DEFTONES - Private Music
Mehr über Deftones
- Genre:
- Nu Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Reprise / Warner
- Release:
- 22.08.2025
- My Mind Is A Mountain
- Lucked Club
- Ecdysis
- Infinite Source
- Souvenir
- CXZ
- I Think About You All The Time
- Milk Of The Madonna
- Cut Hands
- Metal Dream
- Deaprting The Body
Die DEFTONES wagen den Paukenschlag: nach dreißig Jahren miteinander Abhängen die am besten abgehangene DEFTONES-Platte.
Die DEFTONES verbreiten private Musik. Wer ist dabei Zielgruppe? Wir, die Hörer? Die Band selbst? Kritik am Streaming? Denn immer weniger Konzerte in kleinem und mittleren Rahmen finden statt, fallen aus. Oder ist das nur ein Eindruck, verglichen mit den rosigen Vor-Corona-Zeiten? Gibt es nun nur noch Supergroups, Riesenevents in Innenstädten, royale Karten für schnell ausverkaufte Fünftausenderhallen? Dreiundzwanzigtausender Marktplätze? Oder einfach Olympiaparks umbauen, dass sich dort sechsstellig hineingezwängt wird? Von der Strandsituation in Rio nicht zu sprechen.
Ein Trend ist da schon zu bemerken, wobei sich die Gitarrenrockszene auch im Kleinen gut dagegen wehrt, wie wir hier in der Redaktion von unterwegs bestätigen können. Zumindest ein Luxus, in einer Großstadt zu leben, in diesem Sinne. Als ich versuchte, zwei Karten für die DEFTONES in Berlin zu erwerben, denn der Nachwuchs tastet sich langsam an die dröhnenden Heroen des Vaters heran, schloss ich großäugig die Ticketseite, weil wir dafür auch gemeinsame vier Tage Wanderurlaub in den Pyrenäen finanzieren könnten. Das nur dazu. Aber schade ist das schon. Dafür solch hervorragendes Material eben nur aus der Konserve.
Nach diesem Assoziationsausflug zum eigentlichen Teil der Betrachtung. Ein neues Album. Es raunte durch das Netz, die ersten beiden Auskopplungen gefielen schon mal. Auch mir. Ich folge der Einschätzung einiger Generationsmitglieder, die "Around The Fur" als Meilenstein besehen und verteidigen und sich auch auf "White Pony" als einen Klassiker dieses Stils Alternativen Metals einigen können. Melodisches Zischen, Barmen, Anschreinen und Verzweifeln eines gewissen Chino Moreno wird von aufdampfenden Gitarren, kühl splitterndem Drumsound und einer insgesamt hochweiten Atmosphäre umfangen. Das Rezept funktionierte gut - über eine Mehrzahl an Alben. Nach ihrem Album von 1997 war ich nicht mehr allzu euphorisch auf dem Pfad der Band aus Sacramento unterwegs, schnell hatte ich das Prinzip in seinen Wiederholungen über und erwarb mir selbst "White Pony" schon gar nicht mehr. Ich erinnere nur, dass mein WG-Juristen-Kumpel das Teil vergötterte – ob er es immer noch in seiner Wirtschaftsanwaltkanzlei in Frankfurts 38. Stock über die Stadt ausbreitet? Ich stelle mir das gut vor.
Und dann eben gefühlt zwei, drei Generationendurchläufe später nun "Private Music". Und es zündet. Zündet mich an. Hat es in einer Woche geschafft, mein bisher 2025 meistgehörtes Vollalbum zu werden. Jetzt schon wieder.
Denn es ist sich schwer zu entziehen, wenn die Stücke in dieser clever ausgewählten Aufeinanderfolge herunterhineinregnen. Mister Moreno klingt sehr aufgeräumt und lustvoll, dabei auch den Bandmates gegenüber trotzdem freundschaftlich zurückgemischt. So kann das außerordentlich fette Riffing zur Geltung, die Melodielinien in ihre Entfaltungen kommen, schlau gesetzte Ruhepausen in Aufwirbelungen enden, die sich schnellstens im Mithörohr eingefressen haben. 'My Mind Is A Mountain' klingt wie eine Parade – Hier sind wir! – mit allem, was ein Albumeröffner haben muss. Da bemerkt man die Erfahrung dieses Kollektivs, die Abgestimmtheit der einzelnen Bandteile. Lächelnde Sicherheit, genau zu wissen, wie man Metalhits schreibt, wie man es so klingen läßt, als schüttele sich solch wummernde Schönheit wie automatisch aus dem wabernden Basketballshirt. Eine besondere Erwähnung muss wirklich wirklich die ständige Duellierung der Gitarristen Stephen Carpenter und Frank Delgado mit Sänger Chino erhalten, die einen famosen Lauf miteinander gegeneinander entwickeln und die Stücke trotzdem zu geschlossenen Gebilden machen – ohne Länge und Schwächen. Ja, das habe ich gerade geschrieben.
Ob das Ableben von Bassist Chi Cheng oder auch die immer wieder auftretenden internen Spannungen Auswirkungen auf die Reifung der DEFTONES hatten, bleibt im Dunkeln. Und interessiert bei dem Ergebnis von 2025 nicht. Als nächste ständige Säule wäre da aber noch Schlagwerker Abe Cuningham, der genau wie Carpenter das leicht hinterherschleifende Spiel beherrscht, was dem Sound trotzdem eine große Vitalität und Druck verleiht. Wer auf dem zehnten Album solche Gänsehäuter wie 'Infinite Source', 'I Think About All The Time' oder das abschüssige 'Departing The Body' auf die Bretter bekommt... der hat das Warten sozusagen für sich kultiviert. Der hat auch die Sicherheit in sich gespeichert, mit 'Milk Of The Madonna' und 'Locked Club' oder 'Souvenir' Hallendachbefeuchter zu schreiben. Einfach so. Nein, nicht einfach so. Harte Arbeit, die sich so leicht anhört. So famos. Wirklich wirklich.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben