DAS BILDUNGSBüRGERTUM - Das Bildungsbürgertum
Mehr über Das Bildungsbürgertum
- Genre:
- Punk
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Bakraufarfita Records
- Release:
- 30.12.2022
- Endlich wieder Sommer
- Hinter den Vorhängen
- Kleinstadtbiotop
- S.B.B.
- Bahnhof Westerstede-Ocholt
- Heimatliebe
Punk vom Lande.
Die Prämisse dieser Band - wie sie im Promomaterial des Labels auch offensiv vertreten wird - ist es, "die ewige Wiederkehr des Gleichen" zu durchbrechen. Ein eherner Ansatz, zweifelsohne. Ob Nietzsche sich mit diesem Satz auch auf das gefühlt hundertste Album der TOTEN HOSEN bezogen hat? Davon ist auszugehen, denn so schön es für notorische Fans dieser oder ähnlicher Bands ist, mich langweilt es einfach nur. Ich schwadroniere in diesem Zusammenhang gerne vermessen vom Zenit, den diese oder jene Formation bereits überschritten hat. Wie angenehm bittersüß hingegen Gruppen wie etwa LUNAR SHADOW sind, die innerhalb weniger Jahre gesagt haben, was sie zu sagen haben und dann (vermutlich?) abgetreten sind. Nun denn, zurück zum Thema: DAS BILDUNGSBÜRGERTUM steht am Beginn dieses Weges und um das Fazit schon vorwegzunehmen: Dieser Weg darf gerne ein längerer sein.
Obwohl auf der selbstbetitelten EP im Grunde keine dem Genre unbekannten Zutaten verwendet wurden, klingt das Ergebnis herrlich eigen, frisch und attraktiv. Jedenfalls hat mich das Lied (und Video) meiner Erstbegegnung nicht mehr losgelassen. Das mag dem ungewöhnlichen aber starken Gesang geschuldet sein, den durchaus poetischen Texten oder einfach der Tatsache, dass es ein wirklich gut komponiertes Lied ist. Es handelt sich dabei natürlich um 'Bahnhof Westerstede-Ocholt'. Diese nostalgisch-melancholische Stimmung! Trotzdem so mitreißend treibend. Und dann die Bridge: "... jemand hat heimlich des Nachts in die Bahnunterführung gekackt, wer auch immer das war, wer auch immer das tat, es gibt keinen der mir je so aus der Seele sprach." Seit den POGUES hat es keine Band mehr geschafft, so treffsicher die Schönheit in der Hässlichkeit zu porträtieren. Das und nur das ist Punk.
Der Rest der EP kann das schwindelerregende Niveau dieses Übersongs natürlich nicht ganz halten, macht aber dennoch extrem viel Spaß. Am nächsten kommt dem noch 'Hinter den Vorhängen' mit seinem sprachlich hochwertigem Text und dem hymnischen Refrain. Manchmal geht's dann textlich eher in Richtung Liedermacher/Poetry Slam ('Endlich wieder Sommer' oder 'Kleinstadtbiotop') oder auch klassischer Deutschpunk wie bei 'S.B.B.', das aus der Sicht eines Täters geschrieben wurde.
Die meisten Stücke sind liebevoll arrangiert und ausgearbeitet und gehen trotzdem sofort ins Ohr. Das einzige, was mir persönlich nicht ganz so taugt, sind "Jajaja-Parts" wie etwa im Refrain von 'Heimatliebe'. Aber das kann man auch anders sehen. Über die Musik muss man darüber hinaus nicht viele Worte verlieren, es regiert Punkrock mit leicht metallischer Schlagseite (Soli!), hört sie euch einfach an, es lohnt sich. Ich bin jedenfalls sehr gespannt auf das kommende Album.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Jakob Schnapp