COUNT RAVEN - Mammons War
Mehr über Count Raven
- Genre:
- Doom Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- I Hate Records / Twilight
- Release:
- 16.09.2009
- The Poltergeist
- Scream
- Nashira
- The Entity
- Mammons War
- A Lifetime
- To Kill A Child
- To Love, Wherever You Are
- Magic Is ...
- Seven Days
- Increasing Deserts
Ein zukünftiger Klassiker der traditionellsten aller Spielarten des Doom Metal!
Als das letzte Krächzen des Grafen Rabe im Jahr 1996 verhallte und die Band sich drei Jahre später auflöste, war die Doom-Gemeinde darüber sehr betrübt. Dementsprechend freudig auch die Erregung, als es sieben Jahre später zur Rückkehr der schwedischen Genre-Institution in der originalen Besetzung kam. Einige viel umjubelte Konzerte und wunderschöne Neuauflagen der vier Klassikeralben nährten die Hoffnungen auf ein bald erscheinendes fünftes Album, doch das wurde fürs erste durch bandinterne Probleme und einen Labelwechsel verhindert. Mit neuen Mitstreitern gab Bandleader Dan 'Fodde' Fondelius schon bald weitere Konzerte, doch es sollte bis ins Jahr sechs nach der Reunion dauern, bis von COUNT RAVEN mit "Mammons War" endlich ein neues Album eingespielt wurde. Dieses wurde vor Kurzem über I Hate Records in die Läden gestellt, und bereits das Artwork verheißt Großes. Eine engelsgleiche, trauernde Maid schreitet durch ein Feld aus Schädeln und Geldscheinen und legt eine Rose nieder.
Einmal mehr zeichnet Fodde ein düsteres Endzeit-Szenario, mahnend und anklagend, durchaus auch belehrend, doch nicht aufdringlich oder bevormundend. Den Tanz ums goldene Kalb, die Vergötzung des Mammons auf dessen Altar die Armen geopfert sind, klagt die Band an. Musikalisch so treffend und eindringlich umgesetzt, wie man es sich nur wünschen kann. Wer fürchtete, dass sich die Band durch den Ausstieg Wilburs und Renfields zu ihrem Nachteil verändert habe, der kann durchatmen. COUNT RAVEN ist sich selbst treu und mit sich selbst auf Augenhöhe. Wir haben es nicht mit einer DOOMSDAY GOVERNMENT-Scheibe zu tun, die zwecks besserer Vermarktbarkeit den Namen des Raben trägt. Schlagzeuger Jens Bock und Bassist/Perkussionist Fredrik Jansson scheinen schnell gelernt zu haben, worauf es bei COUNT RAVEN ankommt, und sie erschaffen zusammen mit Meister Fondelius genau den Sound und die Atmosphäre, welche der Fan von seinen COUNT RAVEN hören will. Erfreulich ist dabei auch, dass die beiden neuen Musiker drei Stücke zusammen mit Dan geschrieben haben, und ein weiteres sogar komplett auf die Kappe von Fredrik Jansson geht - doch dazu später mehr.
Zunächst setzt die Fondelius-Komposition 'The Poltergeist' mit aller Macht ein. Sehr dynamisch und melodisch, aber doch hundertprozentig COUNT RAVEN. Die Gitarre klingt wuchtig und mächtig, der Gesang klar und bedrohlich, natürlich mit der obligatorischen Ozzy-Schlagseite, die Fodde stets ausgezeichnet hat. Der Sound drückt und klingt traditionell, hat aber alle Kraft der Welt. Er presst den Hörer in den Sitz und lässt ihn gleichzeitig schweben. Hier wurde von Danne Norman und Peter Norlinder im Studio Precision aber auch wirklich alles goldrichtig gemacht. Der Graf ist zurück und er lässt das Genick schon zum Einstieg mächtig knacken! Das folgende 'Scream' kennen einige Fans vielleicht schon von zurück liegenden Konzerten. Es ist getragener als der Opener, noch wuchtiger und zermalmender; Doom in seiner reinsten Form. Unheilvolle Glockenschläge und ein leidenschaftlicher Schrei im Refrain erzeugen eine Gänsehaut nach der anderen. Wenn Dan hier von den endzeitlichen Visionen der Apokalypse kündet, dann wirkt das ernst und bedrohlich, bis zum letzten Glockenschlag. Kein Klischee, sonder echte dunkle Ahnung.
