COCAINE PISS - The Dancer
Mehr über Cocaine Piss
- Genre:
- Anarcho Punk / Crustpunk
- ∅-Note:
- 2.50
- Label:
- Hypertension / H' art
- Release:
- 28.10.2016
- Ugly Face On
- Sex Weirdos
- Cosmic Bullshit
- The Dancer
- Plastic Plants
- Average Romance
- Shiny Pants
- Elegance
- Sport Things
- This Is No Fashion Show
- The Player Without A Team
- Black Speedo
- Happiness
- Nostalgia
Grauenhafter Gesang führt zur Abwertung!
Ich weiß, ich weiß, in Sachen Punk Rock ist eigentlich alles erlaubt. Aber nur weil alles erlaubt ist, muss nicht zwangsläufig alles gemacht werden. Mir ist kürzlich mit "The Dancer" ein Scheibchen der belgischen Crustpunk-Formation COCAINE PISS zugeflattert, das mir aus einem einzigen, aber sehr gewichtigen Punkt als unerträglichstes Rezensionsobjekt meiner bisherigen Zeit bei POWERMETAL.de in Erinnerung bleiben wird: Was die vier Musiker hier unter "Gesang" verstehen, ist nichts als entsetzlich nerviges, quietschiges Genödel, gesanglich in jederlei Hinsicht indiskutabel, und führt daher in meinen Ohren zur Abwertung einer ansonsten halbwegs gefälligen Anarcho-Punk-Platte.
Doch, ich verstehe auch Spaß, und wenn ich mir Aufnahmen von COCAINE PISS-Gigs anschaue oder auch nur die Songtitel von "The Dancer" zu Gemüte führe (Titel wie 'Sex Weirdos', 'Shiny Pants' oder 'This Is Not A Fashion Show'), wird mir schnell klar, dass sich die Belgier nicht allzu ernst nehmen und einfach nur ausgelassen ihren trashigen Crustpunk-Verschnitt mit (wahrscheinlich) jeder Menge Alkohol intus mit einem ebenso angeheiterten Publikum abfeiern wollen. Sollen sie doch - offenbar machen sie damit eine ganze Menge Leute glücklich. Wie man allerdings bei einer gesanglichen Darbietung wie jener von Jaulboje Aurelie nicht augenblicklich von Fluchtinstinkten ergriffen wird, ist mir unbegreiflich. Abgesehen davon, dass die Dame klingt, als wäre sie gerade mal zwölf, beschränkt sie ihre Arbeit am Mikrofon auf völlig banale, aufgedrehte Rufe, mehr gesprochen als gesungen, in einer Tonlage, als würde sie unter dem Einfluss irgendwelcher bewusstseinserweiternder Substanzen versuchen, ihrer Freude über das Meerschweinchen, das es zu Weihnachten gab, Ausdruck zu verleihen, und sich dabei gegen die vollaufgedrehte Stereoanlage ihrer Eltern durchzusetzen.
COCAINE PISS führt diverse Bands als Referenzen auf. Die Nennung der DEAD KENNEDYS empfinde ich geradezu als Frechheit (hört euch doch mal wieder einen Jello Biafra am Mikro an!), während MELT BANANA als Vergleich durchaus Sinn macht; die Bananenschmelze hat trotz ähnlich anstrengender Vokalarbeit allerdings mehr musikalische Kreativität auf der Habenseite zu verzeichnen. Bei BIKINI GIRL und WHITE LUNG wird das Problem der belgischen Kokspisser dann endgültig deutlich: Diese Bands haben Sängerinnen in ihren Reihen, die diese Bezeichnung auch wirklich verdienen. "The Dancer" hingegen ist aufgrund Aurelies sehr speziellem Beitrag geradezu unerträglich – punkige Riot-Girl-Attitüde hin oder her.
Subtrahiert man die schockierende Gesangskomponente, bleibt eine krachige, anarchische Punkband, die musikalisch durchaus zu den genannten Bands passt, sich allerdings auf "The Dancer" keine erkennbare Mühe gibt, sich in irgend einer Form von der breiten Underground-Masse ihrer Szene abzusetzen. Es bliebe also ein nettes, lärmiges Punkrock-Album – wäre da nicht dieses entsetzliche Geschrei. Ein winziges Restchen ungläubige Faszination über diesen betont unmusikalischen Auftritt will zwar nicht weichen, dennoch bin ich froh, wenn mir COCAINE PISS nicht noch einmal begegnen wird.
- Note:
- 2.50
- Redakteur:
- Timon Krause