DE MANNEN BROEDERS - Sober Maal
Mehr über De Mannen Broeders
- Genre:
- Dark Folk
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Relapse Records
- Release:
- 11.10.2024
- Alle Roem Is Uitgesloten
- Asemruumte
- Verteere Heel
- Van Licht Ontdaan
- Grafschrift
- Omer III
- Onze Lieve Vrouwe
- Ons Nu Vorbij
- Sober Maal
Eine minimalistische Reise durch die Welten des düsteren Folks.
Mehr als die Hälfte meines Lebens habe ich in einem kleinen Dörfchen an der niederländischen Grenze gelebt. An den Wochenenden ging es dabei oftmals zu den angrenzenden Märkten, schließlich konnte man Fisch, Käse und Kaffee bei den Nachbarn immer günstiger einkaufen. Die Erlebnisse mit der holländischen Sprache haben dabei einige sehr ambivalente Eindrücke geschaffen. Einerseits haben mir die vielen kumeplhaften Floskeln immer gut gefallen, waren aber irgendwie nicht auf unsere Muttersprache übertragbar. Andererseits klingeln meine Ohren heute noch, wenn ich an die Lautstärke denke, mit der damals Waren angeboten oder Unterhaltungen geführt wurden, weshalb es mir manchmal schwer fällt, jenseits der Grenze wieder Gespräche aufzunehmen, weil sich hier auch einiges eingeprägt hat, was im Erinnerungsschatz nicht als wertvoll deklariert wurde.
Dass die Musiker von DE MANNEN BROEDERS also in ihrer Muttersprache agieren würden und ein düsteres Epos geschaffen haben, in dem auch viele gesprochene, sehr akzentuierte Parts stattfinden, hat mich anfangs ein wenig abgeschreckt. Eigentlich unnötig, schließlich sollte ich es besser wissen und meine Urteilsfindung noch einmal überdenken. Dennoch klingelt es dann doch wieder, wenn in den Interludien von "Sober Maal" sakrale Vocals mit jener Sprache, der ich ein wenig zwiegespalten gegenüberstehe, auftauchen und sich vermeintlich poetisch geben.
Doch dem unprofessionellen Vorurteil zum Trotz schafft die Truppe, der neben AMENRA-Frontmann Colin van Eeckhout auch der niederländische Liedermacher und Folk-Künstler Tonnie 'Broeder' Dielemann angehört, relativ schnell ein sehr faszinierendes Bewusstsein für die Klänge, die DE MANNEN BROEDERS hier kreiert hat. Aufgenommen in nur wenigen Tagen in einer Kirche in Middelburg, bewegt sich die Truppe immerzu zwischen experimentellen und doch epischen Drone-Elementen und düsterem, klassischem Folk, eingebettet in eine tiefe Traurigkeit, die ihren Höhepunkt im bewegenden 'Grafschrift' findet. Die Gesänge, die Chöre, dann aber auch wieder dieser durchgängige Minimalismus - all das erzeugt wunderbare Kontrastmomente, die mit wachsender Spieldauer immer fesselnder werden und trotz der eingesprochenen Zwischensequenzen nicht aus dem Fluss geraten.
ALlerdings muss man sich auf "Sober Maal" auch langsam vorkämpfen. Der überlange Opener 'Alle Roem Is Uitgesloten', beispielsweise, vertieft direkt mal die Drone-Ansätze und entwickelt sich erst schleppend von seiner sonoren Klangkulisse zu einem finsteren Folksong, an dessen Ende diese Gänsehautgesänge zum ersten Mal Ansprüche anmelden. Mit der stets gleichbleibenden Intensität schreiten die Musiker voran, steigern sich im melancholischen 'Verteere Heel' erneut zu einem packenden, gar monumentalen Schlussakkord und liefern mit dem abschließenden Titelsong eine der traurigsten, epischsten und zugleich bewegendsten Nummern, die mir in letzter Zeit untergekommen ist.
Und die Sprache? Der Gesang? Die angesprochene Poesie? Ja, es hat eine Weile gedauert, bis hier eine gewisse Freundschaft entstanden ist, doch am Ende macht auch das alles Sinn, beginnt eine harmonische Liaison und nimmt den angesprochenen Voraburteilen all ihren Sinn und ihre Kraft. Sicherlich wird DE MANNEN BROEDERS mit diesem Album nur einen eingschränkten Hörerkreis erreichen, denn letztlich ist die Musik zu speziell, zu eigenwillig und aufgrund der völligen instrumentalen Reduzierung auch zu schwer greifbar. Aber die Reise lohnt und belohnt und sie macht auch mich ganz glücklich, habe ich doch meinen Frieden mit etwas gefunden, was ich in der Vergangenheit oft genug als anstrengend empfunden habe. Dafür kann ich mich im Nachhinein auch nur bei meinen holländischen Freunden entschuldigen!
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Björn Backes