DESCENTED - 1095
Mehr über Descented
- Genre:
- Thrash
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Eigenpressung
- Words
- Reflection
- Leaf
- Freak
- Conscience
- She
- Cage
- Helium Prime
- Daybreak
- You
Thrash paart sich mit Alternative und heraus kommt etwas Seltsames.
Dieses Review ist sicher eines der schwierigeren. Dabei fing es alles so vorhersehbar an: Eine Band aus München, die seit etwa vier Jahren existiert, ein paar Demoaufnahmen machte, ein bisschen live rumtollte, und nun endlich ihr erstes Album "1095" als Eigenproduktion vorlegt. Ein paar beigelegte Pressestimmen sprechen von "Thrash und Doublebass, Progressive und Alternative". Wie bitte!? Was soll das denn sein? Nichts wie rein mit der Scheibe und – gewundert.
Ich versuche mal eine Beschreibung. Da sind auf jeden Fall mal harte Gitarren. Die Produktion ist modern, erinnert an Groove Metal, Nu Metal, Hüpf-Along-Metal. Dazu ein weiblicher, melodischer Hollahü-Gesang ohne Gejodel und ohne Kajal. Akzentuierte Leadparts über treibender Rhythmik, gelegentlich auch bös' klingende Bassspuren, und dazu der überraschend spaßigste Anblick: Die Sängerin ist locker zwei Köpfe kleiner als das größte Bandmitglied (ich wette, der Basser!). Mein Opa nannte das "knapp größer als ein Schweineeimer". Aber ihre Souveränität überragt die Herren locker. Denn es scheint ihr wurscht zu sein, ob sie in Indie-Gefilde eintaucht wie in 'Leaf', auf gothicähnlichen Pfaden lustwandelt wie in 'Conscience' oder es richtig krachen lässt wie in 'Daybreak'.
Dabei muss man aber auch mit aller Ehrlichkeit zugeben, dass Heike - so heißt die Dame - keine neue Aretha Franklin ist und auch keine Tarja (zum Glück?) oder Bonnie Tyler (schade :) ). Ihre Stimme ist nicht theatralisch oder effektvoll oder beeindruckend oder ehrfurchteinflössend. Sie ist authentisch, natürlich, ehrlich. Manchmal an der Grenze ihres Könnens, aber immer mit hörbarem Herzblut dabei. Dazu kommen zwei rau produzierte Gitarren, die wie Stacheldraht durch den Äther ziehen, ordentlich nach vorne gehende Drums und ein songdienlich zurückhaltender Bass, der nur selten auch selbst Akzente setzen darf (okay, außer in 'Cage'). Ja klar, low budget. So what?
Was beim ersten Mal zum Lächeln zwingt, wird mit mehreren Durchgängen zu einem echten Lachen und die Unzulänglichkeiten der Untergrundproduktion und der oft zu deutlichen und manchmal sogar zum stirnrunzelnden Aufhorchen animierenden Stimme sorgen eigentlich nur für einen frischen, unbekümmerten Ansatz zu modernem Metal.
Ja, ein Produzent hätte die Stärken der Band sicher noch mehr betont und das Gesamtwerk verbessert. Und wahrscheinlich wäre die nachbarschaftliche Leichtigkeit dabei mit flöten gegangen. Dass das über die gesamte Albumdistanz nicht mehr so aufregend ist, ist klar, aber das macht das Album insgesamt nicht schlechter. Dass ich aus Freude über die erfrischende Unbekümmertheit einen Zähler auf die möglicherweise eher objektive Note (und ich bestreite weiterhin, dass es so etwas gibt!) addiert habe, dürft ihr getrost ignorieren und mal selbst reinhören. Aber gebt den Songs mal drei Durchgänge, und wer dann nicht mitpfeift und lächelt, ist ein Banause.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Frank Jaeger