DISENGAGE - Application For An Afterlife
Mehr über Disengage
- Genre:
- Hardrock
- Label:
- Daredevil / Swell Creek Rec.
- Release:
- 07.02.2005
- Pharmacyland
- University Of Texas Militia
- Give Thanks
- Fever Dreams
- In Touch
- Bruise
- Cover The Globe
- Love Letter Rough Draft
- Death Threat
- Los Angeles
- Uncommon Mind
- We Were The Ogre Of Brucewood
- District 2 Electric Boogaloo
- Left Without A Voice
Wow, das nenne ich mal einen Einstieg nach Maß. Man legt das Album in den Wechsler ein und bekommt gleich mal die volle Breitseite ab. So mit einem Opener einzuschlagen, schafften bei mir zuletzt nur INCUBUS auf der "A Crow Left Of The Murder". Das Lied 'Pharmacyland' hetzt, jagt und sprintet über knappe drei Minuten. Sofort wird man mitgerissen vom treibenden Sound und von der wunderbar zur Musik passenden Stimme von Jason Byers. Wenn es so schon losgeht, was schließt sich dann bitteschön für ein Album an?
Die Rede ist von der neuen Scheibe von DISENGAGE. Das Quartet aus Ohio gibt sich nach einer EP, diversen Sampler-Beiträgen und zwei Releases 1997 und 2000 nun zum dritten Mal die Ehre. Man ist schon ein wenig überrascht, hinter dem Bandnamen und dem Albumtitel "Application For An Afterlife" keine Hardcore- oder Metalcore-Band zu finden. Immerhin macht man sich mit einem Verb als Bandnamen schon sehr verdächtig. Nein, DISENGAGE spielen richtigen Hardrock. Dabei ist der Start nicht nur druckvoll, sondern ganz und gar eindrucksvoll.
Nach dem bereits erwähnten Hammer 'Pharmacyland' geht man ohne Pause zu 'University Of Texas Militia' über. Man hat so fast das Gefühl, die Band habe grade ihr Konzert eröffnet, und ginge nun, dem Applaus zum Trotz, sofort zum nächsten Lied über.
Doch nicht ganz so gewaltig und ohne den Überraschungseffekt des ersten Liedes kommt man hier wieder auf dem Boden der Tatsachen an. 'University Of Texas Militia' ist zwar kein Abklatsch, aber man merkt, dass beide Lieder nach dem selben Rezept gekocht wurden. Sie klingen einfach etwas zu gleich. Doch ehe das zu einem echten Problem wird, ziehen DISENGAGE einen Schlussstrich, und bringen den erhofften Variantenreichtum in ihre Musik.
Sie verpacken ihre medien- und sozialkritischen Texte mal in druckvolle schnelle Stücke, mal in geduldige Midtempo-Lieder. Dabei ist immer wieder der 11. September 2001 ein Dreh- und Wendepunkt des lyrischen Gerüsts. Instrumental holt man sich dafür gern in einem gesunden Maß Elemente von berühmten Zeitgenossen. Die ruhigeren Stücke, wie 'Give Thanks' oder 'Fever Dreams' hüllen sich in ein Grunge-Gewand à la PEARL JAM. Leider wurden beide Lieder auf dem Album hintereinander gesetzt, so dass man als Hörer eine Art Übersättigung daran erfährt. Obwohl in mehreren Songs erahnbar, kommt bei 'Love Letter Rough Draft' eine leichte Verwandtschaft zu den Experimentier-Göttern TOOL zum Vorschein. Natürlich auf eine gängigere Laufzeit getrimmt. Während dieses Lied gleichfalls eingängig wie festsetzend ist, können die übrigen nicht ganz überzeugen. Habe ich schon eingangs INCUBUS erwähnt, so haben DISENGAGE ein ähnliches Problem wie diese Band. Das Album scheitert dreizehnmal am ersten Lied. Was hauptsächlich fehlt, sind überzeugende Hooklines in den Stücken abseits der Highlights. Außerdem hat man sich mit der Mischung ein wenig in die Enge treiben lassen, denn die zahlreichen Midtempo-Stücke sind nicht gerade das Aushängeschild der Band.
Es gibt einfach etwas zu viele Tracks, die weder wehtun, noch erfreuen, sondern einfach nur am Hörer vorbeiziehen. Einzig auffallend ist letztlich nur das fragwürdige Drum-Stück 'We Were The Ogre Of Brucewood', welches immerhin scheppernd das letzte Highlight 'District 2 Electric Boogaloo' ankündigt. Dabei werden alle Weichen auf Sturm gestellt, und im Stile des Openers macht man noch einmal klar, welches Potenzial in Ohio schlummert.
Das abschließende 'Left Without A Voice' kommt, wie man scharfsinnig kombinieren kann, fast ohne Text aus. Sanft und nachdenklich entlässt man den Hörer, der sich angesichts des Albumtitels nun ein wenig besser auf das "Nachleben" vorbereitet fühlt.
Es tut einem regelrecht leid, dieses Album nicht in alle Höhen loben zu können. Aber ein liebevolles Cover und Booklet und ein toller Start machen eben noch keinen Meister. Dennoch sei gesagt: Selten hab ich eine Platte gehört, die so universell aufgefasst werden kann. Es ist durchaus möglich, dass nicht wenige Leute in dieser Musik ihre Offenbarung finden.
Anspieltipps: Pharmacyland, University Of Texas Militia, Love Letter Rouch Draft
- Redakteur:
- Michael Langlotz