COMMUNIC - Conspiracy In Mind
Mehr über Communic
- Genre:
- Progressive Power Metal
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 21.02.2005
- Conspiracy In Mind
- History Reversed
- They Feed On Our Fear
- Communication Sublime
- The Distance
- Ocean Bed
- Silence Surrounds
Wie gut kann ein Debütalbum eigentlich sein? Nach einer Anzahl von Umläufen, die mittlerweile gut im dreistelligen Bereich liegen dürfte, kann ich diese Frage noch immer nicht vollständig beantworten. Sämtliche Vorschusslorbeeren, welche der Band aus allen Ecken und Enden der Welt vergeben wurden, waren gerechtfertigt. Auch die euphorischen Reaktionen der Presse zum Release des Albums sind für mich mehr als nachvollziehbar und werden COMMUNICs Erstwerk gerecht.
Falls euch jemand sabbernd etwas von dem besten Debüt seit Jahren erzählt, dabei wirr die Augen verdreht und ihr in zusammenhangslosen Anbetungsorgien nur noch die Bandnamen NEVERMORE, SANCTUARY oder PSYCHOTIC WALTZ ausmachen könnt, so stimmt einfach zu, um bei der nächstbesten Gelegenheit selbst in den Besitz von "Conspiracy In Mind" zu gelangen und diese Begeisterung nachfühlen zu können.
Aber worum geht es eigentlich? Der eröffnende Titeltrack rauscht brachial stakkato-riffend aus den Boxen und lässt sofort Erinnerungen an Seattle's Finest, NEVERMORE, wach werden. Nicht unbedingt zu Unrecht, ist Sänger, Gitarrist, Hauptsongwriter und Bandkopf Oddleif Stensland doch ein ganz großer Anhänger der Amis. Wer nach den ersten paar Minuten dann dankend abwinkt, in der Überzeugung, hier doch nichts wirklich Neues und Eigenständiges, gar Herausragendes präsentiert zu bekommen, der ist arm dran. Denn schon der ruhige, von traumhaft schönen, cleanen Gitarrenparts getragene Teil macht klar, dass COMMUNIC eines nicht tun: eindimensionale, leicht zugängliche und vor allem kurze Songs schreiben. Das norwegische Triumvirat ist ein wahrer Meister der Dynamik, verbindet andächtige, hochmelodische und durchaus melancholische, ruhige Songideen mit brachialen Uptempo-Ausbrüchen, die teilweise schon deutlich in Thrash-Gefilden wildern. 'History Reversed' sowie das Gänsehaut verbreitende 'The Feed On Our Fear' sind Paradebeispiele darin, wie man es schafft, einen roten Faden über mehrere Drehungen und Wendungen hinweg durch einen Song zu spannen, wie man viele unterschiedliche Stimmungen und Gefühlslagen in ein einziges Stück integriert, ohne den Hörer über die Maßen damit zu überfordern.
Kein Song ist kürzer als sechs Minuten, und keine einzige Sekunde ist verschwendet, überflüssig oder gar langweilig. Die beim ruhigeren Anfang der jeweiligen Songs vorgestellten Melodien werden geschickt in die härteren Parts integriert, beim Solo aufgegriffen oder durch Stenslands zauberhaften Gesang unterstützt.
Apropos Gesang: Meister Oddleif ist ein wahres Stimmchamäleon, meistert alle erdenklichen Tonlagen und -höhen, beschwört, droht, warnt, genießt und leidet, kurzum, bietet die perfekte Ergänzung zur Musik in ihren tausend Facetten.
Das Herzstück des Albums ist in meinen Ohren das Dreierpack 'Communication Sublime', 'The Distance' sowie 'Ocean Bed' - was man hier in guten zwanzig Minuten an emotionalen Achterbahnfahrten, lupenreinem Power Metal amerikanischer Prägung, gänsehautbeladenen, verträumten Einschüben und vor allem überirdisch schönen Melodien serviert bekommt, ist schon fast nicht mehr von dieser Welt.
Gerade das etwas getragenere 'The Distance' lässt einen die Augen schließen ob dieser himmlischen Melodiebögen, Matte schütteln beim finalen Ausbruch, Oddleif schraubt sich in stimmliche Höhen, die mir anderswo eher die Fußnägel aufrollten.
'Ocean Bed' schlägt in eine ähnliche Kerbe und kann vor allem durch die grandiose Melodieführung überzeugen und reißt einen sofort in einen emotionalen Bann, den man nur schwerlich wieder abschütteln kann, so man denn gewillt ist, dies zu tun.
Spätestens hier schwebt auch der Name PSYCHOTIC WALTZ in übergroßen Lettern durch den musikalischen Raum, nistet sich fest im Gedächtnis des Hörers ein.
Den Abschluss bildet der Zehnminüter 'Silence Surrounds', bei dem COMMUNIC nochmals alle Register ihres beeindruckenden Könnens ziehen. Elegische Momente gepaart mit reinrassigem, äußerst metallhaltigem Stoff, Drehungen, Wendungen und ein famoser Abschluss. Herrlich.
Auch die technische Seite der Chose soll erwähnt werden, denn auch hier können die drei Norweger den genannten Referenzbands ohne Probleme das Wasser reichen. Das Zusammenspiel des Trios lässt mich sogar, wenn auch sehr vorsichtig und eher lautlos, die vier berühmten Buchstaben RUSH flüstern. Wahnsinn.
Wer dann mal Oddleif live erlebt hat, sich fragt, wie der Mann es schafft, seinen traumhaften Gesang und diese teils unglaublich frickeligen Gitarrenparts gleichzeitig auf höchstem Niveau darzubieten, der weiß, was ich meine.
Ob "Conspiracy In Mind" tatsächlich das beste Debütalbum seit einem Jahrzehnt ist, sei mal dahingestellt. Das wird sich nämlich erst im Lauf der Zeit zeigen, und vor allem auch dann, wenn COMMUNIC das nächste Meisterwerk vorlegen.
Bis dahin bleibt definitiv eines der besten Erstlingswerke der letzten Zeit und eines der stärksten, interessantesten und mitreißendsten Alben des Jahres.
Muss man als Fan der harten Klänge haben, ohne wenn und aber. Grandios.
Anspieltipps: Conspiracy In Mind, Communication Sublime, Ocean Bed
- Redakteur:
- Rouven Dorn