, ertränkt in "zuviel von allem", sehen. Ich für meinen Teil habe sehr viel Spaß mit dieser meiner Entdeckung des Monats. Ich würde mich freuen, wenn auf kommenden Alben die Spannweite an Artikulation und Dynamik noch ausgelotet werden würde, da geht noch viel mehr. Nichtsdestotrotz können die Taiwanesen einfach gute Songs schreiben, auf technisch hohem Niveau, garniert mit etwas einheimischer Exotik, die ihre eigene Atmosphäre schafft.
Anspieltipps: Sail Into The Sunsets Fire, Rage Of My Sword, Between Silence And Death, Defenders Of Bú-Tik Palace
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Christian Schwarzer