DESTRUCTION - Live Without Sense
Mehr über Destruction
- Genre:
- Thrash Metal
- Label:
- Steam Hammer
- Release:
- 12.03.1989
- Curse The Gods
- Unconscious Ruins
- Trash Attack
- Invisible Force
- Dissatisfied Existence
- Reject Emotions
- Eternal Ban
- Mad Butcher
- Pink Panther/Life Without Sense
- In The Mood/Release From Agony
- Bestial Invasion
IRON MAIDENs "Live After Death", SLAYERs "Deacade Of Aggression" und THIN LIZZYs "Live And Dangerous" sind sagenhafte Livealben, die perfekt die Symbiose aus Band, Livesound und Fans rüberbringen. Für mich sind diese Scheiben absolut essenziell, wachsen doch die genannten Bands in ihrer Spielfreude über sich selbst hinaus.
Ich bin schon seit grauen Kindertagen absoluter DESTRUCTION-Fan, konnte aber mit der eher spieltechnisch stümperhaften Frühphase der wandelnden Killernieten nicht viel anfangen. Die Musik war zwar geil, die Umsetzung aber katastrophal. Gitarrist Mikes Können kam schon sehr früh zum Tragen, doch Drummer Tommys Rumpeldrums zockelten mir persönlich immer ein wenig zu unkoordiniert durch die Botanik. Ich stieß Jubelschreie aus, als ich zu Ohren bekam, dass mein favorisierter musikalischer Schlachthof per Livedokument zu konsumieren sein wird. Die alten Klassiker, exakt gespielt und mit gutem Sound. EJAKULATION!!!
So kam es, wie es kommen musste. Der Sound ist natürlich nicht gut. Das ist für damalige Verhältnisse Ehrensache in diesem Genre. Er ist aber transparent und man kann jeden Musiker super raushören. Der Druck fehlt komplett, dafür ist das Feeling der Show gut eingefangen. Ich kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, wie viel an den Aufnahmen im Studio ausgebügelt wurde. Ist mir aber auch scheißegal, da ich keinen Dämpfer für mein überschwängliches Nostalgiegefühl brauche. Aufgenommen während der "Release From Agony"-Tour '87/'88, ist "Live Without Sense" ein geniales Zeitdokument einer der innovativsten und einflussreichsten Thrash-Metal-Bands dieses Planeten.
Es beginnt, wie DESTRUCTION-Gigs seit jeher beginnen. 'Curse The Gods' ballert mit seinem übergeilen Klampfenthema vehement aus den Boxen und zieht dem geneigten Hörer erst mal ohne weiteres die talgige Haut über die geröteten Lauschlappen. Die Breaks kommen so fett und satt, dass ich allein durch den Gedanken an beide Worte sofort wegduseln könnte. Man kann über die damalige Besetzung sagen, was man will, und der Band im Nachhinein immer noch den Vorwurf des Kommerzstrebens machen. Drummer Oli war jedoch ein erstklassiger und extrem sattelfester Schlagwerker, der innerhalb der wüsten Thrashorgien nichts anbrennen ließ. Zweitgitarrero Harry brachte tonnenweise Melodien in die sowieso schon geniale Gitarrenarbeit der Brachialos ein. Man kann die Spielfreude der Band förmlich auf der Haut spüren. So etwas nenne ich ein gelungenes Livealbum.
'Unconscious Ruins' rasiert einem mit seinen aberwitzigen Tempowechseln und scharfen Gitarrensalven gepflegt die Haare vom Hintern, bevor einem das SLAYER-lastige Instrumental 'Trash Attack' die horizontale wie vertikale Zahnreihe aus der vor Staunen hängenden Kauleiste prügelt.
Als wäre das gar nichts, brennen DESTRUCTION mit 'Invisible Force' einen ihrer unsterblichen Klassiker ins Konsumentenfleisch ein. Tight, geschmeidig und locker wie ein Säuglingsgelenk zockt sich die Band durch eines der bekanntesten Riffgewitter überhaupt. Schmiers vocals klingen auf "Live Without Sense" extrem angepisst und stinkig. Teilweise etwas gewürgt und gurgelig, verpasst er der Scheibe den würdigen lyrisch intonierten Rahmen.
'Dissatisfied Existence' ist einer der meist unterschätzten DESTRUCTION-Songs überhaupt. Wieder jagt ein Break das nächste und die Klampfen duellieren sich mit eiskalter Schärfe im blutroten Scheinwerferlicht. Oli haut seinem Drumkit jederzeit ordentlich die Fresse ein und lässt keine Frage aufkommen, wer der Chef im Ring ist.
'Reject Emotions' ist mein Liebling im Backkatalog der Band. Sehr melodiös und bis ins Letzte ausarrangiert, basiert der Song auf einer sehr hookorientierten harmony line, die sofort greift. Das SLAYER-Riffing bricht auch den dicksten Oberschenkel und mutiert im Laufe des Songs zur reinen Thrash-Metal-Mühle, in der alles gemahlen wird, was bei drei noch nicht auf dem Baum ist.
Über 'Eternal Ban' Worte zu verlieren, ist eigentlich zu viel des Guten. Die Band spielt sich in einen Rausch, aus dem sie den Zuhörer nicht mehr zu entlassen droht. Ebenso 'Mad Butcher', das den Klassikerstatus gnadenlos in die Höhe schraubt. Gitarrensalven im Quadrat entsaften auch das letzte Metallerhirn und erleichtern so immens die Keilereien in den Moshpits dieser Welt. 'Pink Panther/Life Without Sense' ist ein höllisch groovendes und swingendes Metalmonstrum, wie man es nicht besser und intensiver rüberbringen könnte.
Man kann kaum Luft holen, so schnell folgt ein Klassiker auf den nächsten. 'In The Mood/Release From Agony' dreht noch mal an der Progressivschraube und zeigt die Band ein weiteres Mal in ihrer damaligen Galaform. Sehr, sehr stark!
Zum Abschluss ziehen DESTRUCTION noch mit vehementer Wut 'Bestial Invasion' vom Leder, das mit mulmigen Schwingungen wie eine Schlinge schraubstocktechnisch die Eingeweide zusammensurrt, wobei einem das Blut mit seinem ganzen zu Verfügung stehenden Umfang im Bauchraum köchelt.
Fazit: Für mich eines der besten Livealben aller Zeiten, mit einer Band auf ihrem kreativen Zenit. Besser haben DESTRUCTION nie geklungen, auch heute nicht. Heute sind sie aggressiver, damals waren sie filigraner. Heute sind sie kompromissloser, damals waren sie energiegeladener. Ich kann jedem, der sein Heil in genialen Klampfendoppeln, Powerdrumming und 'schmierigem' Gesang sucht, diese Götterscheibe ans verrottete Herz legen. Atmet die Klassik des Metal. Das hier ist Heavy-Metal-Historie, roh und unverblümt.
Anspieltipps: Alles von der ersten bis zur letzten Sekunde!
- Redakteur:
- Alex Straka