DENNER'S INFERNO - In Amber
Auch im Soundcheck: Soundcheck 11/2019
Mehr über Denner's Inferno
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Mighty Music
- Release:
- 15.11.2019
- Matriarch
- Fountain Of Grace
- Up And On
- Sometimes
- Taxman (Mr. Thief)
- Veins Of The Night
- Run For Cover
- Pearls On A String
- Loser
- Castrum Doloris
Ein Teil dessen, was frühe MERCYFUL FATE-Werke so besonders machte, lebt hier weiter.
Vor gut sechs Jahren hat Kollege Holger Andrae für euch ein unterhaltsames Album besprochen, auf welchem Michael Denner und seine damaligen Mitstreiter unter dem Namen DENNER'S TRICKBAG allerlei Coverversionen mit Siebziger-Vibes zum Besten gegeben haben. Dieses Projekt hat Michael Denner, einer der beiden Originalgitarristen der dänischen Heavy-Metal-Legenden MERCYFUL FATE und KING DIAMOND, trotz allerlei anderer musikalischer Aktivitäten - wie beispielsweise das stilistisch deutlich stärker an der Referenzband liegende DENNER/SHERMANN-Projekt mit CAGEs Sean Peck am Mikro - nie so ganz zu den Akten gelegt und nach und nach zu einer vollwertigen Band umgebaut, die das Ziel verfolgt, neue, eigene Musik mit starken Siebziger-Wurzeln zu erschaffen.
Dieses Ansinnen ist nun in Form des vorliegenden Debütalbums "In Amber" in die Tat umgesetzt worden und der Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Werkes ist - auch wenn diese beim Entstehen des Albums sicher nicht beabsichtigt war - zudem klug gewählt, denn erst vor Kurzem hat Michael Denners langjähriger Mitstreiter King Diamond bekannt gegeben, dass er MERCYFUL FATE reformiert habe, dies jedoch, ohne seinen alten Weggefährten zur Reunion einzuladen. So liefert Michael Denner mit "In Amber" und einer schlagkräftigen Begleitband zur rechten Zeit und durchaus etwas trotzig ein musikalisches Lebenszeichen, das durch seinen Spirit beeindruckt, aber nicht den Fehler macht, sich stilistisch in direkte Konkurrenz zu begeben. Was das Debüt von DENNER'S INFERNO indes mit dem alten Schaffen von MERCYFUL FATE gemein hat, das ist natürlich Michael Denners warmes, bluesiges, dabei aber sehr kreatives und einnehmendes Gitarrenspiel, das seine Einflüsse hauptsächlich aus dem Heavy Rock der Siebziger bezieht, diesem jedoch gerade auch durch das anspruchsvolle Spiel der Rhythmusgruppe mit Bassist Flemming Muus und Drummer Bjarne T. Holm (MERCYFUL FATE) eine progrockige Note verleiht.
Was euch also von dem dänischen Wundergitarristen serviert wird, der vor wenigen Tagen seinen einundsechzigsten Geburtstag feierte, das ist ein knapp dreiviertelstündiges Album voller erdig produziertem, warm klingendem 70er Heavy Rock, der von entspanntem, prägnantem, aber dennoch nachdrücklichem Rhythmusspiel voran getrieben wird, vor dem herrlich gefühlvolle Leadgitarrenarbeit strahlt. Hier wird wie beim griffigen, dramatischen 'Pearls On A String' mal STEPPENWOLF zitiert, dort - wie bei 'Up And On' - auch mal VAN HALEN, und auch das frühe Schaffen von URIAH HEEP schimmert mal durch, ebenso gibt es progressive Schlenker gen LED ZEPPELIN und DEEP PURPLE. Ganz ohne Coverversionen möchte Michael Denner jedoch auch dieses Mal nicht musizieren, denn er steht gerne zu seinen Einflüssen und mit 'Taxman (Mr. Thief)' gibt es beispielsweise einen fein adaptierten CHEAP TRICK-Song zu feiern, und mit dem flotten, dramatischen Opener 'Matriarch' die obligatorische Verneigung vor Sammy Hagar und MONTROSE.
Darüber thront die Stimme des amerikanischen Sängers Chandler Mogel, der ebenfalls im tollen 'Up And On' sein absolutes Referenzstück findet. Mancher kennt Chandler vielleicht bereits von den international besetzten griechischen Hardrockern OUTLOUD und schätzt daher seine Stimme, die mit rauem Timbre, wildem Nachdruck und gelegentlichen Robert-Plant-Vibes natürlich perfekt zum stilistischen Oeuvre passt, was etwa bei einem Stück wie dem groovenden Hardrocker 'Loser' besonders deutlich wird, das auch mit ganz klassischen Backing-Chören und bluesiger Stimmakrobatik um die Ecke kommt. Doch auch eine gewisse Düsternis atmet das Album hier und da, so etwa ganz besonders beim dunkel-warmen 'Fountain Of Grace', dessen Theatralik durchaus MERCYFUL FATE-Tauglichkeit atmet, oder auch jene Vibes, deren Einflussgeber auch epischen Doom oder die okkulteren Outfits der NWoBHM geprägt haben dürften.
Was klar ist, und das ist auch gut so: DENNER'S INFERNO ist keine Ersatzdroge und vor allem auch kein Konkurrenzprodukt für MERCYFUL FATE-Fans, denn weder ist das Album so hart und metallisch, noch hat es die okkult-diabolische Theatralik. Was es aber dennoch ist, das ist ein überdeutliches Statement, dass mit Michael Denner weiterhin zu rechnen ist, dass er sehr kreativ ist und noch immer ein wundervoller Gitarrist, dessen Einfluss auf MERCYFUL FATE ganz offensichtlich ein prägender war. Wer also frühe MERCYFUL FATE nicht nur des okkult-theatralischen Images, der schrillen Wunderstimme des Karo Königs oder der unnachahmlichen Twin-Guitars der Herren Denner und Sherman wegen mag, sondern auch wegen der prägnanten Siebzigereinflüsse, des warmen Leadgitarrentons und der bluesigen Seele hinter der Transgression, der kann mit DENNER'S INFERNO nichts falsch machen und sollte "In Amber" unbedingt eine Chance geben.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle