CRYSTAL VIPER - The Silver Key
Auch im Soundcheck: Soundcheck 06/24
Mehr über Crystal Viper
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Listenable Records
- Release:
- 28.06.2024
- Return To Providence
- Fever Of The Gods
- Old House In The Mist
- The Key Is Lost
- Heading Kadath
- Book Of The Dead
- The Silver Key
- Wayfaring Dreamer
- Escape From Reality
- Cosmic Forces Overtake
Gewohnt solider Stahl der Polen ohne den letzten Kick.
Als Heavy-Metal-Arbeitstier könnte man die Polen CRYSTAL VIPER bezeichnen. Seit dem Debüt "The Curse Of Crystal Viper" aus dem Jahr 2007 veröffentlicht das Quartett um Fronterin Marta Gabriel in konstanten Abständen von zumeist zwei Jahren, solides Futter für alle Anhänger des klassischen Stahls und betourt recht erfolgreich den europäischen Kontinent. Doch beim neunten Langdreher "The Silver Key", der dieser Tage erscheint, war nicht unbedingt alles business as usal, denn intern gab es doch eine kleine Umstrukturierung. So bedient Marta seit 2023 zusätzlich den Tieftöner, nachdem sie sich seit 2018 primär um den Gesang gekümmert hat, und an der Sechsaiter-Front erhält die Truppe nun Unterstützung von Giuseppe Taormina, der das Lineup der Schlangenanbeter ab sofort komplettiert.
Doch keine Sorge, musikalisch hat die Umbesetzung das polnische Schwermetall-Schlachtschiff nicht vom Kurs abgebracht, denn auch anno 2024 serviert der Vierer klassischen und traditionsbewussten Heavy Metal, der mit jeder Pore geradezu herausschreit, dass die Bandmitglieder eigentlich gerne im England der später Siebziger aufgewachsen wären. Soll heißen, dass die Klassiker der New Wave of British Heavy Metal überall in der DNA von "The Silver Key" nachgewiesen werden können, wobei gerade das Riffing von Andy Wave und Neuzugang Giuseppe durchaus eher an die kantigeren Briten wie JUDAS PRIEST oder DIAMNOND HEAD denken lässt, während die Leads massive IRON MAIDEN-Luft atmen. Gesanglich bringt Marta wie gewohnt neben den traditionellen Metal-Vibes für meine Ohren auch eine dezente Portion Power Metal mit ein, gerade wenn es in den Refrains etwas epischer zur Sache geht, was den musikalischen Cocktail eigentlich sehr gefällig abrundet.
Klingt also wie gewohnt bei CRYSTAL VIPER nach einem Rezept für hervorragende Unterhaltung und doch sitze ich wieder vor "The Silver Key" wie auch vor den Vorgängern und fühle mich nicht restlos beim Schopf gepackt. Dabei beginnt der Silberling durchaus vielversprechend, denn 'Fever Of The Gods' hat nicht nur eine tolle Hookline im Gepäck, sondern überzeugt vor allem mit der feinen Gitarrenarbeit im Mittelteil, bei ich praktisch schon den Schatten der Eisernen Jungfrauen in der Ferne aufziehen sehe. 'Old House In The Mist' hat in meinen Ohren gesanglich sogar noch etwas mehr Potential und einen ordentlichen Ohrwurm im Gepäck, der von den eingeflochtenen Gitarrenleads endgültig ins Gedächtnis gehämmert wird. Gegen diese Prunkstücke des Bandsounds fällt die Riff-Konstruktion der ingesamt zehn Songs allerdings leider deutlich ab, denn hier habe ich doch selten diesen Aha-Moment, bei dem sich die Nackenmuskeln unweigerlich im Rhythmus mitbewegen wollen und man ebenso unweigerlich die Faust gen Himmel reckt. Insgesamt hat man schlicht und ergreifend nach wenigen Tracks das CRYSTAL VIPER-Kompositionsrezept gedanklich aufgedröselt, wodurch die ganze Sache gerade in der zweiten Hälfte der Scheibe doch etwas vorhersehbar wird und der Spannungsbogen zumindest bei mir abfällt. Einziger positiver Ausreißer bleibt da für mich der Titeltrack, der als grooviger Stampfer noch einmal einen Ohrwurm serviert, der auch wirklich Langzeitpotential mitbringt und mir hervorragend gefällt.
Nun soll das alles hier nicht negativer klingen, als es eigentlich gemeint ist, denn wenn ihr CRYSTAL VIPER schon immer mochtet oder euch generell im klassischen Heavy Metal wohlfühlt, dürft ihr "The Silver Key" gerne ein Ohr schenken und seht das Rezept des Vierers vielleicht deutlich positiver als ich. Für mich braucht eine so traditionell behaftete und musikalisch der Vergangenheit zugewandte Scheibe aber einfach noch mehr Kracher und gerade mehr zwingendes Riffing, um eben mit den Klassikern des Genres zu konkurrieren oder sie in meiner Gunst auszustechen. Solide sieben Punkte hat die Scheibe für handwerkliche Qualitätsarbeit dennoch verdient, für mehr braucht es aber noch den letzten Funken Kreativität.
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Tobias Dahs