DIABLO SWING ORCHESTRA - Pandora's Pinata
Auch im Soundcheck: Soundcheck 05/2012
Mehr über Diablo Swing Orchestra
- Genre:
- Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Plastic Head (Soulfood)
- Release:
- 25.05.2012
- Voodoo Mon Amour
- Guerilla Laments
- Kevlar Sweethearts
- How To Organize A Lynch Mob
- Black Box Messiah
- Exit Strategy Of A Wrecking Ball
- Aurora
- Mass Rapture
- Honey Trap Aftermath
- Of Kali Ma Calibre
- Justice For Saint Mary
Disney, Jazz, Rock, Metal, Orient, Mexiko, Groove, Crossover, Teufel, nur das Korsett, das fehlt.
Der Teufel hinkt in den Ballsaal, verbeugt sich kurz. Er streicht seine borstigen Haare über die Stirn, lächelnd entblößt er seine Goldzähne. Dann erhebt er seinen garstigen Hufen, verharrt sekundenlang in der Luft, stößt ihn in das nikotin-gelbe Parkett – und entlässt Pandora aus ihrer Piñata, entfesselt das DIABLO SWING ORCHESTRA in seiner dritten Revue.
'Voodoo Mon Amour' groovt sich direkt in die Herzen der Fans. "The Butcher's Ballroom" wird direkt in die Herzen beschworen und wir fühlen uns zu Hause. Der Refrain, eine revuehafte Zusammenfassung des Vorgängers, entführt uns in die zauberhafte Welt der "Sing Along Songs For The Damned & Delirious". Auch der folgende Song 'Guerilla Laments' fährt in den bekannten Fahrwassern des Avantgarde-Crossovers aus Groove-Metal, Bläser-Arrangements, tiefergelegtem Cello und dem geheimnisvoll-schrillen Sopran Annlouice Wolgers. Doch nach dem Streicher-geprägten Zwischensong mit dem genialen Titel 'How To Organize A Lynch Mob' – irgendwo zwischen APOCALYPTICA und JELONEK – verändert sich das Klang-Kollektiv deutlich.
Einerseits erleben wir eine neue musikalische Welt, die sich das DIABLO SWING ORCHESTRA erschließt – und das ist bei dieser Band ja noch absolut nichts ungewöhnliches, im Gegenteil – andererseits lässt sich eine neue Ernsthaftigkeit und Ruhe in den Songs entdecken. Aber der Reihe nach: 'Kevlar Sweethearts' zeigt eine Neuorientierung an: Das Songarrangement kehrt hier nicht die schrille Seite Wolgers heraus, sondern lässt in seinem unaufgeregten, romantisch-ruhigen Refrain Parallelen zu den zauberhaft-sanften Gesangslinien von Candice Night entdecken. Dem setzt 'Aurora' noch eins drauf: Fünf Minuten voller Disney-Musical-Ästhetik warten darauf, entdeckt zu werden. Doch auch bei Songs wie 'Exit Strategy Of A Wrecking Ball', die mit bekannten Standards aufwarten, merkt man, dass im Kreuz springende Verrücktheit einer Lust an Wiederholungen und klareren Song-Konstruktionen gewichen ist. Wo sich der Hörer auf den Vorgänger-Alben vielfach wie ein Flummi zwischen den unzähligen verschiedenen Elementen hin- und hergestoßen gefühlt hat, bleibt nun sogar Zeit, zwischen den Tanzeinlagen genußvoll Tee zu trinken. Dieser Schritt macht das DIABLO SWING ORCHESTRA sicherlich nicht kommerzieller, dafür einzigartiger, denn man merkt, dass sich die pubertäre Phase der "Sing Along Songs" in eine Selbstfindungsphase ergossen hat, die da lautet: "Wohin wollen wir eigentlich mit unserer Musik?"
Dass damit neue Fan-Gruppen erreicht werden können, zeigt nicht zuletzt das Abschneiden von "Pandora's Piñata" in unserem Soundcheck. Und dennoch: Es bleibt unheimlich viel zu entdecken. Schlägt man einmal auf diese Piñata, so bekommt man über 50 abwechslungsreiche Minuten, bei denen zwar viel Metal drin steckt, jedoch derart viel andersartiges geboten wird – von Jazz über Musical bis Elektro – dass es eine wahre Freude ist. Ein kleiner Wehmutstropfen ist letztendlich nur, dass der männliche Gesang von Daniel Håkanssons deutlich seltener zu tragen kommt und auch dann nur eine latent sekundäre Rolle im Arrangement spielt. Aber hält das von dem Genuss des Albums ab? Auf gar keinen Fall!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Julian Rohrer