DARKTHRONE - The Underground Resistance
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2013
Mehr über Darkthrone
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Peaceville (Edel)
- Release:
- 01.03.2013
- Dead Early
- Valkyrie
- Lesser Men
- The One You Left Behind
- Come Warfare, The Entire Doom
- Leave No Cross Unturned
Immer wieder reizen sie die Belastbarkeit der Fans aus und landen doch wieder neue Volltreffer.
Wenn man mir in Sachen DARKTHRONE eines nicht nachsagen kann, dann ist das Objektivität. Daher möchte ich euch an dieser Stelle bitten, genau diese auch nicht von mir zu erwarten, wenn ich euch vom sechzehnten Album des norwegischen Duos berichte. Zweiundzwanzig Jahre des Fandaseins, in dem du alle Irrungen und Wirrungen mitgemacht und nachvollzogen hast, können dich ausgiebig prägen, und in diesem speziellen Fall ist es tatsächlich so, dass mich bisher keine Entwicklung und kein Stilbruch der Herren Nagell und Skjellum je aus der Bahn werfen konnte, wenngleich mir immer klar war, warum jedes einzelne Album der Band den Stoff für teils erbitterte Kontroversen bot.
So ist die neue Scheibe "The Underground Resistance" auch durchaus wieder gut dafür, noch mehr Fans der legendären Black-Metal-Phase endgültig zu verprellen, als es seine vier Vorgänger eh schon getan haben. Doch hat ernsthaft jemand etwas anderes erwartet? Fenriz lässt seit Jahren keine Gelegenheit aus, zu betonen, dass ihn der rasend-klirrende und "wahrhaftige" Black Metal heute nicht mehr reizt, und dass er seine stilistische Heimat im rumpelnden, urigen Old-School-Metal der Achtziger gefunden hat. Genau das hört man dem neuen Album auch noch deutlicher an, als den schon entsprechend stark in diese Richtung schielenden Vorgängern seit 2006.
Was Album Nr. 16 dennoch anders macht, ist, dass es sich inzwischen nicht mehr um Black Metal mit entsprechenden Achtziger-Einflüssen handelt, der hier und da einen reinrassigen Old-School-Song mit Fenriz am Mikro als Farbtupfer bereit hält, sondern mehr oder weniger um ein Split-Album, das zu fünfzig Prozent aus räudigem, stark von den Achtzigern beeinflusstem Black/Thrash oder Black/Doom besteht, dem Meister Skjellum seine Stimme leiht. Zur anderen Hälfte besteht es dafür aus reinrassigen Verneigungen vor all den obskuren Untergrundhelden, die vor dreißig Jahren die Metalszene speedig, doomig oder episch rumpelnd überfallen haben. Dass da der gute Fenriz die Stimmbänder quälen darf, ist Ehrensache, und wer sich an allerlei alte Helden von EXCITER und AGENT STEEL über MANILLA ROAD bis WITCHFINDER GENERAL erinnert fühlt, der hat das Konzept wohl verstanden.
Der grimmige und tödlich ernste Schwarzheimer wird davon zutiefst angewidert sein, der Feingeist und Progomane wird DARKTHRONE demonstrativ belächeln, und der Achtziger-Underground-Fan wird sich - nicht minder tödlich ernst als der Schwarzheimer - fragen, ob die Herren das wirklich ernst meinen, oder ob sie nur alle und jeden verulken. Als unbelehrbarer DARKTHRONE-Maniac steht man ratlos dazwischen, versteht alle Perspektiven ganz gut, und findet es ... trotzdem toll!
Zunächst einmal merkt man "The Underground Resistance" nämlich an, dass es längere Zeit hatte zu reifen, als all seine Vorgänger seit der Jahrtausendwende. Die Band hat sich spürbar intensiv mit dem Songwriting befasst und serviert uns sechs Stücke, die alle einen individuellen Charakter haben und die eben nicht nach DARKTHRONE-Standard klingen, sei jener auch noch so unterhaltsam. Auf der neuen Platte musste ich mir jeden Song erarbeiten, und das nicht, weil er komplex oder sperrig wäre (bizarre Vorstellung, oder?), sondern weil ich mich jedes mal von Neuem fragte, ob das denn eigentlich noch DARKTHRONE ist, was ich da gerade höre.
Die Songs mit Gesang von Nocturno Culto und Fenriz wechseln sich ab, so dass allein dadurch ein ziemlich spannender Gesamteindruck entsteht. Dabei ist der flotte Opener 'Dead Early' gleich mal ein feiner Einstieg, der Nocturnos unverkennbar grollendes Organ perfekt in Szene setzt. Danach groovt sich mit Nachdruck und ordentlich Gas rockender Black/Thrash durchs Unterholz, der von völlig unverkennbaren Skjellum-Riffs getragen wird und doch frisch und unverbraucht klingt. Es folgt auf dem Fuße des Herrn Fenriz' erste Demonstration namens 'Valkyrie', die sich als epischer, doomiger Hymnus präsentiert, der auch ein bisschen cleanes Gezupfe, ein herrlich walzendes Ur-Doom-Riff und schrägen, beschwörenden Gesang der verschärften NWoBHM-Doom-Schule zu bieten hat. Auch hier wird das Tempo jedoch zwischenzeitlich deutlich angezogen, sodass wir insgesamt teils von Epic Metal und teils von Doom sprechen können.
Während Teds 'Lesser Men' im Anschluss am ehesten auf die keltisch-frostige Phase der Band verweist, dafür aber einige abgedrehte Leads parat hält, die früher fehlten, knüpft Fenriz mit 'The Ones You Left Behind' genau dort an, wo er mit 'Circle The Wagons' aufgehört hat. Beide Protagonisten haben sich jedoch ihre jeweiligen Highlights für den Schluss aufgehoben, sodass uns erst einmal Ted meinen persönlichen Lieblingssong 'Come Warfare, The Entire Doom' entgegen schleudert, der mit Nachdruck schleppenden, tiefschwarzen Doom liefert, der mir das Herz aufgehen lässt. Ein herrliches Solo gleich am Anfang, und dann diese Gesangsdarbietung: ein teuflisch grimmiges Vergnügen!
In die Nacht entlässt uns am Ende Fenriz mit dem Vierzehnminüter 'Leave No Cross Unturned', der einmal quer durch den US-Metal-Untergrund der Achtziger und durch die NWoBHM hoppelt und unterwegs mal AGENT STEEL, mal POSSESSED und mal AVENGER und BLITZKRIEG zitiert. Manchem Hörer ist das am Ende sicher zu lang und zu spärlich mit Abwechslung ausstaffiert, für mich macht jedoch gerade das zum Finale hin etwas perseverative Element den DARKTHRONE-Touch aus.
Als Fazit bleibt selbst für mich als langjährigen nibelungentreuen Fan die Erkenntnis, dass die Band ihren Kredit bis zum absoluten Limit ausreizt, und letztlich nicht überrascht sein darf, wenn sie weitere (ex-)Fans verliert. Es wird den Jungs im Zweifel völlig egal sein, denn "The Underground Resistance" entfernt sich in der Tat ganz bewusst nochmal ein gutes Stück weiter von dem, was man bislang mit der Band assoziierte, als wir es je für möglich gehalten hätten. Auch mir persönlich wäre es zum Beispiel lieber gewesen, wenn die Fenriz-Songs die drei Farbtupfer geblieben wären, und das Material mit Nocturno Culto mehr Raum bekommen hätte. Nicht weil ich Fenriz' Stimme nicht mögen würde, sondern weil Teds Stimme eben so untrennbar mit DARKTHRONE verbunden ist, dass ich nicht genug davon kriegen kann.
Doch bei allem Für und Wider bleibt für mich einmal mehr die Erkenntnis, dass ich auch diesen Schritt mitgehen kann und mitgegangen bin. So haben wir hier einfach sechs extrem lässige Hymnen, die sich rasch unauslöschbar ins Hirn eingraben, die man wunderbar mitgrölen kann und die von unverkennbaren Riffs und zwei absoluten Charismatikern als Frontmännern leben. Von Album zu Album lotet die Band neue Tiefen und Untiefen aus, immer wieder geht sie an die Grenze der Belastbarkeit ihrer Fans und stets ist das Ergebnis dann doch wieder ein Volltreffer für mich. Wer das nicht verstehen will, der soll es bleiben lassen.
Mehr zu diesem Album:
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle