DECENCE - The First Step
Mehr über Decence
- Genre:
- Synthie-Pop / EBM
- Label:
- Excentric / neo / Sony Music Import Service
- Release:
- 20.10.2003
- Genesis
- Burning Bridges
- Die Engel, die du riefst
- In Neon Light
- (Come Again) My Watching Star
- Words Of Truth
- Our Tragedy
- Cover Me
- Changes
- Your Heart
- Stars
- Come With Me
- Painful Illusions
- Empires In Defeat
- Time
Hier kommt satte Mucke für die Kopfhörer, die Autoanlage und das Tanzbein in den Clubs. Die Einmannshow Oliver Mietzner, seines Zeichens Jurastudent aus Bonn (ja, ihr dürft an dieser Stelle ruhig erschreckt zusammenzucken, mir geht's nicht anders), rollt als DECENCE die Clubs von hinten auf; seine Club-EP "The 1st Step" wird von den DJs hinreichend rotiert und belegte bereits vor einigen Wochen die Top10 der DAC-Bullets. Dieses sauber produzierte Debüt namens "The First Step" von großzügig bemessenen 64 Minuten hat allerdings auch einige Hitgranaten zu bieten.
Ein Begriff, der bereits beim energiegeladenen und geradezu hypnotischen Opener 'Genesis' doppeldeutig aufgefasst werden darf, denn bis auf meine Standboxen im Wohnzimmer hat keine Anlage diese Bassexplosion überstanden, ohne beleidigt das Handtuch zu werfen. Electronic Body Music mit melancholisch-düsterer Melodik, aber angenehm in Szene gesetzt, ohne irgendwie zu nerven, vorgetragen von Olivers warmer, charismatischer und dunkler Stimme. Klasse Teil. Ebenso erstklassig geht es mit 'Burning Bridges' weiter, nur mit etwas weniger intensiv ausgefülltem Klangteppich aus den Synthesizern. Dass Herr Mietzner eine klassische Klavierausbildung absolviert hat, kommt ihm dabei natürlich sowohl beim Tastaturgefiedel als auch in den Arrangements zugute. So, weiter geht's mit 'Die Engel, die du riefst', dem einzigen deutschen Song der Scheibe. Und den hätte er auch gern weglassen dürfen, denn was ganz interessant beginnt, zerbröselt dank kaum überzeugender Lyrik und vor allem eines elend monoton dargebotenen Gesanges. Genervt skippe ich nach zwei Minuten zu 'In Neon Light' weiter – na bitte, geht doch; netter Groove und interessante Soundbasteleien.
So richtig ins Horn bzw. die Boxen gestoßen wird allerdings mit '(Come Again) My Watching Star'. Wow. Es geht mir jedesmal eiskalt die Wirbelsäule hoch. Eine mit elektro-orchestralem Bombast geladene und von virtuosem Klavierspiel aufgebaute Powerballade, die schwer an DEINE LAKEIEN erinnert und mit einem endgeilen, kraftvollen Arrangement und glänzend gelungenen Lyrics aufwarten kann. Das Timbre, das Oliver da auspackt – hm, sicher, dass der Mann nicht gelegentlich bei den LAKEIEN singt, als verlorener Zwilling und so? Ich finde im Booklet übrigens keinen Hinweis auf einen Violinisten, also ist Oliver entweder auch noch das oder ein echter Virtuose an den Synthesizern. Aber wer es in diesem Song schafft, auch noch mehrfach im Chor bzw. Kanon mit sich selbst zu singen... So, jetzt müsst ihr einen Moment warten, weil ich das Fünfminutenstück wie immer erst ein paar Mal durchrotieren lasse, bevor die restlichen zehn Songs des Albums kommen dürfen.
Fertisch. Gänsehaut. Weiter geht's mit 'Words Of Truth', diesmal fast schon fröhlich, aber wie gehabt satt dynamisch tanzbar und mit dem richtigen body groove. Und gleich wieder runter mit dem Tempo; 'Our Tragedy' ist ein weiteres klassisch angehauchtes Balladesk-Gemälde. Irgendwie haben es mir die melancholischen Momente mit der richtigen Prise Bombast auf dieser Scheibe besonders angetan. Aber selbst bei diesen geht der kraftvolle Sound direkt auf's Brustbein.
Da die Scheibe mit 15 Songs ja nun gut gefüllt ist, will ich diesen Part meines Textes nicht ausarten lassen und die Sache abrunden. "The First Step" bietet ausgezeichnete Mucke zwischen Synthie-Pop und EBM, stets mit melancholischem Wave angereichert; Stücke zwischen extrem tanzbar, club- und durchaus chartstauglich und balladesk-dunkelromantisch sorgen für ein lohnendes Klangerlebnis, das bis auf den deutschen Song, der mir so gar nicht zusagen will, wirklich gutes bis ausgezeichnetes Material und einige wahrhaftige Monumente dunkler Clubkultur aus den abgründigen Tiefen musikalischen Schaffens zu beschwören weiß. Außerdem gehört dieses Debüt gefälligst in die Charts, denn das hier Gebotene dürfte auch Nicht-Schwarzkittel ansprechen. Greift euch das Teil.
Anspieltipps: Genesis; Burning Bridges; (Come Again) My Watching Star; Our Tragedy; Stars; Time. Jaja, ich hör ja schon auf.
- Redakteur:
- Andreas Jur