DARK FOREST - Oak, Ash & Thorn
Auch im Soundcheck: Soundcheck 04/2020
Mehr über Dark Forest
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Cruz Del Sur Music
- Release:
- 24.04.2020
- Ælfscýne
- Wayfarer's Eve
- The Midnight Folk
- Relics
- Avalon Rising
- Oak, Ash & Thorn
- The Woodlander
- Eadric's Return
- Heart of the Rose
Elegischer Eskapismus aus den englischen Wäldern
Was habe ich mich auf das Erscheinen dieses Albums gefreut. Das grandiose Coverartwork verspricht Großartiges, kaum kann ich erwarten herauszufinden, was hinter dem Hügel, den geheimnisvollen Bäumen und den drei Kriegern im Vordergrund steckt, die die drei Invasionen der britischen Insel symbolisieren. Dazu noch die Details im Hintergrund. Abermals ist Duncan Storr, der zuletzt u.a. auch für SKYCLAD tätig war, der verantwortliche Künstler.
Die Musik, das sei bereits jetzt erwähnt, erfüllt dieses Versprechen. Nicht ganz wie erwartet, aber doch zu 100 Prozent. Nach dem ersten Hördurchgang war ich begeistert: Dieser warme, dieser wunderbar warme, volle, analoge Klang! Diese verspielten, aber immer völlig unkitschigen Gitarrenmelodien! Diese treibende, dynamische, positive Grundstimmung, die immer wieder von melancholischen Momenten durchzogen, aber nie gebrochen wird!
Dann, nach weiteren Durchläufen erschien mir ein kleiner Kobold, der fragte: Aber wo sind die Refrains? Diese unsterblichen Melodien, die vor allem "Dawn Of Infinity" so großartig gemacht haben (das hatte allerdings einen weitaus weniger warmen Sound!) ? Man denke etwa an 'Hourglass', 'The Green Knight' oder 'Under The Greenwood Tree'? Oder auch 'Where The Arrow Fall', auf dem letzten Album? Könnte es gar sein, dass mir zunächst vor lauter Euphorie nicht aufgefallen sein sollte, dass "Oak, Ash & Thorn" eher dem zwar immer noch sehr starken, innerhalb der Diskographie aber etwas weniger zwingenden "The Awekening" gleicht?
Ha! Netter Versuch, Kobold! Fakt ist, die Melodien sind nicht weg, lediglich viel radikaler in die Gitarren verlagert worden! Nicht falsch verstehen, immer noch wimmelt es vor lauter gänsehautgarantierenden und epischen Wohlfühlgesangslinien, diese sind nur nicht immer (!) so zuckersüß wie noch auf "Beyond The Veil". Und das ist der einzige wie winzige Wermutstropfen. Denn ansonsten ist dieses Album schlicht und ergreifend perfekt. Makellos.
Was hier harmonisch geboten wird, ist einfach so dermaßen erhaben, dass es einen nicht kalt lassen kann. 'Relics' und 'Avalon Rising' müssen hier Erwähnung finden. Ganz grundsätzlich, flacht das extrem hohe Niveau nie ab. Es findet sich diesmal nicht ein Ausreißer nach unten. Jedes einzelne Stück ist eine harmonische Offenbarung. Der Longtrack zum Beispiel, eher untypisch mittig platziert, der mit seinem a cappella-Beginn zunächst etwas sperrig daherkommt, sich dann in fast schon orgiastischen Akkordprogressionen ergeht und entgegen meiner Unkerei dann doch tonnenweise wahnsinnig gute Gesangsmelodien liefert. Aber eben auch Lead Gitarren-Hooks, die nicht von dieser Welt zu sein scheinen. Man entschwebt förmlich in sich im Wind wiegende Wälder, auf grüne Wiesen und über Schlachtfelder längst vergangener Epochen. So einen konsequenten Eskapismus, so eine tolkiensche Weltflucht und so einen verzaubernden Lobgesang auf die englische Landschaft findet sich eben nicht hinter jeder Ecke. So etwas ist und wird auf lange Sicht ein Kleinod in einer übervollen Szene bleiben. Mit einer bewundernswerten Detailliebe, mit Kompositionen, die sich Zeit nehmen und diese auch einfordern und mit Passion. Ein größeres Kompliment kann man einer Veröffentlichung im Jahr 2020 eigentlich kaum machen.
Zurück in weltlichere Gefilde: Mit dem zuvor schon veröffentlichten 'The Midnight Folk' zeigen die Engländer, dass sie auch mitsingkompatible True Metal-Refrains drauf haben und mit der Entscheidung, ein rein instrumentales Stück das Album beenden zu lassen, beweisen sie wieder einmal Mut. Mut, der belohnt wird.
Diese, ohnehin nicht ganz einfach zu kategorisierende, Art von Metal kann man schwerlich besser machen. Folkig, positiv, unverbraucht, aber nie belanglos oder weichgespült. Kraftvoller und unglaublich englischer Metal vom Feinsten!
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Jakob Schnapp