DARK FUNERAL - Attera Totus Sanctus
Mehr über Dark Funeral
- Genre:
- Black Metal
- Label:
- Regain / Soulfood
- Release:
- 21.10.2005
- King Antichrist
- 666 Voices Inside
- Attera Totus Sanctus
- Godhate
- Atrum Regina
- Angel Flesh Impaled
- Feed On The Mortals
- Final Ritual
Meine letzten Lateinstunden sind zwar mittlerweile schon zwölf Jahre her, aber irgendwas sagt mir, dass die finstren Schweden im Albumtitel den Akkusativ mit dem Nominativ verwechselt haben ... Na ja, sei's drum, jedenfalls kündigt der Titel vollmundig und mehr als nur dezent klischeehaft an, dass man musikalisch alles Heilige zertreten wolle und nichts anderes ist es, was die getreue Anhängerschaft von einer der führenden Düsterhorden Schwedens erwartet. Zunächst schickt sich jedoch noch das Label an, die Nerven des Kritikers zu zertreten (für die Altsprachler: atterat nervos critici), indem es ihm im Zwei-Minuten-Takt mittels eines des finstren Sprechgesangs mächtigen "Gastsängers" mitteilen lässt, dass er gerade das aktuelle Album von DARK FUNERAL höre, welches am 24.10.2005 erscheine. Nun, was er hört, das weiß der Verfasser dieser Zeilen bereits, und dass das Veröffentlichungsdatum der Platte in Deutschland um drei Tage vorverlegt wurde, ist Künstlerpech für die grollende Stimme aus dem Off.
Nun ist aber genug gemeckert, denn auch die angesprochenen Störfaktoren können nicht verschleiern, dass die Truppe um Bandgründer Lord Ahriman auch dieses Mal einen wirklichen Höllenhammer eingetütet hat, der mit wahnsinniger Durchschlagskraft auf die Fundamente eurer Gehörgänge eindreschen wird. DARK FUNERAL ist eine der wenigen großen alten Bands des Genres, die auch heute, zwölf Jahre nach ihrer Gründung, noch sehr treu zu ihren stilistischen Wurzeln steht. Zwar ist die Mannschaft mehrmals ein wenig umbesetzt worden und instrumental sicherlich deutlich gereift, doch im Grunde genommen frönt das Gespann nach wie vor dem infernalisch rasenden Black Metal der alten schwedischen Schule, und das auf dem höchsten denkbaren Niveau. Härtetechnisch wurde vielleicht sogar noch mal eine Schippe nachgelegt. Schlagzeuger Matte Modin gilt ohnehin als ein Ausnahmekönner im schwarzmetallischen Bereich, und so sind seine Blasts und Doublebass-Attacken auch hier sehr bemerkenswert. Bereits der Opener 'King Antichrist' (... ja, die Klischees werden wieder mal bis zum Abwinken ausgereizt ...) kracht mächtig ins Gebälk und auch das folgende '666 Voices Inside' macht keine Abstriche in puncto wahnwitziger Geschwindigkeit. Das Gefühl eines über die Einöde fegenden Wintersturms verstärkt, alter Gewohnheit entsprechend, das rasende Gitarrengewitter, das Lord Ahriman und Chaq Mol entfachen. Dabei ist es das typisch schwedische Element, das wir in den ergreifenden, düsteren und doch unheimlich anmutigen Melodiebögen wiederfinden, das DARK FUNERAL auszeichnet und für die heutige Szene so essenziell macht. Es gibt nicht mehr allzu viele Bands, die auf diesem Niveau Aggression und Melodik verbinden, ohne dabei mit bombastischen Keyboards das ursprüngliche Flair zu verwässern und bei ihrem Unterfangen trotzdem einen hohen musikalischen Anspruch wahren. Der Gesang von Caligula ist dabei dieses Mal recht variabel ausgefallen und dennoch brutal bis ins Mark. Weitere herausragende Momente bieten das schön mit ausnahmsweise gezügeltem Tempo arbeitende 'Atrum Regina' und das daraufhin um so wahnwitziger wirkende Überschallmonster 'Angel Flesh Impaled'.
Während sich die norwegische Schwarzwurzelszene auf durchaus begeisternde und mitreißende Weise immer stärker in drei extreme Richtungen entwickelt (Avantgarde, Bombast und traditionsbewusster Minimalismus), ist es auch erfreulich, dass es in Schweden noch Bands gibt, die einen gesunden Mittelweg aus den Mittneunzigern in die Neuzeit hinübergerettet haben. Frei von zu großer Innovation, aber ebenso frei von kargem Reaktionismus, bahnen sich die Recken von DARK FUNERAL ihren eigenen Weg zur schwarzmetallischen Perfektion, und mit einem Album wie "Attera Totus Sanctus" sind sie davon gar nicht mal weit entfernt. Für mich zusammen mit NAGLFARs "Pariah" das definitiv beste Stück schwarzen Schwedenstahls des Jahres und für jeden DARK FUNERAL-Fan völlig bedingungslos zu empfehlen. Auch wer die Band noch nicht kennt, aber generell seine Freude an schnörkellosem, gnadenlos aggressivem und dennoch melodischem Black Metal hat, kann hier musikalisch eigentlich nichts falsch machen, auch wenn die Klischeeflut leider schon fast karikative Züge annimmt.
Anspieltipps: King Antichrist, 666 Voices Inside, Attera Totus Sanctus, Atrum Regina
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle