CULT OF LUNA - Salvation
Mehr über Cult Of Luna
- Genre:
- Avantgarde Metal
- Label:
- Earache/SPV
- Release:
- 04.10.2004
- Echoes
- Vague Illusions
- Leave Me Here
- Waiting For You
- Adrift
- White Cell
- Crossing Over
- Into The Beyond
Intensität. Höllische Intensität. Ich kann mich an ein TOOL-Review erinnern, welches mit genau diesen Wörtern begann, und nirgends würden diese besser erneut eingesetzt als an dieser Stelle. Nordschwedisches Septett, die Dritte. "Sacred, divine, pretentious and grandiose" schreibt die Band zu ihrem eigenen Werk, und nachdem das erste Mal fast 74 Minuten vergangen sind, kann man nur noch stumm die Kinnlade einrenken, die Augen wieder öffnen, schlucken und zustimmend nicken.
"Salvation", die Rettung, ist das Drittwerk der Mannen aus Umea betitelt. Schlichtes Cover, friedlich in weiß gehalten, minimalistisch und doch erhaben.
Die Rettung? Vor was oder wem? Und kann eine Band aus der Stadt von MESHUGGAH, REFUSED und NAGLFAR die Rettung sein? Oder zieht sie einen wohlmöglich erst in die Welt der Verzweiflung, welche dort manchmal vorzuherrschen scheint, hinein? Natürlich weder noch, CULT OF LUNA spielen auch dieses Mal mit den Emotionen ihrer Hörer wie auf einer Orgel, haben einen gerade unter dem Kopfhörer stets fest im Griff, lassen nicht los, beschäftigen, wühlen auf, beruhigen, zerrütten. Der Opener 'Echoes', ein zwölfeinhalbminütiges Monstrum, zeigt auf, was der Begriff "Dynamik" in der Musik eigentlich bedeutet. Simple Grundthemen, in Nuancen variiert, Jam-Session der Marke PINK FLOYD in Grau und im 21. Jahrhundert. Verstörend das Gekeife von Klas Rydberg, aber doch stets so passend. Klängen so NEUROSIS, wenn sie nicht nur Hoffnungslosigkeit und Seelenschmerz propagieren würden? Vermutlich. Dennoch liegen Welten zwischen ihnen und dem Kult des Mondes, Welten, die von den sphärischen Chill-Out-Parts gefüllt werden, durch zehnminütige Instrumentals wie 'Waiting For You'. Diese Musik braucht keine Lyrics und keine Stimme, um zu berühren und nie mehr loszulassen. Und da sind sie wieder, die Parallelen zu FLOYD: Mit einer Handvoll Akkorden mehr gesagt und berührt als manch anderer mit einer halben Million. Der freie Geist des Endsechziger/Anfang-Siebziger-Spirits schwebt durch den Raum und durch Rauchschwaden hindurch, manifestiert sich teils in der Instrumentalisierung, teils in der Entspanntheit, immer dann, wenn nur die Instrumente sprechen dürfen.
Danach die Verknüpfung mit der Moderne, mit brachialen Soundwänden, alles plättenden Gitarren und Knochen mahlendem Drumming. Schwer, zäh, und tief walzt sich dieser Sound einem Lavastrom gleich durch die Gehörgänge, fesselt, fasziniert, betört die Sinne. Die Gitarre als Sirene, kurze Noise-Sequenzen, kleine elektronische Experimente, Schweineorgel, Akustisches: Es gibt kaum einen Raum, zum Bersten mit interessanter Musik gefüllt, den CULT OF LUNA nicht betreten. Klang in sämtlichen Dimensionen, HiFi neu definiert.
Brauchte man schon für die beiden Vorgänger viel Geduld, einen Hang zu solcher, eigentlich nicht in Worte zu fassenden Musik sowie stets die richtige Stimmung, so ist "Salvation" noch eine Stufe schwieriger geworden. Nicht dissonanter, schräger oder vertrackter, aber langwieriger. Vier Kompositionen über zehn Minuten, die mit Abstand kürzeste bei knapp sechs (!), dafür belohnt man den Hörer mit harmonischeren Arrangements, einer trotz der vorherrschenden kritischen Grundstimmung positiven Ausstrahlung, ja fast schon Wärme. Und Intensität, höllischer Intensität, lässt man sich einmal in die Welt von CULT OF LUNA fallen.
Groß sind sie geworden, richtig groß. Erfindet neue Maßeinheiten, um die musikalische Tiefe dieses Albums auszuloten, doch maßlos genießen macht noch mehr Spaß ...
Anspieltipps: Echoes, Leave Me Here, Into The Beyond
- Redakteur:
- Rouven Dorn