DELAIN - Dark Waters
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2023
Mehr über Delain
- Genre:
- Symphonic Melodic Metal
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Napalm Records
- Release:
- 10.02.2023
- Hideaway Paradise
- The Quest And The Curse
- Beneath
- Mirror Of Night
- Tainted Hearts
- The Cold
- Moth To A Flame
- Queen Of Shadow
- Invictus
- Underland
- The Quest And The Curse (Piano Version)
Symphonisch-bombastischer Ohrenschmaus trifft auf gefällige Belanglosigkeit - ein zweischneidiges Schwert.
Den Liebhabern des gepflegten symphonisch-bombastischen Melodic Metals wird der Name DELAIN gar wohl in den Ohren klingen. Diese niederländische Formation bildete vor mehr als anderthalb Dekaden gemeinsam mit WITHIN TEMPTATION, AFTER FOREVER und EPICA die Speerspitze der UWoDSM, der Unique Wave of Dutch Symphonic Metal, in Fachkreisen auch "Gouda-Pomp mit Träller-Else" genannt. Dabei stand der DELAIN-Sound dem melodischen Power Metal à la NIGHTWISH meistens etwas näher als es bei den anderen genannten Protagonisten der Fall war, die mehr auf düster-romantische Ästhetik und prägnante Power-Rock-Riffs setzten. Ich habe noch heute grandiose DELAIN-Songs wie 'Generation Me' vom "We Are The Others"-Album (2012) oder 'Suckerpunch' von der 2016er EP "Lunar Prelude" klar und deutlich im Ohr. In diesen Stücken tragen wunderbare Melodien und Harmonien die eleganten Songideen in das Land, wo Milch und Honig fließen.
Mit dem letzten Album "Apocalypse & Chill" (2020) konnte die Band um Mastermind Martijn Westerholt, der selber mal Keyboarder bei WITHIN TEMPTATION war, nicht nur Applaus einheimsen, von dem bekloppten Cover mal ganz abgesehen. Irgendwie schienen die Songs nicht mehr ganz so zu zünden; es mehrten sich schon Stimmen, die orakelten, dass die Luft wohl ein bisschen raus sei bei DELAIN. Und was soll ich sagen - Martijn hat reagiert. Und wie! Locker mal das gesamte Line-Up hat der gute Mann ausgetauscht, inklusive der viel gelobten und geschätzten Frontfrau Charlotte Wessels. Das eigentlich Interessante an den personellen Schachzügen ist, dass mit Gitarrist Ronald Landa und Schlagzeuger Sander Zoer zwei Ex-Mitglieder zurück geholt wurden und man zwei Mal ganz frisches Blut hinzugefügt hat. Am meisten Aufmerksamkeit wird naturgemäß die Besetzung am Mikro auf sich ziehen. Die gebürtige Rumänin Diana Leah tritt in riesige Fußstapfen, aber selbstverständlich hat sie zumindest eine faire Chance verdient.
Was hat es nun also auf sich mit dem aktuellen DELAIN-Album "Dark Waters"? Kann die neu zusammengesetzte Truppe auf Anhieb überzeugen? Nach vielen Durchläufen, immer wieder schwankend zwischen Freude und Zweifeln, wage ich das Fazit: nur sehr bedingt! Bezeichnend ist, wie im Waschzettel des Labels zu dieser Platte gleich drei Mal darauf hingewiesen wird, dass DELAIN auf besonders tolle Weise Elemente aus der Pop-Musik mit symphonischem Melodic Metal verschmelzen würden. Nun haben sich Westerholt und Konsorten noch nie gescheut vor sehr eingängigen, plakativen Melodien und griffigen Arrangements, aber bisher stand so gut wie immer ein spannend komponiertes und tragfähiges Fundament darunter. Auf "Dark Waters" ist der popmusikalische Geist leider zu oft gleichzusetzen mit gefälliger Belanglosigkeit.
Dabei gelingt der Einstieg in die Scheibe mit dem DELAIN-typischen Mini-Hit 'Hideaway Paradise' und dem wirklich großartigen Beauty & The Beast-Kracher 'The Quest And The Curse' zunächst sehr gut. Doch dann reißt der Faden für mein Empfinden auf seltsame Weise ab. Ich verstehe nicht, was man mir mit Banalitäten wie 'Mirror Of Night' oder 'Tainted Hearts' genau sagen will. Höhepunkt der Konfusion ist 'Moth To A Flame', ein waschechter Gute-Laune-Pop-Song mit ein paar metallisch anmutenden Gitarren im Hintergrund. Das ist ja alles gar nicht so furchtbar schlecht, aber warum hängt man seine sympathischen Eigenwilligkeiten an den Nagel und schreibt solche austauschbaren Nummern? Kommerzielle Gründe kann das doch wohl nicht haben, oder?
Zum Glück gibt es auch einiges an Licht auf "Dark Waters"; es sei hier nur noch das an alte Stärken anknüpfende 'Underland' genannt. Daher fällt das Urteil auch alles andere als vernichtend aus. Erhofft hatte ich mir allerdings deutlich mehr von diesem Album, vor allem in Sachen Überraschungsmomente, Abenteuerlust und positiver Energie. Unterm Strich bleibt eine ordentliche Melodic Metal-Platte mit Pop-Appeal übrig, die keinem weh tut, aber die auch morgen schon wieder vergessen sein könnte.
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Martin van der Laan