DARKTHRONE - Old Star
Mehr über Darkthrone
- Genre:
- Black Metal / Doom Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Peaceville Records / Snapper Music
- Release:
- 31.05.2019
- I Muffle Your Inner Choir
- The Hardship Of The Scots
- Old Star
- Alp Man
- Duke Of Gloat
- The Key Is Inside The Wall
Der dunkle Thron schreitet auf dem mit dem arktischen Donner begangenen Pfad fort und muss niemandem etwas beweisen.
Wenn es neben der Begeisterung für die Musik selbst für den Kritiker einen weiteren Grund gibt, das einflussreiche Duo aus dem norwegischen Kolbotn mit besonderem Interesse zu verfolgen, dann ist es eine in dieser Form selten zu beobachtende Synthese aus revolutionären, progressiven und konservativen musikalischen Kräften, welche Fenriz und Nocturno Culto immer wieder auf Vinyl zu bannen in der Lage sind und welche so manchem Fan der Band Fluch und Segen zugleich sein mögen, besonders wenn er es gerne vorhersehbar hat.
Kaum eine Band hat so oft ihren Kurs modifiziert, durchaus auch mal unter Einschluss eines Bruches mit der eigenen Vergangenheit, wie etwa beim revolutionären Schritt von "Soulside Journey" zu "A Blaze In The Northern Sky", der die Welt des extremen Metals aus den Angeln hob. Doch meist waren die Übergänge etwas sanfter, aber dabei nicht weniger entschlossen, wie zwischen "Panzerfaust" und "Total Death", als der zermalmende FROST-Geist die grimmige Nordland-Raserei überlagerte, dann wiederum zwischen "Sardonic Wrath" und "The Cult Is Alive", als mehr und mehr traditionelle 80er-Metal-Einflüsse Einzug hielten, und zuletzt wieder etwas deutlicher zwischen "The Underground Resistance" und "Arctic Thunder", als sich die beiden Norweger wieder von der allzu deutlichen Anlehnung an den Achtziger-Underground-Metal und der hälftigen Aufteilung des Gesangs verabschiedeten, welche die Alben davor geprägt hatte.
Bisher war es nun häufig so, dass DARKTHRONE nach einem solchen Umbruch, gleich ob es ein sanfter oder ein etwas krasserer war, immer wieder über eine ganze Reihe von Alben eine recht schlüssige und graduelle Weiterentwicklung durchmachte. So ist es nun auch beim neuen und mittlerweile achtzehnten Studioalbum "Old Star", das im Mai 2019 erschienen ist und dort anknüpft, wo "Arctic Thunder" drei Jahre zuvor aufhörte. Wie es inzwischen Sitte ist, teilen sich Ted und Gylve das Songwriting sehr brüderlich und so gibt es auf dem neuen Werk abwechselnd je drei Songs aus der Feder beider Protagonisten zu hören, wobei sich Fenriz zum zweiten Mal in Folge der Gesangseinlagen enthält und Teds noch immer unverkennbarer, grollender Stimme das Spotlight überlässt. Dafür stammen indes alle Texte von Fenriz, so dass wir sicherlich nicht davon ausgehen müssen, dass es eine Schieflage im Bandgefüge gibt.
Wie wir es von DARKTHRONE nicht anders erwarten durften, ist auch "Old Star" natürlich Metal durch und durch. Genrefremde Einflüsse gibt es keine, und es ist auch wirklich alles an dem Album traditionell bis ins Mark. Allerdings haben wir wiederum eine leichte Modifikation des klanglichen und stilistischen Gesamtbilds, denn so wie es "Arctic Thunder" schon angedeutet hat, so bestätigt es der alte Stern: Einflüsse aus dem Doom Metal sind es wohl, die Gylve und Ted derzeit beschäftigen. So ist "Old Star" aus meiner Sicht die DARKTHRONE-Platte, welche die stärksten Doom-Vibes der gesamten Diskographie aufweist. Natürlich handelt es sich nicht um eine Doomscheibe im eigentlichen Sinn, denn durch Nocturno Cultos grimmige Stimme, durch die teils nach wie vor sehr präsente CELTIC-FROST-Schlagseite des Riffings und die bei DARKTHRONE niemals komplett verlorene Schwärze und Grimmigkeit im Ausdruck, sind natürlich auch noch genügend Black-Metal-Elemente vorhanden. Auch der traditionelle Achtziger-Metal ist noch Teil des Gesamtbilds, aber Doom spielt eine große Rolle, speziell Doom im Sinne von SAINT VITUS.
Doch keine Angst, liebe Fans der Raserei: "Old Star" ist keine Zeitlupenaufnahme des dunklen Throns, denn schon der Opener 'I Muffle Your Inner Choir' hat eine enorm hohe Schlagzahl und weist noch am ehesten Parallelen zu den gelegentlichen Speed-Metal-Referenzen der vergangenen Jahre auf. Damit hat das Album einen richtig starken Auftakt mit eingängigen, durchaus melodisch prägnanten Riffs, ziemlich entschlossenem Grollen Nocturno Cultos und einem großartigen Break zur groovenden zweiten Hälfte und deren schleppendem Monsterriff, bevor zum Ende hin das schnelle Motiv nochmal aufgegriffen wird und im old-schooligen Instrumentalinferno in bester VENOM-Tradition endet. Dem starken Einstieg steht das folgende 'The Hardships Of The Scots' in nichts nach, legt es doch direkt mit einem grandiosen, getragenen und doch messerscharf schneidenden Riff los und entfacht eine Doomwalze, natürlich mit einer massiven CELTIC FROST-Verneigung, die für DARKTHRONE ja wahrlich nicht neu ist, mich aber immer wieder voll und ganzen packen kann. Spannend bleibt das Songwriting gleichwohl, denn natürlich wird das alte Vorbild aus der Schweiz nicht haarklein kopiert wie bei zahlreichen Epigonen. Gerade im Gitarrenbereich bringt Ted Skjellum hier einiges an verspielter Melodiearbeit mit, die wir so bei Tom G. Warrior eher nicht gefunden hätten.
Nochmals ein ganzes Stück mehr Doom Metal wird uns beim finsteren, hoffnungslosen Titelstück serviert. Hier begegnen wir spürbaren BLACK SABBATH- und vor allem SAINT VITUS-Vibes, und Fenriz' Text ist schlicht unfassbar deprimiert und nihilistisch, dies indes auf sehr abstrakte und metaphorische Art und Weise. 'Alp Man' zieht in Sachen Tempo dann wieder etwas an und präsentiert sich als in den Nacken gehender Midtempo-Stampfer gehobener Klasse, auch hier wieder mit einem grandios basischen Drum-Break im Mittelstück und sehr eindrucksvoller Intrumentalpassage allein aus der Essenz von Bass, Gitarre und Drums. Trocken, unprätentiös, grimmig und live. Hier begegnen wir einer weiteren Stärke der Band und des Albums: Ted und Gylve bannen nichts auf Platte, was nicht klänge als stünde man bei den beiden im Proberaum. Im Endeffekt hat "Old Star" den puren Live-Recording-Sound, der aber trotzdem differnziert ist und alle Instrumente und den Gesang an ihrem Platz hat, was im Anschluss auch 'Duke Of Gloat', das zweite Uptempo-Stück des Albums mit seinen merklichen Speed- und dezenten Punk-Vibes belegt.
Mit dem Verklingen der letzten Takte des Hinausschmeißers 'The Key Is Inside The Wall' - eines unbeschreiblich heavy aus den Boxen fließenden Brockens mit erneut tollen Riffs und wuchtigen Drumbeats - ist einmal mehr klar, dass DARKTHRONE keine Kompromisse macht und auch nicht machen muss. Niemandem mehr etwas zu beweisen zu müssen, war schon vor dreizehn Jahren eine Losung des Duos und genau das merkt man "Old Star" zu jeder Sekunde an. Es ist ein durch und durch schlüssiges, starkes Album, das vor Selbstbewusstsein strotzt und bei dem man zu wirklich jeder Sekunde spürt, dass die beiden Musiker die Songs schreiben, den Stilmix fahren und sich den Klang so zurechtgezimmert haben, wie sie es eben haben wollen. Wir dürfen dabei sein und zuhören. Das ist genug der Ehre und stets eine Freude.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle