DIS.AGREE - Break The Chains
Mehr über Dis.Agree
- Genre:
- Modern Death Metal / Thrashcore
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- SAOL
- Release:
- 04.04.2014
- World Collapse
- Can't Walk On
- I Hate You
- In Pieces
- Break These Chains
- Fading Away
- Running Down My Dreams
- Madness Intoxication
- Into Damnation
- Shizophrenia
Death-, Thrash-, Hardcore? Metal!
Was genau muss eine Metalband bieten, um den gemeinen Fan zufrieden zu stellen? Saftiges Riffing, einleuchtende und nicht vollständig abgenudelte Songstrukturen, treibendes, abwechslungsreiches Schlagzeugspiel, hier und da eine Prise Eingängigkeit, und natürlich sollte stets die nötige Durchschlagskraft vorhanden sein, um das potentielle Publikum mitzureißen. Unter dieser Prämisse macht DIS.AGREE, eine fünfköpfige Truppe aus Goslar mit ordentlich Wut im Bauch und einem geballten Überschuss an Testosteron im Blut, vieles richtig. "Break The Chains", der zweite Bandoutput, überzeugt weitestgehend, lässt der Band in einigen Bereichen aber auch noch Luft nach oben – was angesichts der überzeugenden Gesamtleistung auf dem hier besprochenen Langspieler beinahe ein Grund zur (Vor)Freude ist.
Doch eins nach dem anderen. Zunächst steht DIS.AGREE nämlich für eine auf den ersten Blick zwar nicht sonderlich innovative, aber doch durchweg einleuchtende und überzeugende, genreübergreifende Metal-Mixtur: Unter dem weit gefassten Begriff des Modern Metal haben in den vergangenen zehn Jahren Bands wie DEVILDRIVER, AS I LAY DYING oder LAMB OF GOD mit unterschiedlichen Schwerpunkten Death und Thrash Metal in Symbiose gebracht und dabei, je nach Ausgangslage, auch Hardcore-Einflüssen eine mehr oder weniger tragende Rolle zugewiesen. Der Thrashcore von DIS.AGREE ist so gesehen keine Weltneuheit, stellt aber für meinen Geschmack die perfekte Essenz aus besagten, einstmals so grundverschiedenen Einflüssen dar. Garniert mit einem Schuss Groove Metal entsteht daraus eine derbe, knackige Modern-Metal-Attacke.
Mit 'World Collapse' fetzt das Quinttet aus Niedersachsen los, in erkennbarer Nähe zu Brutalo-Kapellen wie MAROON oder HEAVEN SHALL BURN, zugleich mit stets erkennbaren Bay-Area-Thrash-Anleihen. Sänger Sebastian Lindner pfeift dabei auf sämtliche Schönheitspreise und brüllt, krächzt, growlt sich auf "Break The Chains" die Seele aus dem Leib. Die sehr todesmetallische Gesangsarbeit in Verbindung mit der modern-thrashigen Instrumentalfraktion erinnert mich dabei an die Perser von KUADRUMANA; beide Bands eint die musikalische Ausrichtung, wobei DIS.AGREE das insgesamt etwas zweckdienlichere Songwriting vorweisen, KUADRUMANA hingegen hier und da mit noch emotionaleren Momenten aufwarten kann. Aber dies nur am Rande. Weiter geht’s bei 'Can't Walk On' mit sattem, schwarzem Todesblei und einer bösartig malmenden Rhythmusfraktion. Phänomenal gekrönt wird diese genüßlich-fiese Knochenmühle, als gegen Ende das Thema ein letztes Mal explosionsartig abgebrannt und in HATEBREEDscher Moshcore-Tradition zu Ende geknüppelt wird. Die beiden folgenden Nummern 'I Hate You' und 'Pieces' fallen im Vergleich zu den ersten beiden Tracks deutlich ab und wenig aufregend aus, was mich beinahe vorschnell zu einer durchschnittlichen Bewertung verleitet hätte. Welch Irrtum - tatsächlich leistet sich die Band im Anschluss nämlich keine Aussetzer mehr: Der Titeltrack mischt augenblicklich wieder in der ersten Liga mit, knallt von der ersten bis zur letzten Sekunde mit unwiderstehlicher, groove-metallischer Eingängigkeit, abartig fetten Moshcore-Parts und angenehm dezenten Metalcore-Anleihen. 'Fading Away' kommt im Gesamtvergleich zurückgenommener, emotionaler, persönlicher daher als die Hassbolzen der ersten Albumhälfte, bleibt der aggressiven Grundhaltung der Band jedoch im Prinzip treu. Vier Songs sind im Anschluss an diese tragische, fast nachdenkliche Nummer noch übrig, und jeder weiß auf seine Weise zu überzeugen: Das mit einem grimig-verbitterten Ohrwurmrefrain ausgestattete 'Running Down My Dreams', der ultrakurze Hardcore-Metal-Bolide 'Madness Intoxication', oder das enorm dymanische, wieder etwas thrashigere 'Into Damnatio', dessen fesselnde Spannung sich in einem prächtigen Abschluss Bahn bricht. Gepflegt die Mähne geschüttelt werden darf schließlich bei 'Shizophrenia', einem wilden Mix aus NWoBHM und modernem Todesstahl.
Und was zum Henker sollen die Herren Musiker dann noch besser machen? Die Kritikpunkte lassen sich glücklicherweise an einer Hand abzählen, und fallen dann auch noch in die Kategorie "leicht zu beheben": Das an sich knackige Soundgewand hätte durchaus noch mehr Feintuning vertragen, ebenso sind die Texte auf "Break The Chains" - vorsichtig ausgedrückt - an vielen Stellen doch recht schlicht ausgefallen. Behebt die junge Truppe diese Mängel und sorgt in Sachen Songwriting noch für etwas mehr Abwechslung, um auch auf lange Sicht Abnutzungserscheinungen zu vermeiden, dürfte uns DIS.AGREE beim nächsten Mal mit einem absoluten Hammeralbum erfreuen. Dass der sehr kehlige, gutturale Gesang von Sebastian Lindner zunächst etwas gewöhnungsbedürftig ausfällt, ist letztlich Geschmackssache. Ich denke aber dass auch an dieser Ecke noch gefeilt werden kann.
Alles in allem steht DIS.AGREE jedoch für eine ebenso simple wie überzeugende Metal-Mixtur. Progressive Komplexität oder melodischere Elemente werden keinen Augenblick lang vermisst – Zweckmäßigkeit und Zielstrebigkeit wird bei dem ambitionierten Fünfer erfreulich groß geschrieben. "Break The Chains" ist vielleicht noch kein Album für die Ewigkeit, dürfte sich aber als entschlossener Schritt in die richtige Richtung entpuppen.
Anspieltipps: Break These Chains, Into Damnation, World Collapse
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Timon Krause