DISSIMULATION - Maras
Mehr über Dissimulation
- Genre:
- Black Metal
- Label:
- Ledo Takas
- Release:
- 31.10.2002
- Sauksmas Lapkricio Miglose
- Blogio Triumfas
- Maras
- Mintys I Nakties Tyla
- Miglose
- Demoniska Audru Naktis
- Genocidas
- Pazadintas Ritualu
- Viesulai Kraujuojanciame Danguje
- Tamsiu Nakti, Juodu Ugni
- Tormentor
Kreuz und Donner! Die litauischen DISSIMULATION legen hier ein ganz finsteres Machwerk vor. Bereits seit 1993 treiben sie ihr grimmiges Unwesen im osteuropäischen Metal-Untergrund. Genauer gesprochen fanden sie sich in dem winzigen Örtchen Anyk-ciai zusammen. Von Anfang an war es ihr erklärtes Ziel, ganz besonders schwarzen und rohen Metal zu spielen, allerdings ohne zu sehr in das bekannte "VENOM-BATHORY-CELTIC FROST-Schema" zu verfallen. Der erste Aufschrei folgte 1996 mit der 7"-EP "Miglose". Damals setzte man noch Keyboards als Atmosphärenverstärker ein.
2002 treten DISSIMULATION endlich mit ihrem ersten Album ans Licht. Diesmal wird auf Tasteninstrumente komplett verzichtet. Es zählt nur noch die rohe Kraft der Gitarren und das kehlige Grunzkeifen von Sänger/Bassist Venomous. Außerdem finden sich in den elf Songs insgesamt mehr Thrash-Metal-Einflüsse. Da darf eine KREATOR-Coverversion nicht fehlen! 'Tormentor' hat's erwischt, inklusive schrägem Solo gegen Songende. Vor dem Drummer ziehe ich meinen Hut, der hat sein spielerisches Können ganz schön weiterentwickelt. Die meiste Zeit geht er ziemlich flink zur Sache. Überhaupt haben DISSIMULATION tempomäßig zugelegt. Obendrein klingt "Maras" noch viel rauer und versprüht das reinste 80er-Feeling. Schon im Titelsong selbst leuchtet an so mancher Stelle ein typisches Heavy-Metal-Riff auf. Im folgenden 'Mintys I Nakties Tyla' geht es gleich so weiter. Stellenweise driftet man auch mal in todesmetallische Gefilde ab, aber insgesamt bleibt es doch bei dreckigem, vernichtendem Black Metal. Paradesong ist dafür das wahrhaft dämonische 'Demoniska Audru Naktis'. Da passt es auch, dass die Liedchen alle recht kurzgehalten sind und nicht die Vier-Minuten-Grenze überschreiten - mit Ausnahme des fünfminütigen 'Tamsiu Nakti, Juodu Ugni', welches überhaupt sehr heraussticht. Hammerdrumming! Hammerriffs! Heavy bis zum Hammerfall! Das ist Black Metal back to the roots, wohlgemerkt den ganz frühen Wurzeln bei BLACK SABBATH, nur auf litauisch. Entsprechend heimatverbunden klingt auch der Hintergrundgesang.
Bloß gut, dass im zehnseitigen CD-Book die Lyrics in englischer Übersetzung abgedruckt sind. Sonst würde dem Konsumenten echt eine Perle der Textkunst entgehen. Zwar bersten die Formulierungen vor okkulten Klischees, lassen aber auch eine persönliche Komponente und 'ne ordentliche Portion Sickness nicht vermissen. Passend zur morbiden Atmosphäre gestaltet sich auch das Layout: Das Cover ziert eine Beerdigungsgesellschaft, die traurig glotzend um den weißen Sarg einer in Rüschen gepackten Mädchenleiche versammelt ist. Beim Weiterblättern in den braun-weißen Seiten findet man noch mehr vergilbte Bilder von aufgebahrten Toten: ein orthodoxer Priester, ein Baby, ein Ehemann, ein Dracula(?) und noch mehr Tote. Das alles ist eingebettet in traditionell baltisches Folkloreoutfit mit Spitzenstickerei hier, Jesuskreuzlein da und daneben hämisch ein schwarzes Fähnchen mit Schädel und gekreuzten Knochen platziert. DISSIMULATION haben auf jeden Fall Sinn für schwarzen Humor.
Ein bisschen zu schwarz, wenn plötzlich in dem Instrumental 'Ghenicidas' ein gesampeltes A.-Hitler-"Sieg Heil" auftaucht. Deswegen wurde den Litauern die Produktion der "Miglose"-EP in einem Berliner Tonstudio untersagt. Allerdings beziehen DISSIMULATION dazu eine klare Position: Die Band hat weder mit faschistischen noch nazistischen Ideologien etwas zu tun und überlässt es jedem selbst, diese Einspielung so zu interpretieren, wie es ihm sein Verstand vorschlägt.
Soundtechnisch durfte bei "Maras" nun der SKYFORGER-Soundingeneur Gints Lundberg im lettischen Phoenixstudio ran. Ihm ist der ausgesprochen fette und trotzdem oldschoolige Klang zu verdanken. Für meine Begriffe wurde hier genau das richtige Mittelmaß zwischen Studiosound und der Musik innewohnender Rohheit gefunden. "Maras" ist durch und durch morbide! Für melancholische Heulerei gibt es dafür keinen Platz darauf, nur manchmal schimmert ein bisschen Sehnsucht einer der Dunkelheit verfallenen Seele durch ... Um mit den letzten Zeilen von 'Winds In A Bleeding Sky' zu schließen: "With praise to the great beast/ Bringing the light of darkness/ For the fulfillment of bloodwritten prophecies approaches/ And flames above the horrizon/ Merge into nocturnal blackness./ Witness the winds in a bleeding sky/ It is the sign." Der Leviathan wartet schon?
Ich muss hier noch mal anfügen, dass mir "Maras" von Durchlauf zu Durchlauf besser gefällt. Es bietet genau das Richtige, wenn man von der norwegischen Verweichlichung im Black Metal die Schnauze voll hat. Der wilde Osten holt das zurück, was 1993 einst in Skandinavien aufflammte. Die Balten kommen!
Anspieltipps: Tamsiu Nakti, Juodu Ugni !!!, Maras, Miglose, Demoniska Audru Naktis, Tormentor (KREATOR-Cover)
- Redakteur:
- Wiebke Rost