Mit 'Nashira' wird die Kost wieder ein kleines bisschen leichter, doch nicht minder beeindruckend. Mit einem klassisch rockenden BLACK-SABBATH-Groove und einem monströsen Headbanger-Riff, das dir jeden Wirbel einzeln ins Gehirn drückt. Simple Lovestory, oder die unbezähmbare Sehnsucht nach dem Stern, welcher den arabischen Namen jener trägt, die Gutes bringt? Die Texte lassen viel Spielraum für Deutung. Die erste kompositorische Kooperation aller Bandmitglieder folgt mit 'The Entity', welche sich ganz klar als COUNT RAVEN wie aus dem Bilderbuch erweist. Massiver Doom, mit großen Harmonien und ein sehr schöner, wenn auch kurzer Refrain. Das Titelstück ist sodann die erste von Dans typischen Space-Nummern, die allein von atmosphärischem Keyboard und mystischem Gesang leben und ihr Vorbild in älteren Stücken wie 'Cosmos' finden. Sicher nicht jedes Doomkopfes Geschmack, doch ein integraler Bestandteil COUNT RAVENs, der hier definitiv würdig in die neue Zeit getragen wird und gekonnt die richtige Stimmung für das mächtige zehnminütige Kernstück des Albums setzt. Dabei handelt es sich um das erneut von allen drei Musikern verfasste 'A Lifetime', das sich über zwei sehr lange Verse zunächst sehr zäh und repetitiv gibt. Man möchte fast meinen, dass es unspektakulär verlaufen könnte, bis der wirklich triumphale Refrain einsetzt, dem eine sehr spannende ruhige Passage mit Tribal-Perkussion, akustischer Gitarre und akustischem Bass sowie sehr gefühlvoll und beschaulich gesungenen Worten folgt, bevor das Stück schließlich erhaben endet.
Wieder mehr Dynamik und Fahrt nimmt die Einleitung zu 'To Kill A Child' auf, deren Hauptriff wirklich jeden Doom-Fan austicken lassen sollte. Es folgt jedoch zuerst ein Akustik-Break, bevor sich Dan Fondelius in einem nachdenklichen und relektierenden Stück als selbst Betroffener mit dem Schicksal der Eltern eines autistischen Kindes auseinander setzt und mit den finsteren Gedanken, die der Betroffene aufgrund der gesellschaftlichen Reaktion auf diese Situation gezwungen wird zu haben. Dieses Stück hat so viel emotionale Tiefe und musikalischen Glanz (besonders im königlichen Gitarrensolo), dass ich es nicht weiter mit schnöden Worten kommentieren möchte. Das müsst ihr selbst entdecken, auch in der folgenden Akustik-Ballade 'To Love, Wherever You Are', die einen wunderbaren Ausklang für das voran gegangene Lied bildet.
Als Kontrastprogramm folgt mit 'Magic Is ...' der schnellste und härteste Song des Albums, einmal mehr eine Teamkomposition, die mit ganz besonderen Leadgitarren am Ende für Aufsehen sorgt, allerdings etwas abrupt abbricht. Nun kommt ein Stück, auf das ich im Vorfeld mit großer Spannung gewartet habe: 'Seven Days' - das einzige Stück, an welchem Dan Fondelius kompositorisch nicht beteiligt war, stammt es doch zur Gänze von Bassist Fredrik Jansson. Und ja, es klingt anders. Auf eine Weise, die sich kaum beschreiben lässt. Sehr dunkel und massiv, mit tollen Bassläufen im Mittelstück, einem Streicherbeitrag von Danne Norman und einer völlig unerwarteten, aber dramaturgisch hervorragend passenden Geschwindigkeitsexplossion samt Gitarrensolo gegen Ende. Beschlossen wird "Mammons War" schließlich von 'Increasing Deserts' einem weiteren Fondelius-Atmosphärenstück, das Peter Norlinder an der Trompete aufbietet und zunächst sehr eskapistisch wirkt, letztlich aber doch mit einer positiven und - für Dan Fondelius wenig überraschend - durchaus christlichen Botschaft endet.
Auch wenn der eine oder andere Song nicht sofort zündet und erarbeitet werden will, kann das Fazit zu "Mammons War" nur sein, dass die schwedische Institution mit ihrem überragenden Comeback die Messlatte für die traditionellste aller Doom-Spielarten unheimlich hoch gelegt hat und ihren vier bisherigen Klassikern einen absolut ebenbürtigen Nachfolger zur Seite stellt. Das ist schon weit mehr als die meisten Bands mit langer Geschichte zu erschaffen im Stande sind. Hinzu kommt, dass COUNT RAVEN einmal mehr unglaublich viel Wert auf die behandelte Thematik und die sehr persönlichen Texte legen, und dass die Band sich eben nicht damit begnügt, nur das bewährte Rezept ihrer Frühphase aufzuwärmen. Sie schafft es tatsächlich, im stilistisch sehr eng gesteckten Rahmen zu experimentieren und neue Akzente zu setzen, ohne ihren ureigenen Sound zu verwässern. Aus meiner Sicht ein perfektes Album, das mit Sicherheit ein unbestrittener Genreklassiker werden wird.
Anspieltipps: Nashira, A Lifetime, To Kill A Child, The Poltergeist, Scream, Seven Days, Increasing Deserts
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle