DISAGONY - Venom Dish
Mehr über Disagony
- Genre:
- Post-Grunge / Alternative Rock
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Rough Trade / Snowhite
- Release:
- 21.02.2014
- Cut
- Wild Generation Y
- Unburied From Sand
- Spirit Mechanism
- Stop Rewind
- Gender Identity Disorder
- Insobriety
- Meatball
- Grace
- Tender Revolver
- No Gold But Your Eyes
- Forever Fool
Grunge is not dead!
... jedenfalls nicht, wenn man ihn so clever mit weiteren Zutaten verfeinert und einen homogenen Mix erhält. Sofern man beim Grunge überhaupt von "homogen" sprechen kann. Die Szene befindet sich offenbar noch immer im Winterschlaf, nur wenige Bands heben ihren Kopf und geben Laut.
DISAGONY aus Genf hebt nicht nur den Kopf, sondern bellt, keift und hebt drohend den Zeigefinger. "Venom Dish" stellt das Debüt des Trios dar und fällt erstmal durch das clevere, freizügige Coverdesign auf, das Platz für Interpretationen lässt. Oder einfach nur besabbert werden möchte (Pfui! Zieh Leine und besuch 'ne andere Website). Aber Aufmerksamkeit ist gut und verführt vielleicht den einen oder anderen dazu, mehr als den einen, berühmten Blick zu riskieren.
Denn DISAGONY hat sich ganz dem Grunge zugewendet. Dem Post-Grunge. Auch nach Kurt Cobain lebt der Musikstil weiter, nicht nur in unseren Herzen, hach... Das Trio webt dabei geschickt andere Musikstile mit ein und so findet man illustre Vertreter, wie den Alternative Rock (fast schon Hard Rock) oder den Punk. Letzteres deuten ja schon die sozialkritischen Texte an. Der Opener 'Cut' hat dann auch ein punkiges Grundthema, vor allem vorgetragen von einer toll abgemischten Gitarre. Das Drumming peitscht den Song gut voran und Lynn's Stimme wandelt zwischen den RUNAWAYS und L7.
Überhaupt erinnert die ganze Scheibe verflixt an die legendären Grunge-Weiber von L7 ('Shitlist', Natural Born Killers, klingelt's?). Vor allem die Gitarre erinnert an die goldenen 90er, als Grunge den Metal gekillt hat (oder war's der Glam Rock? Oder beides?) und der Schlabberlook das Outfit der Stunde war, nicht nur on stage.
Richtig abwechslungsreich wird es nicht, aber immer mal wieder darf Lynn mit der Gitarre die Songs bestimmen. Die Riffs sind nie sonderlich originell und der Bass ist vielleicht einen Tick zu leise, aber das Gesamtergebnis besitzt eine Wucht und einen rotzigen Beigeschmack (diese Verbildlichung muss sich erstmal jemand trauen), ich wollte fast schreiben "das harmoniert super". Aber Harmonien? Im Grunge? Forget it!
'Spirit Mechanism' könnte mit dem charakteristischen Beginn direkt von NIRVANA's "Nevermind" stammen, bricht aber erst zum Ende hin etwas aus, bleibt ansonsten in ruhigen Gewässern und würde sich als Single geradezu anbieten. Das hat nichts mit Mainstream zutun, aber der Song würde glatt bei uns im Radio laufen.
Jeder Song hat mindestens eine kleine Eigenheit, die ihn wiedererkennbar macht. In 'Stop Rewind' sind die Riffs im Refrain zum Beispiel mit Lynn's Stimme zusammengewachsen und das Schlagzeug droht, eben jene Passage zu zerhacken. Die Riffs lehnt die Dame dann an die härteren ALTER BRIDGE/CREED Sachen an. Auch der Nachfolger 'Gender Identity Disorder' geht in diese Alternative Richtung, macht beim ersten Hördurchlauf auch einen guten Eindruck, nutzt sich aber leider recht schnell ab. Vor allem, weil es Lynn beim Gesang mit ihrer rotzigen Art etwas übertreibt. Und so haben sich leider ein paar durchschnittliche Songs aufs Album geschlichen. Die Verteilung funktioniert aber super. So kann man nicht sagen "ach, die letzten 2-3 Songs sind zu langweilig, die skippe ich". Also, natürlich kann MAN das schon sagen, aber das sollte hoffentlich nicht auf die Mehrheit zutreffen.
"Venom Dish" ist im Heimatland des Trios, also Schweiz, bereits erschienen. Das Ding kommt erst im Februar 2014 zu uns. Also, was ist jetzt, Empfehlung? Oder Blei im Regal? Weder noch. Die Scheibe hat ihre Macken (einige gewöhnliche, fast langweilige Songs) und technisch ist nicht alles perfekt. Mir ist klar, wo DISAGONY die Scheibe stilistisch einordnen will. Trotzdem ist das Ergebnis aus Sicht der Produktion nicht optimal. Dafür rockt das Album über weite Strecken wirklich ordentlich. Mal direkt ins Gesicht, mal angenehm ruhig und depressiv gespielt, aber immer rotzig und mit Hingabe geht das Trio zu Werke. Für Grunge/Post-Grunge und den aufgeschlossenen Alternative Fan einen Blick wert!
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Dennis Hogrefe