DISSIMULATION - Prakeikimas
Mehr über Dissimulation
- Genre:
- Black / Thrash Metal
- Label:
- Ledo Takas
- Release:
- 13.05.2005
- As Jusu Prakeikimas
- Suteikim Jiems Kancia
- Ju Septynetas
- Omega Et Alpha
- Kol Viskas Niekur
- Karo Ugnys / I Dausas
In den letzten Jahren ist im Baltikum eine sehr vitale und vielseitige Metalszene entstanden, die regelmäßig qualitativ hochwertige Werke veröffentlicht, welche in der deutschen Szene zu Unrecht meist völlig untergehen. Ausnahmen wie die Letten SKYFORGER und die Esten MANATARK bestätigen lediglich die Regel. Dabei gibt viele überzeugende baltische Gruppen, wozu auch DISSIMULATION gehören, denen sich diese Kritik widmen soll. Die Band wurde 1993 gegründet, gilt somit als Veteran der litauischen Szene und veröffentlicht nun über das sehr aktive einheimische Label Ledo Takas sein zweites Studioalbum mit dem Titel "Prakeikimas". Das ist natürlich Litauisch, heißt so viel wie "Vergeltung" und liegt musikalisch zwischen nordischem Black Metal und Thrash Metal der alten deutschen Schule. Im Gegensatz zu vielen anderen Bands dieser Stilrichtung, haben die Balten aber keine scheppernde, drucklose Demoproduktion, sondern einen sehr druckvollen Sound, der aber trotzdem nicht modern klingt. Gints Lundbergs hat den Klang der Scheibe im Rigaer Phoenix Studio hervorragend auf den Stil der Band zugeschnitten und befriedigt so auch die Ansprüche von Soundfetischisten, die um Black Thrash in der Regel einen Bogen machen. Überhaupt ist es ein Merkmal vieler baltischer Produktionen, dass sie so manches Resultat aus den Klangtempeln Deutschlands, der USA oder Skandinaviens locker in die Tasche stecken, was die neue DISSIMULATION erneut eindrucksvoll belegt.
Musikalisch orientieren sich die Litauer, wie bereits angedeutet, in erster Linie am Thrash Metal der alten Schule, wobei beim Riffing vor allem DESTRUCTION, aber auch KREATOR ihre Spuren hinterlassen haben dürften. Das Ganze erhält im gesanglichen Bereich und in einigen Blastparts dann noch einen Schuss nordischer Schwärze sowie einen satten Groove in den langsameren Momenten und einige kompositorische und gesangliche Spezialitäten, die DISSIMULATION eine gewisse Eigenständigkeit verleihen. Das gesamte Album ist in der Muttersprache der Musiker abgefasst, was ich definitiv als Vorteil sehe. Oft ist es nämlich der ungewohnte Klang einer Sprache, der einer Band das gewisse Etwas verleiht, und außerdem enthält das Booklet für die "wenigen" unter uns, die nicht fließend Litauisch sprechen, auch englische Übersetzungen.
Das Album beginnt mit einem sehr bombastischen Intro aus der Feder des Komponisten William T. Stromberg, das den Opener 'As Jusu Prakeikimas' sehr dramatisch einleitet. Das Stück selbst fängt mit einem schönen Thrashriff an, bevor ein Blastpart über uns hereinbricht, der seinerseits für den Vers einem groovenden Abschnitt Platz macht und schließlich nach einem bizarren Einschub in einen sehr dynamischen Refrain mündet. Die Liedstrukturen sind im Hause DISSIMULATION also keineswegs so simpel, wie man es von manchen angeschwärzten Thrashern gewohnt ist. Hier gibt's durchaus Breaks und Tempowechsel sowie etliche recht abgedrehte Gesangselemente zu bestaunen, so dass "Prakeikimas" keineswegs vorhersehbar geworden ist. 'Suteikim Jiems Kancia' kommt weitgehend im gehobenen Tempo daher und glänzt durch seine punktgenauen, messerscharfen Riffs und diverse starke Blasts und sonstige Finessen von Schlagzeuger Stabmeldys. Bei 'Ju Septynetas' vereinen die Mannen aus dem Provinzstädtchen Anykcsiai Stilelemente des norwegischen Black Metal mit dem ihnen eigenen, thrashigen Flair, während sie sich bei 'Omega Et Alpha' wieder mehr auf einen traditionell-thrashigen Groove verlegen, der Fans von Schmier & Co. bestens zusagen dürfte. Eine etwas hektischere Seite der Band offenbart das kurze 'Kol Viskas Niekur', bevor die Scheibe mit dem zweiteiligen 'Karo Ugnys / I Dausas' endet, das stimmlich und im Gitarrenbereich die stärksten Black-Metal-Einflüsse aufzeigt, aber durchaus auch noch thrashig angehaucht ist und mit diversen atmosphärischen Zwischenspielen Akzente setzt, bevor es in einem langen Keyboardoutro ausläuft.
So bleibt unterm Strich ein sehr gutes Album aus der Schnittmenge zwischen Black und Thrash Metal, das zwar nicht unbedingt neue Maßstäbe für dieses Genre setzt, aber einer großen Zahl an etablierteren Mitbewerbern doch eine ganze Menge voraus hat. Dies verdankt "Prakeikimas" in erster Linie dem erstklassigen Sound, dem für diese Stilrichtung relativ ausgeprägten Variantenreichtum und dem Gespür der Musiker dafür, düstere Atmosphäre mit messerscharfem Riffing zu verbinden, so dass ich die Scheibe nicht nur "Exotensammlern" und Szenekennern, sondern allgemein jedem Anhänger von qualitativ hochwertigem Black / Thrash empfehlen kann. Der Blick über den geographischen Tellerrand kann sich in diesem Fall durchaus lohnen.
Anspieltipps: As Jusu Prakeikimas, Ju Septynetas, Karo Ugnys
P.S.: Ich bitte um Nachsicht dafür, dass ich in den Songtiteln die Sonderzeichen der litauischen Sprache auf bzw. unter einigen Buchstaben weglassen musste. Dies ist leider nötig, um die Lesbarkeit der Rezension für alle Benutzer zu gewährleisten.
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle