DECADES - Cold Comfort
Mehr über Decades
- Genre:
- Synthiepop
- Label:
- Rondokraft / Pool Music and Media Service GmbH
- Release:
- 23.03.2005
- Tell Me
- Gattaca
- Travelling
- Uphill World
- No Cure
- No Excuse
- You And Me
- The Veil
- Everyday
- Together Alone
- Butterfly In The Wind
- Central Dazzling Starlight
Das Duo DECADES hat mit "Cold Comfort" ein überwiegend ruhiges Synthiepopalbum eingespielt.
Die Songs zeichnen sich vor allem durch die warme und anheimelnde Stimme des Sängers Stefan Leukert aus, welcher seine Zeilen gelassen bis einfühlsam intoniert, während Thomas Bleskin für die Synthesizer verantwortlich zeichnet. Letztere bieten eine runde Mischung aus eher distanziert gehaltenen Einzeltönen und beruhigenden Flächen, teilweise unterlegt mit durchaus tanzbar pumpenden Beats, welche sich jedoch nie allzu stumpf in den Vordergrund drängen; allerdings bleiben sie auch etwas bieder.
Unspektakulär ist jedoch nicht immer auch gleich langweilig, und so haben DECADES denn ein wirklich einlullendes Geflecht aus entspannt fluffigen bis einsam romantischen Stimmungen geschaffen, ohne dabei direkt einschläfernd zu wirken. Freilich ist das nicht sonderlich innovativ, und so hört man tatsächlich immer wieder einzelne Acts oder auch archetypische Strömungen heraus, die man bislang eigentlich fest in den Achtzigern verwurzelt geglaubt hat.
Quasi als Paradebeispiel in dieser Hinsicht braucht man sich bloß einmal 'Gattaca' anzutesten:
Das Stück wartet hier mit echobeladenen Keyboardklängen auf, bedient sich dort bei den gleichen Synthieklängen wie der Genre-Prototyp 'Popcorn' von HOT BUTTER, und unterlegt das Ganze mit einer wavig an CAMOUFLAGE gemahnenden Melodie; wer den leicht unterkühlt doch farbkräftig ganz auf understatement durchgestyleten Film gleichen Namens gesehen hat, wird durch das Stück angenehm an diesen zurückerinnert, findet man doch in beiden Fällen eine ganz ähnliche Grundstimmung vor.
'Uphill World' dagegen erinnert an WOLFSHEIM, doch auch diese Band hat sich ja bekanntlich den eher traditionellen WavePop-Klängen verschrieben - obgleich vermischt mit einigen sehr dezent eingebrachten sowie stark verlangsamten Techno-Elementen. DECADES klingen jedoch noch einen Tick harmonischer und zugänglicher.
Achtzigerjahresound? Synthiepop?
Da drängt sich nicht zuletzt der Gedanke an eine ganz bestimmte Megaband auf ...
Ja, der Vergleich mit DEPECHE MODE ist zulässig, hinkt aber. Denn rockig angehauchte Stücke wie 'Stripped' sollte man von DECADES auf gar keinen Fall erwarten. Für einen Tipp des Monats auf depechemode.de hat es dann aber gerade noch gereicht. ;-)
Was musikalische Vorbilder zum vorliegenden Debüt angeht, sagt Thomas Bleskin:
»Da müssen wir auf Fälle unterscheiden zwischen Songs und Sounds. Was die Sounds und die Arrangements angeht, ist VINCE CLARK für mich eindeutig der ... geschickteste, so will ich's mal ausdrücken. Aber der Einfluss ist nie direkt.«
Sein Partner Stefan Leukert dazu:
»Beim Songwriting lassen wir uns eher selten von elektronischen Bands beeinflussen. Klar, MARTIN GORE schreibt klasse Songs, aber er ist da wohl die große Ausnahme. Für mich sind zum Beispiel Leute wie COUSTEAU oder BADLY DRAWN BOY wichtiger. [...] Ich hoffe, dass wir mit unserer CD Leute erreichen, denen beim Synthiepop immer zu wenig Pop dabei war.«
Dieses Ziel kann als so gut wie erreicht gelten.
Denn "Cold Comfort" ist ein Album, welches die Popper unter Euch weitaus mehr ansprechen dürfte als die etwa auf tief schürfende Stimmungen bedachten Electro-Goths; allerdings seien unter dem Begriff Popper hier keine effektverwöhnten Dancefloorkiddies zu verstehen, welche mehr oder weniger wahllos nach durchweg tanzbarer Hintergrundeschallung suchen, sondern Menschen, die schöne Melodien noch um ihrer selbst willen und gern hören.
Etwas genauer hinhören sollte man in der Tat, denn sonst rauscht dieses Album völlig unwahrgenommen an einem vorbei; seicht genug ist es dafür nämlich. Das ist freilich kein Negativum, jedenfalls sollte es das für die potentielle Zielgruppe besser nicht sein. Vielmehr sind hier samt und sonders Songs vertreten, auf die man sich schon etwas konzentrierter einlassen muss, um in ihnen wirklich versinken zu können. Das fällt dafür aber durchaus leicht, und so stört mich letzten Endes daran auch nur eines: Teilweise werden die Refrains für meinen Geschmack etwas zu oft wiederholt, sodass ich einzelner Stücke nach dem x-ten Durchlauf dann doch recht bald überdrüssig geworden bin. Aber vermutlich wird sich auch das wieder geben, wenn ich die Scheibe einfach ein paar Tage oder Wochen ungehört liegen lasse.
"Cold Comfort" ist damit sicherlich kein Album, das ich irgendjemandem als unbedingt anschaffungsverpflichtend anraten würde; gleichwohl hat es aber - so es denn beim Hörer auf Gefallen stoßen sollte - sicherlich das Zeug dazu, für diesen zu einem ebenso zeitlosen Ding zu werden wie Linus' alte Schmusedecke.
Positiv zu vermerken wären noch die gelungene Abfolge der Songs aufeinander, die ein angenehmes Durchhören ohne Durchhänger oder böse Überraschungen ermöglicht, sowie mein zweiter Anspieltipp 'You And Me', wo es für DECADESsche Verhältnisse mit nostalgisch anmutenden Stringsynths und zischend verploppenden Beats fast schon etwas düster zugeht. Hierbei handelt es sich zugleich um den wohl melancholischsten und nachdenklichst wirkenden Song des ansonsten eher entrückt versonnenen Albums.
Das etwas flach geratene 'The Veil' bietet als potenzielle Single (mit Tanzbarkeit) ansonsten wohl einen ebensoguten Einstieg wie das von angedeuteten Chören aus dem Effektgerät unterlegte, synthieumwaberte 'Everyday', während mit 'Together Alone' ein weiteres mattes Glanzlicht ganz nach meinem (eher wave-orientierten) Geschmack enthalten ist; auch wenn DECADES die Tiefe und kompositorische Klasse der musikalisch in eine ähnliche Richtung gegangenen JAW leider zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise erreichen, lasse ich mir dennoch - gerade in den Zeiten zwischen den Jahreszeiten - gerne auch ihren Sound ein ums andere Mal genüßlich in die Ohren laufen. Beatsiger veranlagte Typen mögen da eher auf den gefälligen Ohrwurm 'Butterfly In The Wind' fliegen, wiederum andere es mit dem leicht monotonen und entfernt an ORCHESTRAL MANEUVERS IN THE DARK erinnernden, es gar leicht spacig angehenden 'Central Dazzling Starlight' halten. Erwartet man keine Überraschungen, und sagt einem der oben beschriebene Stil zu, so dürfte man innerhalb des abgesteckten Rahmens durchaus fündig werden; geschmackskompatibel sind die Songs definitiv.
"Cold Comfort" ist also Pop as Pop can be: stilvoll zwar, doch nicht zu kunstbehaftet, einfühlsam doch niemals schwermütig, und trotz seiner unverkennbaren Stromlinienform keinesfalls eintönig. Nice!
Anspieltipps: Gattaca, You And Me, The Veil, Together Alone
- Redakteur:
- Eike Schmitz