CIRITH UNGOL - Paradise Lost
Mehr über Cirith Ungol
- Genre:
- Epic Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Metal Blade Records / Sony Music
- Release:
- 07.10.2016
- Join The Legion
- The Troll
- Fire (Arthur Brown Cover)
- Heaven Help Us
- Before The Lash
- Go It Alone
- Chaos Rising
- Fallen Idols
- Paradise Lost
- Join The Legion (Alternative Mix, CD-Bonus)
- The Troll (Alternative Mix, CD-Bonus)
- Before The Lash (Alternative Mix, CD-Bonus)
- Chaos Rising (Alternative Mix, CD-Bonus)
- Paradise Lost (Alternative Mix, CD-Bonus)
Beste Band aller Zeiten, bestes Album der Neunziger, wichtigster (Re-)Release des Jahres.
Liebe Leute, freut euch und huldigt den Göttern des Stahls, denn am 07.10.2016 ist es endlich so weit: Pünktlich zur Live-Rückkehr der Band an diesem Wochenende im heimatlichen Ventura in Kalifornien wird auch eine der klaffendsten Lücken vieler Sammlungen endlich offiziell geschlossen werden können, denn mit CIRITH UNGOLs "Paradise Lost" bringt Metal Blade nach über zwanzig Jahren der Verknappung endlich, endlich einen offiziellen Rerelease dieses nahezu mythologischen Albums in die Läden und zwar als remasterten Digipak mit fünf Remixes als Bonustracks, sowie erstmals überhaupt offiziell auf Vinyl.
Wer mich kennt, der weiß, dass CIRITH UNGOL die unangefochtene Nummer Eins meiner Gunst ist, die musikalische Liebe meines Lebens schlechthin, und dass ich alle vier Alben der US-Epiker verehre wie nur wenige andere Alben. So wird es natürlich keinen wundern, wenn ich auch in Bezug auf das 1991 erschienene vierte und bislang letzte Album der Band schnell ins Schwärmen gerate. "Paradise Lost" ist aber auch der perfekte Einstieg in das Schaffen der Band, obwohl die Musiker selbst sehr lange mit dem Werk haderten, war es doch für sie zu allererst auch Symbol für Fremdbestimmung durch knappe Budgets, ein seltsames Label und externe Produzenten, für Kompromisse und somit letztlich für den Niedergang und das vorübergehende Ende der Band. Doch ohne diese Emotionalität des selbst Betroffenen kann der Fan sehr viel aus dieser Scheibe ziehen. Zunächst einmal ist klar, dass das Album durch eben jenen Einfluss der Außenstehenden sicherlich das Werk der Band ist, das sich am ehesten dem metallischen Mainstream annähert und es so geschafft hat, auch den einen oder anderen IRON MAIDEN- oder JUDAS PRIEST-Fan ins Boot zu holen, dem das Frühwerk der Kalifornier zu schroff, elegisch, episch und abgedreht war; oder jenem, dem Tim Bakers schrille, geisterhafte Stimme auf "Frost And Fire" und "King Of The Dead" noch zu krass war.
Dennoch, und das sei ganz klar herausgehoben, ist "Paradise Lost" ein Album, das keinen Makel in der Diskographie der Band darstellt und immer zu 100% CIRITH UNGOL ist. Auch wenn es mit einer (sehr gelungenen) Coverversion von Arthur Browns "Fire" aufwartet, auch wenn die vom Interrimsbasser Joe Warrenburg geschriebene, mahnende Umwelt-Endzeitvision 'Heaven Help Us' von Tim mit recht klarer, dunkler Singstimme gesungen wird, und tatsächlich mehr von IRON MAIDEN hat als von CIRITH UNGOL, und auch wenn der Produzent es für ratsam hielt, die Songs letztlich anders zu mixen und zu mastern, als es der Band vorgeschwebt hat, macht es der Rest des Albums völlig unmissverständlich klar, dass es der "Tower Of Fire" ist, der hier am Pass der Spinne lodert!
Der Opener 'Join The Legion' ist die ultimative Fanhymne der Band, deren Nachhall bis heute die Legionen bei der Stange hält, sage und schreibe 25 Jahre lang! Ein kurzer, schnörkelloser Kracher mit packendem Refrain und Faustfaktor 500+, der den Boden bereitet für 'The Troll', bei dem es sich zwar auch um eine Fremdkomposition des kurzzeitigen Gitarristen Joe Malatesta handelte, der hier auch den Großteil der Gitarrentracks einspielte. Der Song war der Band jedoch voll und ganz auf den Leib geschneidert: Schon der krude Boxenwechsel beim einleitenden Gitarrenriff ist ein echter Ohrenöffner und auch im weiteren Verlauf ist dieser Song ein echter Volltreffer, der so perfekt zu CIRITH UNGOL passt, wie man es sich nur wünschen kann. Was für eine mitreißend inszenierte Dark-Fantasy-Story um Brücken, Trolle und den Preis für den Übertritt!
Das rohe und grimmige 'Before The Lash' ist recht schwer verdaulich und sicher nicht der prägnanteste UNGOL-Song, doch es ist wahrlich einer der dunkelsten. Das Hauptriff stammt noch von Jerry Fogle, dem inzwischen leider verstorbenen Gitarristen, der die Band vor den Aufnahmen verließ, die Leads wurden jedoch bereits von seinem Nachfolger Jim Barraza ausgearbeitet, und der Song insgesamt funktioniert glänzend in einem ähnlichen Kontext wie fünf Jahre zuvor 'One Foot In Hell'. Mit 'Go It Alone' wird es dann auf den ersten Blick ein wenig seichter und fröhlicher, doch auch hier verneigt sich die Band im Endeffekt einfach sehr gekonnt vor ihren eigenen Wurzeln, denn auch das Debüt "Frost And Fire" hatte diese etwas lockereren, rockigen Tunes, die allerdings immer auch diese melancholische Trotzigkeit atmeten, die sie so einzigartig macht.
Doch als wäre all das noch nicht genug, steht das große Finale erst noch bevor: Die Trilogie! - Die rosa Brille, die ich bei CIRITH UNGOL sicherlich trage, einfach mal beiseite gelegt, komme ich trotzdem immer und immer wieder zum selben Ergebnis, und wenn es auch etwas selbstgefällig wirken mag, wenn Tim Baker selbst sich mit den Worten zitieren lässt: "In my humble opition some of the best 20 minutes of Metal ever made." - er hat verdammt noch einmal recht, und selten hatte jemand mehr recht als er. Der Einstieg in die Trilogie mit dem grandiosen Neunminüter 'Chaos Rising' ist in meinen Ohren schlicht das Non-Plus-Ultra, was Metal ist und was Metal kann. Die Riffs, die Leads, dass flammende Inferno, die fanatisch-fantastische Gesangsleistung, die irrsinnige Dynamik und der mitreißende Drive: Hier geht einfach nichts drüber, und wenn das folgende 'Fallen Idols' den Text zunächst aufgreift, die Stimmung jedoch in ein elegisch-doomiges Fanal des Schicksals wendet, dann weiß der geneigte Hörer, dass hier meisterliches Kompositionshandwerk geboten wird, das letztlich im Titelstück kulminiert, das die Trilogie, an welcher die Band fünf Jahre lang gearbeitet hatte, ebenso verstörend wie packend, erhaben wie chaotisch beendet und ein Ausrufezeichen setzt, das nun 25 Jahre lang als die Coda des Albums und auch als das letzte Geleit einer der ungewöhnlichsten und verehrtesten Bands des metallischen Untergrunds galt.
Nun, da die Band nach einem Vierteljahrhundert doch wieder erstanden ist, mag ungewiss sein, ob "Paradise Lost" wirklich der letzte kompositorische Akt bleiben wird, doch das Album, dessen Entstehung und dessen urheberrechtliche Situation der Band so viel Unbill und Frustration gebracht hat, war letztlich auch die Fackel, die durch all die dunklen Tage hindurch leuchtete, den Mythos am Leben hielt und mit seiner einzigartigen Musik, seiner tragischen Geschichte und dem ikonischen Artwork mit Michael Whelans grandiosem 'Sailor On The Seas Of Fate" nicht unwesentlich dazu beitrug, dass die Fans CIRITH UNGOL nie vergaßen und unablässig nach einer Rückkehr dieses Biests verlangten. Jetzt ist es so weit, und ich kann Metal Blade nicht genug dafür danken, dass das Label es geschafft hat, Warner Music dazu zu bewegen, die Rechte aus den Archiven zu kramen und für eine neue Auflage an diese feine Firma zu lizenzieren, die auch "Frost And Fire", "King Of The Dead", "One Foot In Hell" und die Compilation "Servants Of Chaos" in schmucken CD- und Vinyl-Auflagen über die Jahrzehnte erhältlich hielt.
So gibt es also endlich auch "Paradise Lost" wieder, und der Bedeutung des Anlasses entsprechend hat man bei Metal Blade auch nicht gekleckert, sondern geklotzt. Die CD-Version kommt als richtig edles Digipak mit schwerem Kartoneinband im Buchstil und mit einem dicken Booklet mit Linernotes von Tim Baker und Jim Barraza zu allen Songs, einer Einleitung von Robert Garven, sowie unzähligen unveröffentlichten Bildern aus der Zeit der Aufnahmen. Außerdem wurde das Album von Bart Gabriel richtig gut remastert und es gibt fünf Bonustracks mit Remixes, die den ursprünglichen Soundvorstellungen der Band näher kommen sollen als die seinerzeit veröffentlichten Versionen und daher ganz besonders spannend sind - und auch toll klingen! Die Unterschiede sind durchaus beträchtlich, denn die neuen Mixes klingen um einiges ungeschliffener, aber interessanter Weise trotzdem differenzierter, so dass das ein ganz besonders spannendes Hörerlebnis für Leute ist, die das Album in- und auswendig kennen. Das von Patrick W. Engel gesondert gemasterte Vinyl muss zwar als einfache LP ohne die Bonustracks auskommen, doch auch hier wurde für das Wahnsinnsartwork ein sehr wertiges, schweres Kartonsleeve gewählt; die Platte (schwarz, braun-marmoriert und weiß-marmoriert erhältlich) steckt im gefütterten Innersleeve, dazu gibt es ein A1-Poster vom Artwork und ein 12-seitiges Booklet im LP-Format.
Als Schlusswort gibt's daher von mir eine dringende Kaufempfehlung nicht nur an all jene, die das Album noch nicht haben, sondern natürlich auch an all jene, die es schon haben und lieben. Dass ich das Ding für die wichtigste Veröffentlichung des Jahres halte, mag in Anbetracht der Tatsache, dass es ein Rerelease ist und 2016 sicher kein schlechtes Metaljahr ist, hysterisch klingen, aber ich steh dazu! Nie war es erhebender einem Rerelease entgegen zu fiebern und ihn dann endlich in Händen zu halten. Außerdem möchte ich der Band alles Gute für den Reunion-Gig beim "Frost And Fire"-Festival wünschen, bei dem ich leider trotz vorhandenen Tickets nicht dabei sein kann: Ich hoffe auf ein baldiges Wiedersehen in deutschen Gauen - der Grund ist bereitet!
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle