DER W - Autonomie
Mehr über Der W
- Genre:
- Deutsch Rock
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- 3R Entertainment
- Release:
- 03.12.2010
- Ode an die Zeit
- Nein, nein, nein
- Mamas kleines Monster
- Autonomie des Ichs
- Urlaub mit Stalin
- Fleisch
- Schlag mich (bis ich es versteh)
- Machsmaulauf
- Niemand hier
- Sekte oder Selters
- Kleine weiße Lügen
- Furor
- Ode an den Raum
- Sterne
- Lei(d)figuren
- Ihr habt recht
- Der Hafen
Der Onkel der etwas anderen Art ist zurück: Stephan Weidner alias DER W rockt wieder, mal experimentell, mal straight vorwärts.
"Autonomie:
Zustand der Selbstständigkeit, Selbstbestimmung,
Unabhängigkeit, Selbtverwaltung oder Entscheidungsfreiheit."
Stefan Weidner ist autonom geworden. Und das im Sinne von Selbstständigkeit nicht nur seit Beginn seiner Solo-Karriere, sondern nun auch laut dem Titel seiner neuen Scheibe "Autonomie". Zwar ist dem früheren ONKELZ-Chef mit Rupert Keplinger sein kongenialer Partner vom DER-W-Debüt "Schneller, Höher, Weidner" abhanden gekommen, dafür darf sich nun Gitarrist Dirk Czuya in dem auf Quartettgröße geschrumpften Projekt umso mehr einbringen. Und bisweilen ziemlich experimentierfreudig: Überraschte der Vorgänger schon durch manchen düsteren Song, fällt nun der eine oder andere RAMMSTEIN-Verweis ins Auge. So treiben 'Sekt oder Selters', 'Furor' oder besonders 'Fleisch' (ein Wunder, dass Vegetarier Weidner das Thema jetzt erst anpackt) unter einigen Synthie-Effekten hübsch vorwärts.
Auffallend ist aber vor allem die Nummer 'Urlaub mit Stalin': Nicht nur wegen seines zunächst scheinbar zum Albumtitel passenden Namens, sondern vor allem wegen seinen POLICE-artigen Reggae-Gitarren und Stephans zunehmenden Wortwitz. Letzterer blitzt etwa auch in 'Niemand hier' auf - und sei's nur, wenn das schnöde Wörtchen "wichsen" zu "schön, wenn man beim Ficken zu zweit ist" wird. In diesem Song über die Einsamkeit auf Touren dürfen übrigens wieder Bläser und Background-Sängerinnen ran. Bisweilen experimentell aber auch die siebeneinhalb minütige Ballade 'Schlag mich (bis ich es verstehe)', die mit starker Southern-Rock-Färbung um die Ecke kommt; oder die Koks-Hommage 'Weiße Lügen', bei der Weidner quäkt wie einst ONKELZ-Kevin etwa in 'Alles F.A.M.'.
Diesmal wird auch auf zwei Instrumental-Nummern nicht verzichtet, und Balladen kommen ebenfalls nicht zu kurz. Zudem gibt es neben dem typisch Weidnerischen Dicke-Eier-Rock ('Nein, nein, nein' und 'Autonomie des Ichs') auch die eine oder andere Nummer, die bei ONKELZ-Fans Erinnerungen an gute, alte Zeiten wecken dürften: Etwa 'Machsmaulauf' (erinnert an 'Lasst es uns tun'), 'Lei(d)figur' (klasse Refrain!) oder 'Mamas kleines Monster' (weniger in musikalischer Hinsicht, dafür durch Stefans ewiges Lieblingsthema, die menschlichen Abgründe).
Summa Summarum schwimmt sich das Soloprojekt DER W als gefestigte Band mehr und mehr frei. Es wird kräftig gerockt, gekeifert, herrlich schön gegroovt, zum richtigen Zeitpunkt einen Gang zurück geschaltet und auch mal auf Western-Klänge verwiesen oder in Talkboxen gesabbelt. Nebenbei wartet "Autonomie" neben einer stylischen Covergestaltung mit einem dicken Booklet inklusive ausführlicher Linernotes auf. Langsam aber sicher wird der zunehmend richtig singende Stephan Weidner auf eigenen Füßen zur richtig großen Nummer. Und sollten selbst ernannte Autonome immer noch den Zeigefinger heben, ist ihnen längst nicht mehr zu helfen. Um es mit Stephans ironischen Worten zu sagen: 'Ihr habt recht'.
Anspieltipps: Urlaub mit Stalin, Fleisch, Niemand hier, Lei(d)figur
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Carsten Praeg