DISSECTION - Rebirth Of Dissection (DVD)
Mehr über Dissection
- Genre:
- Black/ Death Metal
- Label:
- Escapi Music/ Edel
- Release:
- 28.07.2006
- Intro: At The Fathomless Depths
- Nights Blood
- Frozen
- Maha Kali
- Soulreaper
- No Dreams Bread In Breathless Sleep
- Where Dead Angels Lie
- Retribution... Storm Of The Lights Bane
- Unhallowed
- Thorns Of Crimson Death
- Heavens Damnation
- In The Cold Winds Of Nowhere
- Elizabeth Bathory
- The Somberlain
- A Land Forlorn
- Interview mit Jon Nödtveidt (Bonus)
- Starless Aeon (Bonus-Video)
Gigantisch, mitreißend, berauschend böse, voll dunkelster Metal-Energie: Es gibt (zu) wenige und doch eine ganze Menge Worte für die Tour, die im Herbst und Winter 2004 durch Deutschland brauste: DISSECTION um ihren aus dem Knast entlassenen Kopf Jon Nödtveidt triumphierten bei ihrer "Rebirth"-Reise in jedem der Clubs, die sie mit ihren "alten" Hits in eine tosende Death/Black-Metal-Hölle verwandelten. Der Beginn ihres Triumphzugs lag allerdings in ihrer Heimat: Das erste Konzert fand am 30. Oktober in Stockholm statt, auch Powermetal.de berichtete damals von diesem historischen Augenblick, als die beiden Klassikerscheiben "The Somberlain" und "Storm Of The Lights Bane" fast vollständig aus den Boxen herausbrachen. Mit der inzwischen angekündigten Auflösung der Band erscheint nun die "Rebirth of Dissection"-Live-DVD mit dem Mitschnitt eben jenes Konzerts – und zeigt nachdrücklich und trotz aller Umstrittenheit von DISSECTION, dass diese Band musikalisch wie kaum eine andere die schwedische Extrem-Szene prägen konnte, noch prägt und in ihrer übernatürlichen Dunkelheit unvergessen bleiben wird. Somit ist diese DVD nicht nur ein rund 90-minütiges Live-Konzert, sie ist ein Vermächtnis.
Warum solch "große" Worte nötig und angebracht sind? Es ist einfach die Wahl der Songs, die diese DVD so abartig genial macht. Stücke wie das berückend-sinistre 'Thorns Of Crimson Death' funktionierten schon auf der Tour so gewaltig, dass der von der Band propagierte "Anti-Cosmic Metal of Death" gleichsam körperlich spürbar wurde - die Essenz des puren Bösen und Kalten in betörender Notenform, aggressiv und unaufhaltsam zugleich, versehen mit jenem Feeling, das in dieser Schärfe wohl nur skandinavische Bands während ihrer Sternstunden komponieren können. Solche Gefühle werden auch über die DVD transportiert - ihr transparenter Klang und ihre vielen Kameraeinstellungen sorgen für die hohe technische Qualität des Silberlings. Zudem wird das Bild immer wieder von gewollten Kratzern wie bei alten Filmrollen durchzogen: Ein feiner Effekt, der noch einen Tick mehr Atmosphäre in die Aufnahmen bringt. So sind die Mitschnitte von Klassikern wie 'Soulreaper' oder 'In The Cold Winds Of Nowhere' immer und immer wieder genießbar, werden einfach nicht langweilig. Ein weiteres Highlight: Die Coverversion des TORMENTOR-Klassikers 'Elizabeth Bathory', den DISSECTION ähnlich aggressiv in die Massen prügeln wie bei ihrer Tournee 1996, als sie damals noch mit IN FLAMES, CRADLE OF FILTH und DIMMU BORGIR mehrere deutsche Hallen in Schutt und Asche legten. Auch noch zehn Jahre später, so die Aussage dieses Films, ist diese Band live das Maß aller Dinge, angetrieben von einem von einer Mission erfüllten Frontmann, der die ganze Show über mit seiner ganzen Kraft ins Mikro brüllt und das Publikum immer wieder antreibt. Und mit welchem Enthusiasmus und welcher Hingabe die rund 1000 Fans in Stockholm den Musikern ihre gespreizten Fäuste entgegenrecken, gerade diese Begeisterung zeigt, wie wichtig DISSECTION auch so kurz nach der Haftstrafe ihren Anhängern noch waren und wohl immer noch sind. Diese Band hat Inspiration geschafft, tausendfach.
Doch genau so fanatisch wie die Fans sind wohl die Gegner von DISSECTION, gemeinhin angeführt von MEGADETH-"Nun-Christ"-Frontmann Dave Mustaine, der schon verhinderte, mit DISSECTION auf einer Festivalbühne spielen zu müssen. Für diese vorurteilsbelastete Spezies hält die DVD noch ein 25-minütiges Interview bereit, in dem Jon sich ausführlich zu seiner satanischen Weltsicht, seiner Jugend, seiner Sicht auf die Gesellschaft, seiner unbedingten Unabhängigkeit vom Musik-Business und zu seiner Beihilfe zu Mord äußert - und dabei zwar keine wirkliche Reue zeigt, andererseits sich aber als nachdenklicher Mensch gibt, dem die Freude über die eigene Freiheit sichtlich anzumerken ist und der seine Lektion nach der abgesessenen Strafe gelernt zu haben scheint. Diese Sicht der Dinge lässt sich teilen oder nicht, zu viele Fragen stellen sich trotzdem noch. Reicht es wirklich, für Beihilfe zu Mord an einem Homosexuellen nur im Gefängnis zu sitzen oder muss die Strafe härter sein? Hätte klare Reue manche Kritiker besänftigt? Darf ein Mensch nach so einer Tat wie Mord noch weiter für seine satanischen Überzeugungen werben oder Metal spielen? Und gibt es eigentlich einen Menschen hinter dem eher von den Medien verbreiteten "Mörder"-Image, den es kennenzulernen lohnt? Egal, wie diese Antworten ausfallen, ein Fakt steht fest: DISSECTION ist keine Band zum Liebhaben oder zum "einfach so gut"-Finden, dafür ist ihre antikosmische Satanismus-Ideologie und ihre Vergangenheit zu umstritten. Aber DISSECTION sind eine Band, deren Musik verehrungswürdig über unglaublich vielen anderen Aufnahmen schwebt, die nicht im Ansatz an den dunklen Geist heranreichen, den dieser Sound in sich trägt. Auch deshalb ist diese grandiose "Rebirth of Dissection"-Live-DVD das hoffentlich letzte Zeichen dieser Band nach ihrem gerade noch würdigen aktuellen Abschlusswerk "Reinkaos" - als Legende gehen sie nun, egal ob ihre Kritiker deswegen abkotzen oder doch noch ihren Frieden mit dem genialen Werk dieser außergewöhnlichen Formation finden.
Anspieltipps: Thorns Of Crimson Death, In The Cold Winds Of Nowhere, The Somberlain... alles...
- Redakteur:
- Henri Kramer