DEKADENT - Deliverance Of The Fall
Mehr über Dekadent
- Genre:
- Black Metal / Gothic
- Label:
- Pentacle / ALIVE
- Release:
- 25.01.2008
- Legates Of Blackness [Prologue]
- Path Of Lamentation
- Last Valediction
- A Cry Of Revolt
- Covet The Encounter
- Breaking The Wall
- The Hand Of Truth
- Call Of Deliverance
- Epilogue
- The Renaissance Of Purity [Bonus]
Von den Slowenen von DEKADENT war ich ja schon so ziemlich viel gewöhnt, hatte mich doch ihr Erstling "Manifestation Of Seasonal Bleeding", auf dem sie bereits rasenden Black Metal mit schön orchestrierten Parts vermischten und eine herrliche apokalyptische Stimmung verbreiteten, bereits völlig aus den Socken gehauen. Und obwohl die neue Scheibe "Deliverance Of The Fall" in eine andere Kerbe schlägt, ist sie trotzdem besser. Viel besser sogar, komplexer, gigantischer und majestätisch bis zum Abwinken. Und dazu gibt es noch das beste Musikvideo, das ich je gesehen habe.
"Deliverence Of The Fall" schimpft sich nämlich Konzeptwerk, eine Benennung, die bei vielen Bands nicht nur über Leben und Tod entscheidet, sondern auch den Sprung in die ganz große Musikwelt bedeuten kann (siehe "Operation: Mindcrime", "Nightfall In Middle-Earth", "The Wall", "Metropolis Pt.2" und so weiter). Sie können einen teilweise derart gefangen nehmen, dass man regelrecht süchtig nach der CD wird und die Band immer wieder am Versuch scheitern wird, diese zu toppen (siehe "Operation: Mindcrime 2"). Ob die neue DEKADENT-Scheibe der Band dasselbe Schicksal bescheren wird, ist noch offen, süchtig macht sie auf jeden Fall. Der Silberling strotzt nur so vor erhabenen Momenten, Aggressivität und einer kopfkinoerzeugenden Melodieführung, die einen immer wieder vor die heimische CD-Anlage zwingt, nur um sich wieder in diese mystische Welt entführen zu lassen.
Rein musikalisch ist das Gesamtwerk, welches nur aus einem einzigen Track besteht, recht einfach zu erklären: Ein Hauptmotiv, das so auch aus dem Film "Blade Runner" kommen könnte, Orchestrierungen, sich abwechselnder Frauen- sowie Kreischgesang und zwischen den langsamen, fast schon doomigen Parts die von DEKADENT bereits bekannte Black-Metal-Raserei. Zu erklären, warum einen das sofort mitreißt, ist da schon schwerer. Da wären zum einen der Aufbau, der keinerlei Längen offenbart, sowie zum anderen die emotionale und mitreißende Instrumentalisierung, verbunden mit dem passenden Gesang an den richtigen Stellen. Natürlich muss man sich das Werk am Stück geben und ihm seine volle Aufmerksamkeit schenken, sonst kann es schnell passieren, dass man sich langweilt. Doch sobald das Album gezündet hat, merkt man vom mühseligen Hineinhören nichts mehr. Die Melodien spuken im Kopf herum, in Gedanken geht man Zeile für Zeile mit und vor dem inneren Auge offenbart sich eine Welt, wie sie düsterer und dennoch majestätischer nicht sein könnte. Möchte man die Scheibe mit ihrem Vorgänger vergleichen, so würde sich der Longtrack 'Blind Finale' als Beispiel eignen, dem aber trotz einer Länge von sieben Minuten immer noch der Atem des 42-minütigen Meisterwerks fehlt.
Das Beste daran ist allerdings die beiliegende DVD, die den bereits erwähnten besten Videoclip, den ich je gesehen habe, enthält. Die bildliche Darstellung kann zwar für einige zu viel Pathos und Kitsch beinhalten, wer sich jedoch durch alle drei "Herr der Ringe"-Filme gebracht hat, ohne sich während der Naturszenen abzuwenden oder durch die Gestik der Hauptcharaktere zu kichern anfing, dem wird die DVD mit Sicherheit ein lautes Beifallklatschen entlocken. Für mich persönlich, da ich den Film erst nach der CD angeschaut habe, war es vor allem erstaunlich, wie gut die gezeigten Bilder sich mit denen aus meinem Kopf überschnitten und diese auch nachhaltig beeinflussen konnten.
Storytechnisch gibt es über das Konzept nicht viel zu sagen. Aus einer Mischung aus Religionshass und Orpheus und Eurydike, gemischt mit gigantischen Naturaufnahmen und Computereffekten auf Hollywoodniveau, ergibt sich vor allem ein Bild, in das man noch viel hineininterpretieren darf. Und egal ob man sich die Musik vorher oder nachher anhört, der Film enttäuscht in keinster Weise, passt die Musik sowohl zum Film - als auch umgekehrt.
Für Kritiksucher gibt es Langatmigkeit, Innovationslosigkeit und eine viel zu lahme Geschichte zu beklagen, jedoch nur, wenn man diese Kritik auch wirklich will. Wer sich durch verworrene CRADLE OF FILTH-Lyrik, "Herr der Ringe"-Bilder und einen gelungenen Mix aus Black Metal und Gothic gefangen nehmen lassen will, sollte sich sofort DEKADENTs "Deliverance Of The Fall" holen oder seine tiefdüstere Seele weiterhin hungern lassen.
Anspieltipps: Legates Of Blackness, A Cry Of Revolt, Call Of Deliverance
- Redakteur:
- Lars Strutz