DIEVERSITY - Last Day: Tomorrow
Mehr über DieVersity
- Genre:
- Melodic Metal/Modern Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- 7Hard / New Music Distribution
- Release:
- 21.12.2012
- 1408
- If I Close My Eyes
- Last Day: Tomorrow
- Inside Out
- Just Lies
- W.F.Y.I.H.
- The Other Side
- Pathfinder
- Resurrection
- These Words
Glorreiche Sieben vermöbeln die gestandene moderne Melodic-Death-Metal-Konkurrenz
Auf einer längeren Autofahrt fiel mir beim pflichtbewussten Durchhören einiger wenig aufregenden Neuveröffentlichungen schließlich ein Scheibchen mit dem Titel "Last Day: Tomorrow" in die Hände. Weder das apokalyptische Cover noch Bandname oder Albumtitel ließen vermuten, dass es sich um mehr als einen durchschnittlichen Neuaufguss der altbekannten Death-Metal-Leier handeln könnte. Wie hätte ich auch ahnen können, eines der besten Debüts in Sachen Modern Metal in den Händen zu halten, die in den vergangenen Jahren das Licht der Welt erblickten? Während ein knapp 40minütiger Sturm über mich hinweg zog, saß ich geplättet, mit offener Kinnlade und gesträubtem Fell hinterm Lenkrad. Wen wundert's? Auf einen solch bombastischen Geniestreich war ich beim besten Willen nicht vorbereitet.
Aber nochmal zum Mitschreiben: Sieben junge Franken veröffentlichen einen kompakten Erstling, ambitioniert und entschlossen bis in die Haarspitzen, und lassen die gestandene, zahlenmäßig übermächtige Konkurrenz dermaßen alt aussehen, dass man sich nur verwundert Augen und Ohren reiben kann. Zumal es die wackeren Recken gleich mit einer ganzen Reihe an Gegenspielern aufnehmen: Ihr moderner Mix aus Death, Thrash, Heavy, Industrial und Nu Metal bedient gleich eine ganze Wagenladung an Geschmäckern und Musikrichtungen, ohne auch nur eine Sekunde lang bequem einen der Platzhalter zu kopieren. Das Ergebnis klingt eigenständig, überzeugend, und dermaßen reif und selbstbewusst, als wären DIEVERSITY schon seit Menschengedenken im Geschäft. Die Konkurrenz, die sowohl MACHINE HEAD als auch AS I LAY DYING, sowohl DISTURBED als auch CHILDREN OF BODOM heißt, wird keineswegs als zu mächtig angesehen, vielmehr mit "Last Day: Tomorrow" in Sachen Originalität und Überzeugungskraft im Handumdrehen links liegen gelassen, als wär’s das Natürlichste auf der Welt.
Thrashig-bolzende Rhythmen, fette Gitarrenwände, hochmelodiös-atmosphärische Keyboards bilden das Grundgerüst der zehn Metal-Granaten, häufig gewürzt mit anspruchsvollen Tasten- und Stahlsaitensoli. Alle Instrumentalisten liefern handwerklich hervorragende Arbeit ab, ergänzen sich glänzend und bilden eine machtvolle Einheit. Das herausragendste Merkmal der Band dürften indes die beiden Sänger sein, die von tiefsten Growls über wütendes Gebell, aggressives Geschrei bis hin zu ergreifenden, tragischen Gesangslinien wahrlich alle Bereiche abdecken, die sich der gemeine Metalfan vorstellen kann. Was die zwei Herren auf "Last Day: Tomorrow" abliefern, ist aller Ehren wert und verschafft DIEVERSITY ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Inspiriert von Kalibern à la TRIVIUM, AS I LAY DYING, CHILDREN OF BODOM oder auch ILL NINO, ist das hier abgelieferte Gesamtpaket dennoch völlig unabhängig und eigenständig. Gerade TRIVIUM fallen mir beim Durchhören zwar immer wieder ein, doch was DIEVERSITY hier am Start haben, stellt beispielsweise "In Waves" in Sachen Energie und Einfallsreichtum locker in den Schatten. Absolute Höchstpunktzahl ernten die Würzburger im Übrigen vor allem für ihre Refrains: Egal ob '1408', 'Last Day: Tomorrow' oder 'The Other Side' – hier werden massig Gänsehautmelodien abgeliefert, nach denen sich die großen Vorbilder die Finger lecken dürften. Ganz, ganz großes Kino! Doch auch die Verse werden keineswegs nur beiläufig heruntergenudelt: Deren abwechslungsreiche Gesangparts und intelligente Rhythmik lassen nie den Eindruck aufkommen, als würde man sich allein auf ein paar Ohrwurm-Kehrverse verlassen. Das Gesamtpaket stimmt einfach, und es verblüfft mich bei jedem Hördurchgang aufs Neue, dass es sich hierbei um ein Debütalbum handeln soll. Auch habe ich in den letzten Jahren selten eine Band gehört, bei der die komplette Bandbreite zwischen Geschrei und Gesang geboten wird, ohne dass je der Eindruck aufkäme, man wollte es einfach allen Interessierten recht machen. Zahllose vergleichbare Veröffentlichungen praktizieren seit Jahren Anbiederung an gewisse Zielgruppen. Von diesem kreativitätshemmenden Kalkül kann bei DIEVERSITY nicht die Rede sein - das hier ist einfach nur moderner Metal vom Allerfeinsten!
Dennoch möchte ich - beinahe erleichtert - ein paar wenige Kritikpunkte anführen: So sehr mich der abwechslungsreiche Gesang der beiden Fronter auch begeistert, fällt das (seltene) schwarzmetallische Keifen doch störend auf, wie leider ausgerechnet zu Beginn des Openers '1408'. An den High Pitch Screams kann sicherlich noch gefeilt werden. Auch der an sich recht druckvolle, professionelle Sound der Platte ist mir insgesamt nicht differenziert genug; hier und da stimmt für meinen Geschmack die Balance zwischen den Instrumenten nicht zu 100%. Und für einen Zehntracker ist eine Gesamtspielzeit von 37 Minuten einfach etwas zu wenig. Ich bin ja selbst ein großer Fan kompakter Kompositionen, aber bei dermaßen herausragendem Songwriting könnte die eine oder andere Nummer durchaus auch einige Minuten länger dauern. Langeweile bliebe trotzdem ein Fremdwort.
Wie dem auch sei - ich denke es ist müßig darauf hinzuweisen, dass es sich hier um Klagen auf extrem hohem Niveau handelt. Ist es nicht großartig, bereits ein überwältigend starkes Album geliefert zu bekommen, in der Gewissheit, dass die Band noch Luft nach oben hat? Hiermit erteile ich ihnen persönlich die Absolution für weitere Schand..., äh, meinte, Großtaten jeglicher Art! Selten hat mich ein Debüt dermaßen aus den Socken gehauen wie "Last Day: Tomorrow". Und ebenso selten konnte ich bislang eine Kaufempfehlung an Metalfans aus quasi allen Lagern, ja grundsätzlich an alle Freunde origineller harter Musik richten. Ich hoffe – und bin überzeugt! -, noch viel von dieser ambitionierten Truppe zu hören!
Anspieltipps: 1408, Last Day: Tomorrow, Pathfinder, The Other Side
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Timon Krause