DAMN THE MACHINE - The Last Man
Mehr über Damn The Machine
- Genre:
- Prog Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Eigenproduktion
- Release:
- 09.09.2022
- The Final Amendment
- Welcome The Red
- Heaven's Gate
- Legend Maker
- Menial War
- A Brighter Day
- The Prize
- Man Vs. So Much More
- All That We'll Ignore
- This Fading Rhyme
Manchmal werden Träume wahr!
Der Gedanke an das Debütalbum der kalifornischen Band DAMN THE MACHINE, welches im Jahr 1993 das Licht der Welt erblickt, wird wohl nicht nur bei mir für wohlige Schauer sorgen. Zählt dieses Werk doch zu den herausragenden Scheiben der 90er Jahre und darüber hinaus zu den nachwirksamsten Vertretern der anspruchsvollen Stromgitarren-Musik. Eigentlich kein Wunder, wenn man weiß, dass Chris Poland dort die Leadklampfe spielt. Jener Gitarrist, der auf den ersten beiden MEGADETH-Scheiben als Sidekick von Dave Mustaine für offene Münder gesorgt hat. Sein jazzbeeinflusster, eigenwilliger und sehr gefühlvoller Stil war ein exzellenter Kontrapunkt zu Daves' aggressivem Gefingere. Nach seinem Abgang hat Chris in etlichen Bands abseits unserer Musikvorlieben gespielt, aber auch solistisch in unserem Teich gewildert. Ich verweise nur auf das tolle Instrumentalalbum "Return To Metalopolis". Als er dann mit seinem ebenso versierten Trommelbruder Mark, dem Bassisten David Randi, der mit ihm schon bei MUMBO'S BRAIN gespielt hatte und dem singenden Klampfer Dave Clemmons als DAMN THE MACHINE in Erscheinung tritt und sofort mit einem Majordeal im Gepäck auch noch als Supportband der damals gerade groß werdenden DREAM THEATER auf Tour geht, hoffen viele, hier die nächste tolle Band groß werden zu sehen. Aber leider kommt es anders, denn die Truppe löst sich nach nur diesem einen Album auf. Clemmons taucht danach zum Glück noch bei MINISTER OF ANGER und MURDERCAR auf - wir warten alle auf eine reguläre Albumveröffentlichung (!) - aber das Kapitel DAMN THE MACHINE findet leider ein viel zu frühes Ende.
Nun ist Dave auch in der Zwischenzweit auf anderen musikalischen Pfaden immer aktiv geblieben - ich verweise nur auf JUD -, aber für den verscheuklappten Prog-Metaller fehlte da immer der Funken Grobkörnigkeit, Dreck und Aggressivität. Nun ist ja vor wenigen Monaten mit "Day One" erst die Demoveröffentlichung des bekannten Materials erschienen. Eine sehr feine Angelegenheit, die den Namen auch einem spätgeborenen Publikum etwas näher bringen kann. Damit aber nicht genug, denn die Herrschaften haben tief in ihren Archiven gebuddelt und legen uns mit "The Last Man" nun auch noch bisher unbekannte Songs von Demoaufnahmen aus den Jahren 1992 und 1995 vor.
Was soll ich lange um den heißen Brei herum schreiben? Das Material bietet genau die gleiche Schnittmenge aus progressivem Thrash und anspruchsvoller Rockmusik, die der Liebhaber bereits vom Debüt her liebte. Der markante Gesang von Dave, der immer etwas gepresst und angepisst, aber auch wunderbar klar klingen kann, ist dabei nur eines von mehreren Alleinstellungsmerkmalen. Die Transparenz aller Musiker ein weiteres. Die herrlich warm drückenden Bassläufe von Randy, die in allen Songs ein wunderbar tief wummerndes Grundgerüst darstellen, darf man wohl als Leadbass-Linien bezeichnen. Dazu kommt die facettenreiche Taktvorgabe von Mark Poland, die in allen Songs tolle Akzente zu setzen vermag.
Sprach ich in meinem obigen Versuch, den Stil zu beschreiben, von Thrash, dann ist das sicherlich etwas irreführend, denn brachiale Riffattacken oder gar pfeilschnelle Tempi sind bei DAMN THE MACHINE nicht zu finden. Dieser völlig subjektive Stilistik-Bezug ist eher ein Empfinden meinerseits, denn die Herren Clemmons und Poland arbeiten viel mit offenen Akkorden, andauernd werden Tempi gewechselt, immer wieder driftet man in beinahe jazzige Gefilde ab, ohne dabei jemals den Song aus den Augen zu verlieren. Genau dies ist das Besondere: Bei aller Verspieltheit haben die Nummer allesamt fiese Ohrwurmqualitäten, denn allein die Gesangslinien sind teils nicht von dieser Welt.
Schon das eröffnende 'The Final Amendment' zeigt die Marschrichtung sehr gut, obwohl das Tempo gerade bei diesem Song schon außergewöhnlich hoch ist für die Band. Recht harsche Riffpassagen wechseln sich mit akustischen Momenten ab, in denen dann paradoxerweise das Schlagzeug immer wieder an Fahrt aufnimmt. Der permanent dazu pumpende, leicht hektische Leadbass und die vielen melodischen Ausflüge die Gitarre klingen nach einer schwindelerregenden Fahrt. Stimmt auch, aber trotzdem habe ich bereits nach dem ersten Durchlauf die Gesangsmelodie im Ohr. Noch schlimmer verhält es sich dann beim nachfolgenden Hit namens 'Welcome The Red', in welchem Dave seine Sängerqualitäten mehr als eindrucksvoll unter Beweis stellt.
Müsste ich weitere Highlights nennen, kommt mir schnell das beschwörende 'Menial War' in den Sinn, dessen mystische Grundstimmung in den Versen es mir sofort angetan hat. Dazwischen fegen uns immer wieder harsche Riffs die Locken gerade, sodass auch der Faustfaktor nicht zu klein kommt. Allerdings mit verknoteten Fingern. Die anderen sieben Nummern stehen diesen Überfliegern aber in nichts nach, sodass "The Last Man" schnell zur Dauerdroge bei mir geworden ist. Immer wieder entdecke ich fasziniert neue Details und Feinheiten und summe permanent irgendwelche Passagen vor mich hin.
Da es sich um Demoaufnahmen handelt, ist die Aufnahmequalität nicht perfekt, aber gerade dieses Klangbild addiert noch einen ganzen Eimer Sympathie von mir hinzu. So hat die musikalisch perfekte Chose nämlich einen angenehm organischen Anstrich, den ich gern mit einem Besuch im Proberaum vergleichen möchte. Man ist quasi hautnah dran am Geschehen. Musik zum Anfassen. Ich muss nicht erwähnen, dass hier die Höchstnote fällig ist, oder?
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Holger Andrae